Frage an Andrew Ullmann von Alexandra S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Ullmann,
die derzeitige gesellschaftliche und politische Entwicklung durch die Diskussion über die Einführung einer Masernimpfpflicht beschäftigt mich sehr.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat sich bereits 2016 im Rahmen der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 019/06 mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht beschäftigt.
In dieser Ausarbeitung (S. 5-6) ist festgehalten, dass eine generelle Impfpflicht mit dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht vereinbar ist: „In der Abwägung [beider Positionen] sind außerdem die Schwere der Gefahr sowie die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu berücksichtigen. [...] Im Falle einer Maserninfektion beträgt die Sterblichkeit in Deutschland laut RKI dagegen nur 0,1 Prozent. [...] Ergibt die Abwägung im Ergebnis nur ein geringes Risiko, dürfte eine generelle Impfpflicht ein Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art 2 Abs. 2 GG darstellen, der verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen wäre.“
Wie begründen Sie es, dass drei Jahre nach dieser Ausführung des Wissenschaftlichen Dienstes eine Masernimpfpflicht (und gleichzeitig durch den Kombinationsimpfstoff auch eine für Mumps, Röteln und ggf. sogar Windpocken) eingeführt werden soll? Wie ist das verfassungsrechtlich zu rechtfertigen?
Mit freundlichen Grüßen
Alexandra Schirm
Sehr geehrte Frau S.,
ich bedanke mich für Ihr Schreiben und dem Interesse an der Gesundheitspolitik der Freien Demokraten als Fraktion im Deutschen Bundestag.
Ihre Bedenken gegenüber der Einführung der Masernimpfpflicht sind nachvollziehbar. Jedoch können die von Ihnen angesprochenen Aspekte dieser nicht entgegengehalten werden.
Die im Jahr 2016 veröffentlichte Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes bezieht sich auf die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Diese ist zunächst getrennt von einer Masernimpfpflicht zu betrachten, welche sich auf einen sehr begrenzten Personenkreis beschränkt. Dabei ist es richtig, dass die Schwere der Gefahr sowie die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei entsprechenden gesetzlichen Erwägungen zu berücksichtigen sind. Im Falle von Masern ist festzuhalten, dass sie hoch kontagiös sind und zum Beispiel durch die transitorische Immunschwäche tödlich verlaufen können. Deshalb müssen unsere Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vor einer Infektion geschützt werden. Um diesen Schutz zu gewährleisten, muss auch auf politischer Ebene Verantwortung übernommen werden. Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass die Statistiken des RKI lediglich auf Schätzungen beruhen. Bei der Recherche von Zahlen sollte also immer auch auf weitere Quellen zurückgegriffen werden.
Der Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium, auf den Sie anspielen, ist bisher noch nicht im parlamentarischen Verfahren beraten worden. Am 23. Oktober 2019 zwischen 14:30 und 16:30 wird vor dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages eine Öffentliche Anhörung hierzu stattfinden. Die dortigen Stellungnahmen der Sachverständigen werden maßgeblichen Anteil an der finalen Ausgestaltung und Bewertung haben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Andrew Ullmann