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Armand Zorn
SPD
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Frage von Anita H. •

Bitte nehmen Sie Stellung zum Koalitionspapier, im speziellen der Massenüberwachung.

Sehr geehrter Herr Zorn,

als Mitglied der neuen Koalition hat Ihre Partei ein neues Massenüberwachungsvorhaben verhandelt, dass absolut unverhältnismäßig ist. Ich bitte Sie daher zu den genannten Punkten unten Stellung zu beziehen, damit Ihre Bürger wissen, was Sie von Ihnen bezüglich dieses Themas erwarten können. Bitte nehmen Sie dabei Rücksicht, dass aufgrund des Zeichenlimits für Fragen nur die Überschriften und nicht die erläuterten Folgen gelistet sind. Diese können Sie gern beim CCC im Detail nachlesen.

- Vorratsdatenspeicherung

- Ausweitung „Quellen-TKÜ“

- Massenbiometrie

- Palantir-gestützte Rasterfahnung (US Software)

- Register für psychisch Kranke

- Kultur des Datenteilens und der Datenökonomie (geheimdienstlich und unternehmerisch)

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Antwort von
SPD

 Sehr geehrte Frau H.

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der geplanten Maßnahmen im Bereich der inneren Sicherheit. Ich verstehe die Bedenken, die solch weitreichende Maßnahmen auslösen können, und möchte darauf eingehen, um die Position der SPD und meine eigene Sichtweise dazu zu erläutern. 

Unser Koalitionspartner hat gerade im Bereich der inneren Sicherheit in vielen Punkten eine sehr unterschiedliche Position zu uns. Wir müssen hier immer wieder Kompromisse finden. Als SPD setzen wir uns stehts dafür ein, dass diese im Sinne des Schutzes der Rechte des Individuums ausfallen. 

Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung war eine Forderung der Union. Uns als SPD war an der Stelle wichtig, dass die europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätze und Standards gewahrt werden. Ziel ist es, die Aufklärung schwerer Straftaten zu erleichtern, ohne die Privatsphäre der Bürger unverhältnismäßig zu gefährden.   

Ähnlich verhält es sich ebenfalls bei der Wiederausweitung der Quellen-TKÜ auf die Bundespolizei. Alle anderen Sicherheitsbehörden haben bereits Zugriff. Vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 20.04.2016 wird es bei der genauen Ausgestaltung des Gesetzes sehr genau um die Verhältnismäßigkeit gehen. Dabei gilt der Grundsatz: umso tiefgreifender der Einschnitt ins Privatleben ist, umso konkreter müssen Rechtsgüter gefährdet sein.   

Wir reden hier vor allem über den Bereich der organisierten Kriminalität. In den meisten Anwendungsfällen geht es um großangelegten Drogenhandel. Die Anwendung einer Quellen-TKÜ bei einem einfachen Straßendealer oder Kleinkriminellen dürfte kaum zu rechtfertigen sein. Vor diesem Hintergrund finde ich die grundsätzliche Forderung nicht unverhältnismäßig. Die endgültige Ausgestaltung wird sich erst im Gesetzgebungsprozess zeigen.     

Bei der automatisierten Nutzung von biometrischen Daten, unterstützt durch Künstliche Intelligenz, ist es mir wichtig, dass wir kurz differenzieren. Letztes Jahr wurde die KI-Verordnung der EU beschlossen. Demnach sind KI-Systeme in verschiedene Kategorien einzuteilen. Umso höher das Risiko eines KI-Systems ist, desto stärker sind auch die Anforderungen für dieses.   

Vor diesem Hintergrund müssen wir auch die Nutzung von KI-Systemen zum biometrischen Abgleich mit freiverfügbaren Internetinformationen diskutieren. Uns als SPD ist dabei ebenfalls wichtig, ungerechtfertigte Grundrechtseingriffe im Vorhinein zu verhindern. Es wird sich somit erst im Laufe des Gesetzgebungsprozesses zeigen, ob eine rechtmäßige und effektive Lösung umsetzbar ist. Bereits ausgeschlossen ist beispielsweise Gesichtserkennung in Echtzeit, da spricht bereits die KI-VO gegen.  

Durch die Aufnahme des Merkmals „digitale Souveränität“ haben wir Palantir explizit ausgeschlossen. Der SPD war wichtig, dass Palantir durch deutsche Bundesbehörden nicht verwendet wird. Einige Länder wie Bayern dagegen nutzen diese Software von Peter Thiel.  

Es wird kein Register für psychisch Kranke geben. Es geht um ein behördenübergreifendes Risikomanagement. Datenschutzrechtliche Bedenken und die Grundrechte der betroffenen Personen werden dabei besonders berücksichtigt. Genauere Details sind für die grundsätzliche Einfuhr noch zu klären.  

Unter Sicherheitsaspekten ist es wichtig und eigentlich unumgänglich, dass Sicherheitsbehörden ihre Kenntnisse miteinander teilen und austauschen. In der Vergangenheit hat man gesehen, dass manch Anschlag möglicherweise hätte verhindert werden können, wenn die Behörden aus Bund und Ländern die jeweiligen Erkenntnisse zu bestimmten Personen abgeglichen hätten. 

Ich habe dabei ein starkes Vertrauen in die Arbeit unserer Gerichte und in den Rechtsstaat an sich. In der Vergangenheit haben wir immer wieder gesehen, dass verfassungswidrige Regelungen gekippt worden sind. Dadurch können wir nun verlässlicher Entscheidungen treffen, was gerade im digitalen Bereich und bei der Anwendung von KI-Systemen sehr wichtig ist. 

Ich hoffe, diese Ausführungen helfen dabei, die Haltung der SPD und meine persönliche Sichtweise deutlicher zu machen. Ihre Bedenken sind verstanden und wir nehmen sie sehr ernst. 

Mit freundlichen Grüßen 

Armand Zorn 

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