Warum holen Sie die Fachkräfte 50+ nicht aus der Arbeitslosigkeit? Warum wird sich nicht ausreichend für diese Fachkräfte auf Bundesebene eingesetzt? Wenn Sie die Protest AfD-Wähler umstimmen wollen.
Sehr geehrte Frau Bas,
ich wende mich mit einer dringlichen Anfrage an Sie bezüglich der Maßnahmen zur Integration von Fachkräften 50+, mit oder ohne Schwerbehinderung in den Arbeitsmarkt. Warum holen Sie die Fachkräfte 50+ nicht aus der Arbeitslosigkeit? Diese erfahrenen Personen könnten von großem Nutzen sein. Welche spezifischen Maßnahmen werden derzeit ergriffen, um diese wertvollen Fachkräfte wieder zu integrieren?
Zudem scheint es, dass die Bemühungen auf Bundesebene nicht ausreichend sind. Welche Initiativen und Programme sind geplant oder bereits in Umsetzung, um dies zu ändern?
In Anbetracht der politischen Landschaft und der wachsenden Unterstützung für die AfD, welche Strategien verfolgen Sie und Ihre Partei, um Protestwähler*innen zurückzugewinnen? Wie planen Sie, deren Anliegen ernst zu nehmen und überzeugende Alternativen zu bieten?
Über eine baldige Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Iris D.

Sehr geehrte Frau D.,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundesministerin für Arbeit und Soziales (BMAS) beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Mitglied der Bundesregierung sowie dank der Zuarbeit der Bundesverwaltung:
Das Thema Menschen 50+ am Arbeitsmarkt ist für das BMAS von zentraler Bedeutung. Die Erwerbstätigkeit ist für viele Menschen mehr als Broterwerb. Sie bietet soziale Kontakte, sie bietet Anerkennung und sie trägt zu einem erfüllenden Leben bei. Gleichzeitig steht Deutschland vor der Herausforderung des Fachkräftemangels aufgrund der Demografie, der Digitalisierung und der Dekarbonisierung. Deshalb ist es wichtig, dass ältere Menschen die Chance haben, lange erwerbstätig zu sein.
Deutschland steht bei der Erwerbstätigkeit älterer Menschen tatsächlich gut da. Wir haben es geschafft, die Erwerbstätigkeit der Menschen in den vergangenen zehn Jahren insgesamt zu erhöhen und gerade in den oberen Altersgruppen haben wir besonders viel erreicht. Bei den 55- bis 59-Jährigen ist die Erwerbstätigkeit deutlich von 64,6% (2014) auf 83,3% (2024) gestiegen. In dieser Altersgruppe sind mittlerweile fast so viele Menschen erwerbstätig wie bei den 25-bis 54-Jährigen (85,3%). Und auch bei den 60- bis 64-Jährigen konnten wir die Erwerbstätigkeit deutlich erhöhen. Mittlerweile arbeiten zwei von drei Menschen in dieser Altersklasse (67 % in 2024). Auch im internationalen Vergleich stehen wir damit gut da. Deutschland liegt bei den 55- bis- 64-Jährigen im EU-Vergleich in der Spitzengruppe. Diesen Trend gilt es weiter zu befördern und die Menschen nach ihren Bedarfen zu unterstützen. Daran arbeiten wir nach Kräften.
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, zusätzliche finanzielle Anreize für freiwilliges längeres Arbeiten zu setzen. Dabei wollen wir mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente ermöglichen. Arbeiten im Alter machen wir mit einer Aktivrente attraktiv. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bekommen. Wir wollen auch die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze und befristetes Weiterarbeiten erleichtern.
Die Bundesregierung hat mit ihrer Fachkräftestrategie ein Maßnahmenpaket vorgelegt, um die Potenziale älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstärkt zu nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützt das BMAS mit der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) kleine und mittlere Unternehmen dabei, Arbeitsbedingungen für ältere Beschäftigte gesund und motivierend zu gestalten. Und Potenziale weiter auszuschöpfen. Hier sehen wir besonders die Arbeitgeber in der Pflicht.
Ein zentraler Hebel ist die Unternehmenskultur. INQA wirbt dafür, dass ältere Beschäftigte als wertvolle Fachkräfte wahrgenommen werden – von den Unternehmen, aber auch von den älteren Fachkräften selbst. Dabei geht es besonders darum, Altersstereotype zu vermeiden, gegen Diskriminierung zu wirken und alternsgerechtes Arbeiten sowie Weiterbildung zu fördern. Alle Infos dazu finden Sie unter www.inqa.de und dort insbesondere im Bereich Diversity.
Die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten ist in einer Marktwirtschaft in erster Linie die Aufgabe der Unternehmen. Angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels ist es im Interesse der Unternehmen, die Expertise und Erfahrung gerade auch lebensälterer, erfahrener und gut ausgebildeter Menschen zu nutzen.
Das BMAS sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA) sind engagiert, die Arbeitsmarktintegration älterer Arbeitsloser weiter zu befördern. Wir empfehlen, dass ältere Arbeitsuchende aktiv die Vermittlungs- und Beratungsleistungen der für sie zuständigen Agentur für Arbeit oder des Jobcenters nutzen. Den Vermittlungsfachkräften vor Ort stehen zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung, die auch die berufliche Wiedereingliederung älterer Arbeitsuchender unterstützen können, wie beispielsweise der Eingliederungszuschuss.
Grundsätzlich steht in den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern immer die bestmögliche arbeitsmarktpolitische Unterstützung für den Einzelnen im Mittelpunkt. Dabei haben die Agenturen für Arbeit und Jobcenter sicherzustellen, dass Personen, deren berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten. Beispielsweise können Arbeitssuchende in den Agenturen für Arbeit gezielt durch die Möglichkeit der internen-ganzheitlichen Integrationsberatung der BA unterstützt werden. Sie richtet sich an Arbeitslose, die eine intensive und individuelle Unterstützung bei der Jobsuche benötigen. Ergänzend berät der Arbeitgeber-Service Arbeitgeber zu den vorhanden Bewerberpotenzialen am Arbeitsmarkt, beispielswiese zu Personen über 50 Jahren.
Auch die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben ist für das BMAS ein wichtiges Element der Arbeitsmarkt- und Inklusionspolitik. Hierfür steht den Rehabilitationsträgern sowie den Integrationsämtern der Länder ein breites Spektrum an spezifischen Förder-, Rehabilitations- und Teilhabeleistungen zur Verfügung, das fortlaufend weiterentwickelt wird. Um Menschen mit Behinderungen bei ihrer Teilhabe am Arbeitsleben besonders zu unterstützen, hat die BA spezialisierte Teams in allen Agenturen für Arbeit eingerichtet. Im Arbeitgeber-Service helfen zudem Reha- und Schwerbehinderten-Spezialistinnen und Spezialisten mit ihrer Expertise dabei, Arbeitgeber für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu gewinnen. Für die barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung können u.a. auch die Unterstützungsangebote des Technischen Beratungsdienstes genutzt werden.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem BMAS Kontakt aufzunehmen. Alle Kontaktmöglichkeiten finden Sie hier: https://www.bmas.de/DE/Service/Kontakt/kontakt.html.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas