Sind Sie für eine Impfpflicht?

Sehr geehrter Herr S.

nach intensiver Abwägung kann ich mich der Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht in diesem Fall nicht anschließen. Die Linke steht in der Tradition der Aufklärung und das Beispiel Bremen zeigt ganz praktisch, dass durch intensives Zugehen auf die Bevölkerung eine überdurchschnittlich hohe Impfquote erreichbar ist. Zudem halte ich eine Impfpflicht auch verfassungsrechtlich für bedenklich. Nicht, weil ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit per Gesetz grundsätzlich nicht möglich wäre, gerade wenn es um den Schutz anderer geht wie etwa bei der Masernimpfung. Aber durch den Staat ausgeübter Zwang zu einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Bei der Masernimpfung sprechen wir von einer zweimaligen Immunisierung im Kleinkindesalter, die für den Rest des Lebens nahezu 100%igen Schutz bietet. Bei den gegen COVID-19 in Deutschland verfügbaren Impfstoffen liegt die Wirksamkeit weit niedriger. Zudem können auch Geimpfte, wenn auch zu einem geringeren Grad, das Virus an andere übertragen. Vor allem aber ist nicht klar, wie oft die COVID-19-Impfung erforderlich sein wird. Dass der Impfschutz schon nach einigen Monaten nachlässt, ist längst hinlänglich bekannt.

Des Weiteren könnte eine noch größere Verunsicherung unter der Bevölkerung verursacht werden, die sogar eine kontraproduktive Wirkung entfalten könnte.

Auch die Umsetzung der Impfpflicht wirft Fragen auf: Denn wer verhängte Bußgelder nicht zahlt oder zahlen kann wird in letzter Konsequenz, entgegen anderslautenden Beteuerungen, natürlich im Gefängnis landen, um die Strafe „abzusitzen“. Berufsverbote in körpernahen Dienstleistungen, im Gesundheitswesen etc. sind aus der sogenannten berufsbezogene Impfpflicht ableitbar.

Mit freundlichen Grüßen

Zaklin Nastic