Was wird konkret gegen das Aushungern der Zivilbevölkerung in Gaza gemacht? Wann werden die tödlichen Waffenlieferungen nach Israel endlich gestoppt?
Seit dem schrecklichen Angriff am 7.10.2023 begann ein schrecklicher Krieg in Gaza unter welchem vor allem die Zivilbevölkerung leidet. Das Aushungern folgt systematischen Angriffe gegen die Zivilbevölkerung und zahllosen Kriegsverbrechen. Das humanitäre Völkerrecht wird von Israel seit Beginn des Krieges missachtet. Flugzeugabwürfe welche die deutsche Budnesregierung aktuell unterstützten reichen leider nicht aus und sind sehr gefährlich wie NGOs immer wieder betonen. An den Grenzen stehen LKWs mit lebensnotwendiger Verpflegung und sie kommen nicht ins Land. Das muss sich verändern.

Sehr geehrte Frau D.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement in dieser schwierigen, aber wichtigen Frage.
Am 07. Oktober 2023 hat die Hamas Israel mit mehreren Tausend Raketen angegriffen. Insgesamt wurden an diesem Tag ca. 1.200 Menschen getötet sowie 200 Geiseln verschleppt, von denen noch immer nicht alle wieder frei sind bzw. die Geiselhaft nicht überlebt haben. Israel hat nach dem Völkerrecht das Recht, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Jedoch war dabei von Beginn an klar, dass Israel bei seinem Vorgehen zu jeder Zeit die Verhältnismäßigkeit wahren muss.
Aktuell erleben wir eine katastrophale Lage in Gaza. Es häufen sich die Berichte, nach denen Palästinenser:innen in der Nähe von Verteilzentren der „Gaza Humanitarian Foundation“ getötet wurden. Gleichzeitig kennen wir alle die schrecklichen Bilder der eskalierenden Hungersnot, von massiv zerstörter Infrastruktur sowie der Angriffe auf Hilfesuchende, die uns seit Monaten erreichen. Menschen, die nach Essen suchen, dürfen niemals Ziel von militärischen Aktionen sein.
Als SPD sehen wir den „point of no return“ erreicht, diesen Krieg zu beenden. Daher unterstützen wir als SPD-Bundestagsfraktion die Erklärung von 28 Staaten, die ein sofortiges Ende der militärischen Operationen und die unbedingte humanitäre Hilfe fordert. Aus unserer Sicht muss auch die Bundesrepublik Teil der Unterzeichnerstaaten werden, um ein klares Zeichen zu setzen.
Dabei ist uns bewusst und wir teilen in jedem Fall die Überzeugung, dass die Bundesrepublik eine besondere Verantwortung gegenüber Israel, insbesondere mit Blick auf die Wahrung des Existenzrechtes, trägt. Dies teilen wir weiterhin ausdrücklich. Allerdings bedeutet Verantwortung auch, den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung und die Einhaltung des Völkerrechtes einzufordern. Gleichzeitig bekräftigen wir unsere Forderung nach der Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln, die sich immer noch in der Gefangenschaft dieser Terrororganisation befinden.
Daneben fordern wir als SPD-Bundestagsfraktion von der Bundesregierung nachdrücklich, sich am arabischen Wiederaufbauplan für Gaza zu beteiligen. Ich unterstütze die Entscheidung der Bundesregierung, Exporte von im Gazastreifen einsetzbaren Waffen zu stoppen. Dabei muss sichergestellt werden, dass sich Israel auch zukünftig vor völkerrechtswidrigen Angriffen verteidigen kann. Dennoch sind wir als SPD-Fraktion weiterhin der Ansicht, dass etwaige Kooperationen, wie beispielsweise das Assoziierungsabkommen, überprüft und vorerst auf Eis gelegt werden müssen.
Wir rufen die israelische Regierung weiter dazu auf, den uneingeschränkten, dezentralen Zugang zu Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung für die Zivilbevölkerung unverzüglich sicherzustellen – ohne politische oder militärische Bedingungen. Ein Unterlassen verletzt grundlegende humanitäre Prinzipien. UN-Organisationen, anerkannte Hilfsorganisationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) müssen freien Zugang erhalten und ihre Arbeit sicher ausüben können. Wir begrüßen die eingeleiteten Reformen beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), dessen Rolle für die Versorgung der Menschen in Gaza derzeit unersetzlich ist.
Ich unterstütze dabei die Hilfslieferungen aus der Luft, die die Bundesregierung gemeinsam mit Jordanien organisiert. Gleichzeitig werden von Seiten der israelischen Regierung wieder vermehrt Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelassen. Allerdings passiert dies nicht in einem ausreichenden Ausmaß. Daher fordere ich von der Bundesregierung, hier verstärkt Druck auf die israelische Regierung auszuüben, sodass die Versorgung der Menschen vor Ort sichergestellt werden kann.
Der Krieg im Nahen Osten hat unfassbares Leid verursacht, insbesondere für die Opfer und Geiseln der Hamas und die Menschen im Gazastreifen. Eine langfristige Lösung dieses Konfliktes kann nicht mit militärischer Stärke allein erreicht werden. Vielmehr braucht es hierfür politische Einigungen. Israel kann nur in Sicherheit leben, wenn auch die Palästinenser:innen in Sicherheit leben. Dazu braucht es einen funktionsfähigen palästinensischen Staat.
Unser Ziel bleibt die friedliche Koexistenz zweier souveräner und lebensfähiger Staaten im Rahmen einer Verhandlungslösung. Dazu gehört auch ein Stopp des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus durch Israel in den palästinensischen Gebieten. Pläne zur Annektierung von Gebieten im Westjordanland und Gaza-Streifen sowie zur Vertreibung der Palästinenser:innen lehnen wir ab. Gleichzeitig müssen aber auch die sich in der Hand der Hamas befindlichen Geiseln endlich freigelassen bzw. ihre Leichen zurückgegeben werden.
Als Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung ist das Existenzrecht Israels unverhandelbar und dessen Anerkennung Bedingung für die Schaffung eines palästinensischen Staates. Dabei muss die Anerkennung eines Staates Palästina aus unserer Sicht nicht zwangsläufig am Ende eines solchen Friedensprozesses stehen, sondern kann unter bestimmten Voraussetzungen auch vorher erfolgen. Dabei darf die Hamas als islamistische Terrororganisation und Sicherheitsrisiko für den Staat Israel keine Rolle spielen.
Denn bei allen diplomatischen Bemühungen wird deutlich, dass der Hamas der humanitäre Schutz der Bevölkerung im Gazastreifen nichts bedeutet. In diesem Zusammenhang möchte ich trotz der sehr komplexen Gemengelage betonen, dass es der Hamas grundsätzlich um die Vernichtung des israelischen Staates und seiner Bevölkerung geht. Dabei nutzen sie die Geiseln als menschliche Schutzschilder, um die eigenen terroristischen Handlungen fortsetzen zu können. Zudem gibt es diverse Berichte, dass Hilfslieferungen durch die Hamas bewusst konfisziert werden, wodurch diese der Zivilbevölkerung verwehrt bleiben. Für mich ist klar, dass sich diesem Terror entschlossen entgegengestellt werden muss. In diesem Zusammenhang möchte ich zudem betonen, dass die Hamas in gleichem Maße in der Verantwortung steht, einen wirksamen Waffenstillstand und somit Schutz der Zivilbevölkerung, sowohl im Gazastreifen als auch in Israel sicherzustellen.
Abschließend möchte ich mich nochmal für Ihre Nachricht bedanken. Mir liegt der Austausch mit den Menschen aus meinem Wahlkreis sehr am Herzen und ich betrachte diesen als Bereicherung für meine parlamentarische Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Annika Klose