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Bärbel Bas
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Frage von Stefan Z. •

Wie ist Ihre Ankündigung zu Vollsanktionen des Bürgergeldes mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019 zu vereinbaren?

Sehr geehrte Frau Bas,
Sie habe kürzlich angekündigt, dass Menschen, die eine "zumutbare" Arbeit zum zweiten mal ablehnen, das Bürgergeld vollständig gestrichen werden soll. Im Jahr 2019 urteilte das Bundesverfassungsgericht dass Kürzungen des Alg. 2 von mehr als 30 Prozent nicht mit der Menschenwürde und damit nicht mit der Verfassung vereinbar wären.
Sämtliche Medien, die ich dazu finden konnte fassten dieses Urteil damals so auf, dass es künftig keine Sanktionen des Alg2 und seines Nachfolgers des Bürgergeldes geben könne, die 30 Prozent des Regelsatzes übersteigen.
https://www.tagesschau.de/inland/hartz-vier-urteil-105.html
https://taz.de/Gerichtsurteil-zu-Hartz-IV/!5639077/
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-sanktionen-bundesverfassungsgericht-1.4700299
Daher frage ich Sie, wie Sie Ihren Vorschlag mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019 vereinbaren wollen.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Z.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundesministerin für Arbeit und Soziales beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Mitglied der Bundesregierung sowie dank der Zuarbeit der Bundesverwaltung: 

Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode vereinbart, dass bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen werden soll. Eine solche Regelung zum vollständigen Leistungsentzug ist in bestimmten Fallkonstellationen zulässig.

In seinem Urteil vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass der Staat grundsätzlich Leistungsminderungen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten einsetzen darf. Leistungsminderungen, die 30 Prozent des Regelbedarfs übersteigen, seien hierbei jedoch grundsätzlich verfassungswidrig. Das BVerfG hat in seinem Urteil allerdings auch beschrieben, wann der vollständige Wegfall der Leistungen gerechtfertigt wäre (Randziffer 209). Dies sei dann der Fall, wenn Bürgergeld-Beziehende willentlich und ohne wichtigen Grund eine konkret angebotene zumutbare und existenzsichernde Arbeit verweigern. Auch ein kompletter Leistungsentzug ist damit in der genannten Fallkonstellation verfassungsrechtlich zulässig. 

Mit der Regelung zum Entzug des Regelbedarfes bei willentlicher Arbeitsverweigerung hat die Bundesregierung bereits in der vergangenen Legislaturperiode den verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum genutzt (§ 31a Abs. 7 SGB II). Die engen Voraussetzungen des BVerfG werden hierbei beachtet. Wer sich bewusst und grundlos weigert, eine konkret angebotene, zumutbare Arbeit aufzunehmen und vorher (innerhalb des letzten Jahres) bereits gegen eine Pflicht zur Aufnahme einer Arbeit verstoßen oder sein Arbeitsverhältnis grundlos gekündigt hat, dem kann für die Dauer von bis zu zwei Monaten der Regelbedarf entzogen werden. Wie der Auftrag des Koalitionsvertrages umgesetzt werden kann, wird derzeit geprüft.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Kontakt aufzunehmen. Alle Kontaktmöglichkeiten finden Sie hier: https://www.bmas.de/DE/Service/Kontakt/kontakt.html.

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

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