Werden Sie gegen die EU Chatkontrolle stimmen?
Lieber Herr Schwab,
die EU-Kommission möchte mit einer Chatkontrolle unsere Kommunikation im Internet umfassend überwachen. So sollen sämtliche Nachrichten in sozialen Medien, Chats und Webseiten, aber auch bisher Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messengernachrichten kontrolliert werden. Durch die Überwachung all unserer Nachrichten möchte die EU-Kommission Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen finden. Doch statt Kindesmissbrauch zu verhindern, schafft die EU-Kommission damit eine Reihe neuer Probleme für uns alle.
Eine massenhafte Kontrolle der gesamten digitalen Kommunikation ist nichts anderes als eine Massenüberwachung und stellt uns alle unter Generalverdacht. Damit schafft die EU-Kommission de facto eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und damit jede private Kommunikation und ein wichtiges demokratisches Grundrecht einfach ab.
Als besorgter Bürger bitte ich Sie dagegen zu stimmen.
Herzlichen Dank für Ihre Nachricht zur geplanten „Verordnung zur Prävention und Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Internet“ – oft auch als „Chatkontrolle“ bezeichnet.
Der aktuelle Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft nähert sich dem Ursprungstext der Europäischen Kommission an und soll eine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten ermöglichen, damit wir auf EU-Ebene endlich handlungsfähig im Kampf gegen Kindesmissbrauch werden können.
Wichtig ist dabei: Laut Kompromisstext soll die Cybersicherheit umfassend geschützt werden. Erkennungstechnologien dürften nur dann eingesetzt werden, wenn sie zuvor sorgfältig auf ihre Wirksamkeit und mögliche Risiken geprüft wurden. Bei Diensten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wäre eine Anwendung solcher Technologien ausschließlich vor der Übertragung der Inhalte – also auf den Geräten der Nutzerinnen und Nutzer – zulässig, nicht während der Übertragung oder auf Servern. Zudem wäre die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer Voraussetzung.
Das Europäische Parlament hat sich hierzu bereits im November 2023 klar positioniert. Der zuständige LIBE-Ausschuss hat mit breiter Mehrheit betont, dass Verschlüsselung – insbesondere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – zentral für die Sicherheit und Vertraulichkeit digitaler Kommunikation ist. Die Verordnung darf Verschlüsselung weder einschränken noch schwächen. Anbieter sollen ihre Dienste weiterhin mit den höchsten Sicherheitsstandards anbieten können.
Ziel der Verordnung ist es, Kinder besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen und die Verbreitung entsprechender Darstellungen im Internet zu verhindern. Dieses Ziel ist richtig und wichtig. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung solcher Verbrechen nicht die Grundrechte aller Nutzerinnen und Nutzer einschränken. Mehr Prävention - keine „Chatkontrolle“.
Als Mitglied der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament setze ich mich daher für eine Gesetzgebung mit Augenmaß ein – eine, die sowohl den Schutz von Kindern stärkt als auch die Privatsphäre und Cybersicherheit aller wahrt. Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, aber auch kein Ort der Massenüberwachung.
Mit der Position des Europäischen Parlaments wurde ein ausgewogenes Gleichgewicht gefunden: mehr Prävention und Opferschutz, ein starkes EU-Zentrum für den Schutz von Kindern und zugleich der klare Schutz von Verschlüsselung und Privatsphäre.
Ob der neue Vorschlag der Ratspräsidentschaft eine Mehrheit im Rat findet, bleibt abzuwarten. Sollte es zu Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament kommen, wird das Parlament seine Position entschieden verteidigen – für effektiven Kinderschutz und den Erhalt der digitalen Grundrechte in Europa.

