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Anton Hofreiter
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Frage von Bärbel W. •

Frage an Anton Hofreiter von Bärbel W. bezüglich Verkehr

Grüß Gott Dr. Hofreiter,
ich kontaktiere Sie für mein Anliegen, da sie als "Grüner" bestimmt ein Herz für die Umwelt und ein offenes Ohr für Lösungen des Verkehrproblems haben.

Bei uns im Chiemgau ist es fast zwingend ein Auto zu besitzen, da Bus und Bahn gerade am Wochenende nicht fahren. Alles bisherigen Lösungsansätze berücksichtigen "Fußgänger + Bahn" und "Auto+Strassen"

Aber wie wäre es, Auto + Bahn zu verbinden.
Bei "Auto" denke ich an kleine Fahrzeuge wie Smarts, Solarautos wie sie bei uns in Trostberg beim Stalleicher stehen aber auch für Zweiräder wäre das Konzept ideal.

Ich erkläre das Auto-Bahn-Konzept kurz:
Lang- und Kurzstrecken können mit der Bahn im Auto gefahren werden.
Die Züge haben nicht nur Personenabteile, sondern auch leere Wagons, in die man über eine Rampe hineinfahren kann. Mich hat bei den Smarts fasziniert, dass sie auch frontal in eine Parklücke hineinfahren können. Das ist die Chance für eine problemlose Mitnahme. Aber auch mit Fahrrädern u.ä. können diese "Garagen" benutzt werden, was momentan in Bussen unmöglich und in der Bahn schwierig ist.

Wie beim Parkhaus wird eine Sperre nach Bezahlung geöffnet. So spart man Personal und jedes Fahrzeug kann an jeder beliebigen Haltestelle wieder herausfahren.

Vorteil ist,
-dass jede Bahnstrecken wieder voll genutzt werden kann.
-Reisen mit Kleinfahrzeugen und Zweirädern wird attraktiv, da man problemlos längere Strecken mit der Bahn reisen kann.
-neue Autos können effektiv für kurze Strecken ausgelegt werden, da Autobahnen nicht zwingend notwendig sind um reisen zu können.
-weniger Autos auf den Straßen
-weniger Staus

Vielleicht können diese Autohaltestellen auch wie die Park&Ride Plätze etwas außerhalb liegen und damit kombiniert werden. So bliebe auch weiterhin das Fußgänger-Bus System attraktiv oder sogar noch attraktiver.

Die Idee als Kurzfilm:
http://www.youtube.com/watch?v=3MryGTfIRjE

Ich bin gespnnt auf Ihre Antwort
Es grüßt Sie herzich

Bärel Weidmann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Weidmann,

Ihre Idee passt voll in den Trend, Verkehrsmittel nicht getrennt zu betrachten, sondern Reiseketten von Tür zu Tür. Die Vorteile haben Sie genannt, und der Videoclip illustriert Ihre Idee sehr nett. Doch Ihr Vorschlag hat auch Nachteile, die bedacht werden müssen.

- Die Investitionen für den Umbau der Bahnsteige, die Zufahrten von der Straße zur Schiene und für das Wagenmaterial wären immens. Auch die AutofahrerInnen müssten sich neue Fahrzeuge beschaffen.
- Bis das System an jeder beliebigen Haltestelle verfügbar wäre (was sehr lange dauern würde), könnte man nur wenige, bereits umgerüstete Bahnhöfe ansteuern.
- Viele Bahnhöfe, die zentral in Städten gelegen sind, könnten gar nicht umgerüstet werden. (Denken Sie z. B. an den Hauptbahnhof in München; man kann aber die Züge auch nicht z. B. am Münchner Ostbahnhof enden lassen oder im Normalbetrieb ständig Wagen an peripheren Bahnhöfen an- und abkoppeln.)
- Viele Hauptstrecken der Bahn sind schon heute überlastet.
- Es verschlechtert die Energiebilanz und ist letztlich nicht sehr ökologisch, im Regelfall das eigene Auto auf eine Bahnfahrt mitzunehmen, wobei leichte Fahrzeuge natürlich weniger "ins Gewicht fallen" und wir uns sehr für die Fahrradmitnahme in der Bahn einsetzen.

Ihre Idee lässt sich viel einfacher realisieren, nämlich wenn das Fahrzeug für die "letzte Meile" gar nicht mit der Bahn transportiert werden muss, sondern am Start- und/oder am Zielbahnhof leihweise zur Verfügung steht. Wie die Bahn zum flexiblen Mobilitätsdienstleister von Tür zu Tür werden kann, dazu gibt es bereits Ansätze, und solche Projekte haben sicher eine große Zukunft.

Mit freundlichen Grüßen

i. A. Dr. Volker Leib
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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