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Anette Kramme
SPD
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Frage von Ulla S. •

Frage an Anette Kramme von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kramme,

in dieser Woche fand der Demografiegipfel statt.

Während Innenminister Friedrich die vorhandene Potenziale besser ausschöpfen möchte, forderte Frau Merkel mehr Zuwanderung. Auch die FDP forderte das öfters, obwohl erst kürzlich bekannt wurde, dass die Zuwanderung in 2012 sehr hoch war. Was ist Ihre Position dazu?

Dabei zeigt die offizielle Statistik ein verzerrtes Bild über die tatsächliche Lage am Arbeitsmarkt.
Außerdem gibt es sehr viel Unterbeschäftigung, die die Bundeszentrale für Arbeit auch auflistet.
Warum verschweigen das viele Politiker?

Zukunftsforscher sagen vorher das die digitalen Entwicklungen noch viele Arbeitsplätze überflüssig machen werden.

Warum werden die Menschen die in Deutschland sind nicht besser gebildet, ausgebildet und warum werden sie nach der vierten Klasse einfach ausselektiert?
In einigen anderen Ländern ist das anders, da kann man m.W. ein Leben lang Abschlüsse nachholen und wird vom Staat dahingehend gefördert.

Warum bekommt man bei einer Zweitausbildung keine Hartz-IV-Leistungen?
Viele die keinen Job haben, könnten auch mit 35, 40 oder 45 Jahren noch eine Zweitausbildung machen, haben aber nicht die finanziellen Mittel um das zu machen.
Diese Tatsache enttäuscht mich besonders.
Mit einer geeigneten Initiative würde man m.E. ein Umdenken bei den Ausbildungsbetrieben bewirken.

Zum besseren Verständnis sende ich Ihnen folgende Links als Beleg mit:

http://www.gegen-hartz.de/urteile/0344e19b1708bfe01.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Unterbesch%C3%A4ftigung

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html

http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Regionen/Politische-Gebietsstruktur-Nav.html

Ich bedanke mich im vorraus, für eine möglichst konkrete Antwort und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen

Ulla Schwarzer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Kurz und bündig kann ich antworten: Wir werden sowohl Zuwanderung brauchen, müssen aber gleichzeitig auch die Menschen im Land besser fördern. Das Eine schließt das Andere auch nicht aus.

Die Folgen des demographischen Wandels - weniger Geburten, mehr ältere Menschen - sind schon heute spürbar. Während junge Menschen in Südeuropa keinen Job finden, bleiben in Deutschland viele Stellen unbesetzt. Beispielhaft sei der große Mangel an Ärzten in vielen ländlichen Regionen genannt. Das Prognos-Institut geht im Jahr 2030 von einer Fachkräftelücke von 5,2 Millionen Personen aus. Deshalb sollten wir in Deutschland eine Willkommenskultur gegenüber Zuwanderern schaffen. Diese fehlt noch weitgehend in Deutschland. So arbeiten mehrere hunderttausend Menschen bei uns unter ihrer Qualifikation, weil ihre ausländischen Berufsabschlüsse nicht anerkannt werden.

Davon abgesehen haben Sie natürlich recht, dass auch das Fachkräftepotential im Land besser ausgeschöpft werden muss. Viel mehr Menschen könnten arbeiten, wenn die Kinderbetreuung besser wäre, es geeignete Arbeitsplätze für Ältere gäbe oder junge Menschen eine zweite Chance erhielten, auch wenn sie einmal ihre Schul- oder Berufsausbildung abgebrochen haben. Die sogenannte aktive Arbeitsmarktpolitik fördert mit diversen Instrumenten die Menschen bei der (Wieder-)Aufnahme von Arbeit. Das kostet Geld, zahlt sich langfristig aber aus. Genau hier jedoch hat die Bundesregierung in den letzten Jahren massiv den Rotstift angesetzt. Schwarz-Gelb saniert den Haushalt auf dem Rücken der Arbeitssuchenden. Der Gründungszuschuss wurde beispielsweise fast völlig gestrichen, und auch die von Ihnen angesprochenen Bewerbungskosten werden nicht mehr im gleichen Umfang erstattet.

Die SPD fordert deshalb die Rücknahme der ganzen Kürzungen im Arbeitsmarktetat. Außerdem haben wir z.B. einen Antrag Sofortprogramm „2. Chance auf Berufsausbildung für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss - Fachkräfte von Morgen ausbilden“ (Drs. 17/13252) vorbereitet, der am 6. Juni voraussichtlich erstmals im Bundestag beraten wird. Darin schlagen wir eine Reihe von Maßnahmen vor, um unser inländisches Arbeitskräftepotenzial zu heben. Wir fordern u.a. einen Vorrang von Ausbildung vor Vermittlung, leichteren Zugang zu Instrumenten wie Berufsförderung und finanzielle Anreize, z.B. eine Mehraufwandentschädigung von 150 Euro/Monat zusätzlich zum Ausbildungsentgelt, um auch jene zu motivieren, die schon (unausgebildet) arbeiten und sich durch Ausbildung finanziell schlechter stellen. Das geht genau in die Richtung, die auch Sie in Ihrer Mail vorschlagen. Denn Sie haben völlig recht: Es ist klüger, die Arbeitsfähigkeit von Menschen zu fördern als auf Dauer nur Arbeitslosigkeit zu akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme

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