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Anette Kramme
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Frage von Peter S. •

Frage an Anette Kramme von Peter S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kramme,

mit großem Interesse verfolge ich seit Jahren unsere Bayreuther Politiker in Bonn und Berlin. Ich habe in der Vergangenheit mehrfach das Vergnügen gehabt auch von Ihnen organisierte Veranstaltungen zu besuchen. Dabei sind mir einige Punkte im Gedächtnis geblieben, die heute doch einige Fragen aufwerfen.

1. Kündigungsschutzgesetz

Das Kündigungsschutzgesetz war das erste Gesetz, dass die Bundesregierung 1998 nach dem Wahlsieg geändert hat. Sie selbst haben das als einen großen Erfolg für die Arbeitnehmer in Deutschland verkauft. Nun hat aber die Bundesregierung das Kündigungsschutzgesetz erneut geändert und den Stand der Kohl-Regierung wieder hergestellt. (Juristen haben mir mitgeteilt, dass es sogar so sei, dass in Literatur und Rechtsprechung ständig auf die Rechtslage von vor 1998 verwiesen würde). Die Bundesregierung hat gejubelt und das als DAS Heilmittel gegen die steigenden Arbeitslosenzahlen gepriesen.

Meine Frage daher,

war das von der SPD-Regierung erlassen Kündigungsschutzgesetz ein Flop und war es schuld an den steigenden Arbeitslosenzahlen ab 1998.? Welche Personelle Konsequenzen wurden gezogen und wie stehen Sie selbst zu diesem Scheitern?

oder aber,

wenn das bisher gültige Kündigungsschutzgesetz nicht arbeitsmarktpolitisch falsch war, warum wurde es dann geändert? Wie kann man Arbeitnehmerrechte so mit Füßen treten?

2. Rentenpolitik

Sie selbst haben die Riesterrente als den entscheidenden Baustein zur Zukunftssicherung der Rentenversicherung beschrieben. Man darf schließlich nicht vergessen, dass mit Einführung der Riesterrente auch das Rentenniveau abgesenkt wurde. Sie haben selbst damals ausgeführt, dass die Alterseinkünfte damit langfristig abgesichert würden.

Wie erklären Sie sich die katastrophale Lage der Rentenversicherungsträger heute gerade einmal vier Jahre nach Einführung der Riesterrente? Die Kassen sind leer, die Schwankungsreserve ist aufgebraucht und die gesetzliche Rente erschei

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sander,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei kandidatenwatch.de.

Das Kündigungsschutzgesetz wurde in der Tat als eines der ersten Gesetze von der rot-grünen Bundesregierung 1998 reformiert und deutlich zu Gunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert. Ich stehe auch heute noch zu dieser Entscheidung. Fünf Jahre später haben wir insbesondere auf Druck der Arbeitgeberverbände, der Opposition und schließlich der Öffentlichkeit das Kündigungsschutzgesetz erneut geändert. Der Gesetzentwurf des BMWA konnte jedoch abgemildert werden. Als zuständige Berichterstatterin konnte ich einige Verschärfungen vermeiden, jedoch leider nicht die gesamte Gesetzesänderung aufhalten.

Ich habe meine Meinung damals klar kundgetan (u.a. Plenarprotokoll 15/64), denn ich habe durchaus Zweifel, ob durch den Abbau von Schutzgesetzen tatsächlich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Zweifel, die auch durch diverse Studien gestützt werden: Es liegt u.a. eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft aus dem Jahr 1997 (Friedrich, Hägele, Ökonomische Konsequenzen im Arbeits- und Sozialrecht sowie die Auswirkungen dieser Regelungen) vor: „Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die erhofften Beschäftigungswirkungen noch nicht eingetreten sind, sondern sogar Beschäftigung abgebaut wurde. ..... Allerdings warnen die Befragungsergebnisse vor übertriebenen Hoffnung bezüglich der Beschäftigungswirksamkeit.“ Der OECD-Beschäftigungsausblick aus dem Jahr 1999 resümiert im Hinblick auf seine Untersuchung von 27 Ländern „Was die Effekte des Beschäftigungsschutzes auf die Arbeitsmarktergebnisse betrifft, so stehen die Ergebnisse dieser Analyse in qualitativer Hinsicht vielfach im Einklang mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen. Sie erhärten in der Tat die Schlußfolgerung, dass die Rigidität der Beschäftigungsschutzbedingungen praktisch nur einen geringen bzw. gar keinen Effekt auf das globale Niveau der Arbeitslosigkeit hat.“

Wir haben im Übrigen die gesetzlichen Änderungen befristet und werden eine genaue Evaluierung vornehmen. Sollten sich die Zusagen der Unternehmen für mehr Arbeitsplätze nicht realisieren, müssen die neuen Regelungen rückgängig gemacht. Den Vorwurf, wir würden die Arbeitnehmerrechte mit Füßen treten, kann ich so keinesfalls stehen lassen. CDU/CSU und FDP haben 16 Jahre lang eine Politik gegen die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitenehmer und ihre Gewerkschaften betrieben und haben sich dies auch bei einem möglichen Wahlerfolg wieder ins Programm geschrieben. Durch uns gibt es überhaupt wieder greifbare Arbeitnehmerrechte. Nur einige Beispiele: Wir haben das Betriebsverfassungsgesetz reformiert. Seit 2001 haben die Betriebsräte mehr Rechte und bessere Arbeitsbedingungen. Wir haben die Bildung von Betriebsräten erleichtert und Freistellungsmöglichkeiten ausgeweitet. Wir haben durchgängig die Tarifautonomie und die Flächentarifverträge gegen Angriffe seitens der Opposition verteidigt.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme

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