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Frage von Ulrike S. •

Situation in Gaza: Was können Sie als Abgeordnete der Grünen dazu beitragen, dieses Thema auf die Tagesordnung zu bringen?

Sehr geehrte Frau Mayer, die Lage in Gaza ist katastrophal, die aktuelle Blockade von Hilfsgütern durch Israel ist eine Menschenrechtsverletzung und ein Kriegsverbrechen. Was können Sie als Abgeordnete der Grünen dazu beitragen, dieses Thema auf die Tagesordnung zu bringen?
Viele Grüße
Ulrike S.

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Sehr geehrte Frau S., 

vielen Dank für Ihr Schreiben. Uns erreichen viele besorgte Zuschriften zur Lage in Gaza und im Nahen Osten. Die Fraktion hat sich in Bundestagsreden (z.B. Deborah Düring, Luise Amtsberg) oder öffentlich (z.B. Katharina Dröge, Agnieszka Brugger) hierzu in der Vergangenheit wiederholt geäußert und wird es auch weiter tun.

Die Lage im Gazastreifen ist schon seit langem humanitär katastrophal, politisch völlig inakzeptabel und in hohem Maß völkerrechtsverletzend. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir die aktuelle Haltung der Bundesregierung für nicht ausreichend halten, um Konsequenzen aus der Kriegsführung der israelischen Regierung zu ziehen, die inzwischen fast 60.000 größtenteils Zivilist*innen getötet hat, die kollektive Bestrafung und Aushungern als Kriegswaffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung einsetzt sowie die Vertreibung der Gaza-Bevölkerung als politisches Ziel definiert. Die Bundesregierung isoliert sich zunehmend in dieser Frage gemeinsam mit der Trump-Regierung der USA und der teils rechtsextremen Regierung unter Ministerpräsident Netanjahu.

Wir haben daher ebenfalls kritisiert, dass sich die Bundesregierung nicht der Erklärung von 28 Staaten vom 21. Juli 2025 angeschlossen hat, die ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs gefordert und die sofortige Wiederaufnahme von humanitärer Hilfe durch bewährte und prinzipiengerechte Verteilung durch die UN-Organisationen und internationalen humanitären NGOs.

Wir Grünen haben im Bundestag am 27. Juni 2025 eine Kleine Anfrage  „Umsetzung der humanitären Hilfe in Gaza nach dem neuen Verteilungsplan“ in den Bundestag eingebracht, welche die absolut unzureichende, unprofessionelle und prinzipienlose Verteilung humanitärer Güter durch die sogenannte „Gaza Humanitarian Foundation“ (GHF) und die Tötung vieler Zivilisten bei der Verteilung hinterfragt und kritisiert. In ihrer Antwort hat die Bundesregierung am 18. Juli eingeräumt, dass die humanitäre Versorgung des Gazastreifens „dramatische“ und „katastrophale“ Konsequenzen hat und nicht nach humanitären Prinzipien erfolgt. Dennoch bleibt die Bundesregierung weitgehend untätig, was wir mehrfach öffentlich scharf kritisiert haben. Umso mehr ist dies ein moralisches und politisches Fiasko, da die israelische Regierung bisher ebenso wenig die Vereinbarung zwischen ihr und der EU vom 10. Juli einhält, andere Hilfsorganisationen wieder zuzulassen. Nur zu fordern, dass die Vereinbarung jetzt „schnell und sichtbar umgesetzt“ werden müsse (Zitat aus Antwort auf unsere Kleine Anfrage), reicht nicht.

Deshalb fordern wir konkret, die diplomatischen Mittel mit praktischen Schritten zu untermauern. Dazu zählt insbesondere ein Waffenexportstopp an Israel für Rüstungsgüter, die im Gazastreifen und im Westjordanland eingesetzt werden können. Wir fordern darüber hinaus weitere Sanktionen gegen Siedlerorganisationen, Individuen und Firmen, die für Siedlergewalt verantwortlich sind und den Siedlungsbau unterstützen, sowie gegenüber rechtsextremen Ministern des Kabinetts. Dies muss auf EU-Ebene vorangebracht werden.

Wir lehnen ein „Auffanglager“ für Palästinenser*innen im südlichen Gazastreifen ab, da dies klar den bereits auf dem G7-Gipfel in Tokio im November 2023 festgelegten Kriterien für eine Lösung des Gaza-Kriegs widerspricht, denen wir uns fest verpflichtet fühlen. Zu diesen gehört ein Nein zu Vertreibung, ein Nein zur Verkleinerung des Territoriums Gazas, ein Nein zu langfristiger Besatzung Gazas und ein Nein zu jeglicher Lösung über die Köpfe der Palästinenser hinweg. Der Vorschlag des israelischen Verteidigungsministers Katz verstößt gegen all diese Prinzipien. Ebenso wenig sind wir bereit, Deportationen in jeglicher Form zu unterstützen. All diese Maßnahmen wären ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Wir lehnen diese Vorschläge ab und wir fordern die Bundesregierung auf, hier ebenfalls klar Stellung zu beziehen.

Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober war grausam und furchtbar. Noch immer befinden sich 49 Geiseln in Gefangenschaft. Wir fordern seit jeher von der Hamas, dass sie unverzüglich die Waffen niederlegt, die Geiseln freilässt und die Angriffe auf Israel stoppt.

Wir haben uns wiederholt für Waffenstillstandsverhandlungen eingesetzt. Darüber hinaus wird es bei einem dauerhaften Abkommen darum gehen, dass es einen politischen Horizont mit einem Friedensprozess hin zur Errichtung einer funktionierenden, reformierten palästinensischen Verwaltung des Gazastreifens kommt und letztendlich eine Zwei-Staaten-Lösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 verhandelt wird. Dazu zählt ein Ende der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik und Siedlergewalt im Westjordanland. Das ist im Interesse einer langfristigen Sicherheit für die Existenz des israelischen Staates und eines zukünftigen palästinensischen. Ein solcher Prozess muss eine friedliche Neuordnung der Region anzustoßen, auch mit dem Ziel, die territoriale Integrität aller Nachbarstaaten Israels zu wahren.

Wir fordern daher von der Bundesregierung, sich mit unseren internationalen Partnern mit aller Dringlichkeit für einen politischen Prozess zwischen der israelischen und palästinensischen Seite einzusetzen. Darin muss auch die Zivilgesellschaft eingeschlossen werden, besonders diejenigen Initiativen, die sich trotz des Hasses und aller Anfeindungen für Friedensdialog einsetzen. Eine solche Initiative muss nach dieser historischen Eskalation zwischen Israelis und Palästinenser*innen jetzt zwingend erfolgen, bevor sich dieses Fenster wieder schließt und in einem endlosen Kreislauf der Gewalt auch in Zukunft nach dem Krieg vor dem Krieg bedeutet.

Mit freundlichen Grüßen,

Zoe Mayer

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