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Wolfgang Stefinger
CSU
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Frage von David O. •

Frage an Wolfgang Stefinger von David O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Dr. Stefinger,

Frau Dr.Knobloch fragte dieses Jahr in der SZ "Wollt ihr uns Juden noch?". Tatsache ist, viele Juden fühlen sich in ihrer Heimat Deutschland, nach faktenarmer Beschneidungsdebatte, Grass, der alleinigen Sonderstellung israelischer Importwaren(Kennzeichnung) und der Verteufelung des Zionismus (durch bestimmte Medien und des Volkes Stimme), nicht mehr willkommen.
Was sagen Sie dazu und wie sehen Sie den Zusammenhang zwischen Antizionismus, Antiisraelismus und Antisemitismus?

Wie stehen Sie zur Kennzeichnung israelischer Produkte?

Was sagen Sie zu israelischen Reaktionen auf Raketenbeschüsse durch Palästinenser, bei denen es zu Toten auf palästinensischer Seite kommt?

Stellen diese Palästinenser Terroristen, oder Freiheitskämpfer dar?

Als Fachmann für Gesundheit: Wie stehen Sie zur religiösen Beschneidung und dem Schächten?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Odeon,

haben Sie besten Dank für Ihre Anfrage, die Sie mir über Abgeordnetenwatch gestellt haben.

Deutschland steht aus historischen Gründen in einem einzigartigen Verhältnis zu Israel. Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahre 1965 haben sich die deutsch-israelischen Beziehungen sowohl auf offizieller Ebene als auch im zivilgesellschaftlichen Bereich kontinuierlich intensiviert und vertieft. Die einzigartigen Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind ein fester Grundpfeiler der deutschen Außenpolitik. Im jüngst unterzeichneten Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD den besonderen Charakter der Beziehungen zu Israel erneut betont und die Bedeutung von Frieden und Sicherheit im Nahen Osten hervorgehoben:

„Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem und demokratischem Staat und dessen Sicherheit. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind für uns nicht verhandelbar. […] Deutschland und Europa haben ein hohes Interesse an Frieden und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten. Unser Ziel ist eine Zweistaaten-Lösung mit einem Staat Israel in anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen sowie einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben.“ (www.csu.de/uploads/csucontent/Koalitionsvertrag_CDU_CSU_SPD_final.pdf, dort S. 171-172).

Die Bundesrepublik fördert als aktiver Partner in der EU die Friedensbemühungen im Nahen Osten und setzt sich in den Vereinten Nationen für einen fairen Umgang mit den dortigen Konfliktparteien ein.

Deutschland wendet sich sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene entschieden und mit Nachdruck gegen jede Form von Antisemitismus, des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit. Hierzu unterstützt die Bundesregierung zahlreiche Programme, etwa im Rahmen des „Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“ oder der Bundesprogramme „Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ (2007-2010) und „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ (seit 2011).

Dass es wieder ein lebendiges jüdisches Leben in unserem Land gibt, freut mich sehr. Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist heute mit ihren ca. 110.000 Mitgliedern die drittgrößte in Europa. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass jüdisches Leben hierzulande weiter wachsen und sich weiter entfalten kann. Diesem Zweck dient auch der im Jahre 2003 geschlossene Vertrag, mit dem die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Bundesrepublik auf eine feste Grundlage gestellt wurden. Der Bund verpflichtet sich demnach, dem Zentralrat für die Erfüllung seiner überregionalen Aufgaben bei der Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes und beim Aufbau der jüdischen Gemeinschaft sowie für seine integrationspolitischen und sozialen Aufgaben jährlich eine Staatsleistung zu zahlen. Daneben fördert der Bund eine Vielzahl von überregional bedeutsamen jüdischen Einrichtungen.

So erfreulich diese Entwicklung ist: Wir müssen auch weiterhin sehr wachsam sein und antisemitischem Gedankengut sowie Übergriffen mit antisemitischem Hintergrund entschieden entgegentreten.

Was Ihre Frage zu israelischen Reaktionen auf von palästinensischem Territorium ausgehenden Raketenangriffen betrifft: Ein Staat hat die Pflicht, seine Bürger gegen Angriffe zu schützen. Grundsätzlich hat jedes Land im Falle eines bewaffneten Angriffs gemäß UN-Charta das Recht auf Selbstverteidigung. Dabei ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten, das insbesondere die Eignung, Erforderlichkeit und das Übermaßverbot im Hinblick auf den Einsatz militärischer Zwangsmaßnahmen zu berücksichtigen hat.

Eine Kennzeichnung von Waren, die nicht verbraucherschutztechnischen Zwecken dient, sondern einen antisemitisch oder antiisraelisch motivierten Boykott von Produkten zum Ziel hat, ist nicht akzeptabel und steht in keiner Weise zur Debatte.

Zur Ihrer Frage zur Beschneidung: Ich unterstütze den Beschluss des Bundestages vom letzten Jahr, demzufolge die weltweit erlaubte Beschneidung von Jungen auch in Deutschland weiterhin zulässig bleibt. Juden und Muslime, für die die rituelle Beschneidung von elementarer religiöser Bedeutung ist, können ihre Religion hierzulande auch künftig offen und legal leben. Der Respekt und die Lebbarkeit religiöser Rituale sind ein hohes Gut. Das Parlament bestätigte damit, was seit jeher in Deutschland gilt, dass nämlich Eltern im Rahmen ihres Sorgerechts in die medizinisch nicht erforderliche Beschneidung ihrer Söhne wirksam einwilligen können. Voraussetzung ist, dass der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Nach diesen Regeln müssen die Eltern über die Risiken und Folgen der Beschneidung umfassend aufgeklärt werden und es muss stets eine möglichst effektive Schmerzbehandlung gewährleistet sein.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Antworten weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Stefinger, MdB

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