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Frage von Silvia K. •

Frage an Wolfgang Drexler von Silvia K. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Drexler,

mit Interesse habe ich Ihre Ausführungen zur Frage des Herrn E. gelesen.
Auch ich habe großes Interesse an einer Plausibilisierung der Vorteile von ´Stuttgart 21´.

Bitte konkretisieren Sie, wann und wo der Regionalverkehr durch das geplante Bauvorhaben ´Stuttgart 21´ massiv gestärkt wird. Ein Antrag (der SPD!) auf Rücknahme der Kürzungen im SPNV wurde mit 56,12% abgelehnt. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären ?

Für die bsp.haft genannte Fahrzeitverkürzung der Strecke RT-S/Flughafen führen Sie eine "momentane Fahrzeit von etwas mehr als einer Stunde" an - damit liegen Sie bei der Auswahl der Fahrtmöglichkeiten am oberen Limit. Die DB bietet auf ihrem Verbindungsportal Fahrtzeiten von 42min an.
Im Übrigen wird diese Strecke nicht von einer Vielzahl von Menschen/Pendlern zum Arbeitsplatz genutzt werden, sondern von Urlaubern, für die eine ca. 1/2-stündige Fahrzeitverkürzung ca. 1x pro Jahr keinen großen Vorteil darstellt. Vielmehr sollte der ÖPNV lukrativer (kostengünstiger, flexibler und erreichbar) gestaltet werden, um die Menschen u.a. zur Erreichnug ihres Arbeitsplatzes aus kilometerlangen Staus zu befreien.

Sie führen an, es würden neue, umsteigfreie Verbindungen m ö g l i c h. Werden diese auch zur Vollendung gebracht und wenn ja, wann und wo ?

Welche -außer dem von Ihnen angeführten Bsp.- weiteren Fahrzeitverkürzungen innerhalb der Region soll es geben ?

Eine transparente, für den Bürger nachvollziehbare, Politik muß die Fakten offenlegen.
Es sollen Milliarden an Steuergeldern in ein Projekt fließen, dessen Nutzen sich anhand Ihrer Ausführungen leider noch nicht nachvollziehen lässt.

Mit Spannung erwarte ich Ihre Antwort und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen

Silvia Kern

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kern,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 16.5.

Der SPD-Antrag zur Rücknahme der Kürzungen des SPNV aus dem Jahr 2007, auf den Sie sich offensichtlich beziehen, wurde von der CDU/FDP-Regierungskoalition im Parlament abgelehnt. Wir hielten und halten die Einsparungen an dieser Stelle für grundfalsch, weil nach Ansicht der SPD der Schienenverkehr beispielsweise auch im ländlichen Raum einer Stärkung bedarf, die durch solche Kürzungen verhindert werden.

Bei der 42-minütigen Verbindung Reutlingen-Stuttgart Flughafen, die Sie in Ihrer Frage erwähnen, handelt es sich nicht um Schienenverkehr, sondern um einen Express-Bus (für Flugreisende). Solche Verbindungen sind allein schon aus Kapazitätsgründen nicht mit Schienenverbindungen vergleichbar. Zudem wird die in Zukunft 19-minütige Zugverbindung dieser Busverbindung auch in Bezug auf die Fahrtzeit weit überlegen sein.

Die Strecke zum Flughafen ist auch eine Pendlerverbindung. Ich bitte zu bedenken, dass beim Flughafen, Messe und vor allem in der übrigen Filderregion (mit etwa 150.000 Einwohnern) über 100.000 Arbeitsplätze angesiedelt sind.
Zudem ist eine gute Verbindung zum Flughafen ebenso wichtig. Messe und Flughafen hatten zusammen im Jahr 2009 über 14 Mio. Besucher/Flugreisende! Das sind pro Tag im Schnitt über 38.000 Menschen, die teilweise auch aus der Region selbst (z.B. Geschäftsreisende) möglichst umweltfreundlich zum Flughafen/zur Messe gelangen sollten.
Insgesamt werden nach Untersuchungen der Universität Stuttgart durch die Neuordnung des Bahnknotens jährlich etwa 350 Millionen PKW-Kilometer von der Straße auf die Schiene verlagert - auch durch die Verbesserungen im Regionalverkehr. Das spart 70.000t CO2-Ausstoß pro Jahr.

Die Regionalversammlung der Region Stuttgart - dem Parlament der Region mit ihren 179 Kommunen - hat mit breiter Mehrheit von ca. 85% der Mitglieder beschlossen, sich als Projektpartner mit am Bahnprojekt zu beteiligen. Diese Zustimmung gab es gerade wegen der erheblichen Verbesserungen, die durch das Bahnprojekt für den Regionalverkehr entstehen.

Mit so genannten "Durchmesserlinien" entstehen umsteigefreie Direktverbindungen in der Region, beispielsweise von Karlsruhe über den neuen Durchgangsbahnhof in Stuttgart Richtung Neckartal oder von Aalen über Stuttgart Hauptbahnhof und den neuen Bahnhof Flughafen/Messe Richtung Tübingen. Die Fahrgäste müssen dann nicht mehr im Stuttgarter Hauptbahnhof umsteigen. Welche Linien auf diese Weise zu „Durchmesserlinien“ werden, wird endgültig bei der Erstellung des Fahrplans 2019 festgelegt. Es ist daher momentan noch nicht möglich, verbindlich spezifische umsteigefreie Verbindung zu benennen.

Weitere (beispielhafte) Fahrzeitverkürzungen:
Flughafen/Messe - Bietigheim 27 Min. statt heute 56 Min.
Flughafen/Messe - Stuttgart Hbf 8 Min. statt heute 27 Min.
Stuttgart Hbf - Tübingen Hbf 38 Min. statt heute 61 Min. bzw. 45 Min. bei
IRE-Verbindungen nur mit Halt in Reutlingen
Waiblingen - Reutlingen 45 Min. statt 61 Min.
Ludwigsburg - Esslingen(Neckar) 20 Min. statt 30 Min.

Wegen anderer Fahrtzeitverkürzungen bitte ich Sie, auf die Veröffentlichungen auf der Website www.das-neue-herz-europas.de zurückzugreifen. Dort finden Sie unter anderem in der Rubrik „Downloads“ einige pdf-Dokumente, die weitere Fahrzeitverkürzungen in der Region darstellen.

Zudem gebe ich Ihnen Recht, dass das Bahnprojekt „Stuttgart-Ulm“ mit dem Teilprojekt „Stuttgart 21“ in den vergangenen zehn Jahren viel zu wenig transparent gemacht worden ist. Es wäre Aufgabe der Verantwortlichen gewesen, mit den Menschen vor Ort über das Projekt viel intensiver ins Gespräch zu kommen. Dies wäre sehr wichtig gewesen, um ‚nachvollziehbar zu machen’, wieso dieses kostenintensive Infrastrukturprojekt so wichtig für die Region Stuttgart und Baden-Württemberg ist. Das ist leider nicht passiert.

Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm verbindet drei wichtige Hauptbereiche: Zum einen wird die europäische (Hochgeschwindigkeits-) Schienen-Magistrale Paris-Budapest ausgebaut und mit der Region hervorragend verbunden - überregionale Ziele werden schneller erreicht. (Weshalb sich auch die EU an der Finanzierung mit beteiligt.)
Zweitens wird die Schieneninfrastruktur in der Region und damit der Regionalverkehr - wie oben angedeutet - erheblich verbessert. Die Kapazitäten des Bahnknotens und des Hauptbahnhofs werden erhöht und zugleich sind viele Fahrtzeitverkürzungen zu erreichen.
Und drittens werden durch Stuttgart 21 im Zentrum der Stadt mehr als 100ha für die Stadtentwicklung frei, mit einer Vergrößerung von Rosensteinpark und Schlossgarten um 20ha und der Möglichkeit, ein neues Stadtquartier entstehen zu lassen. Wie bereits erwähnt führt dies zu einer weitreichenden Eindämmung des hochproblematischen Flächenverbrauchs.

Es ist ein Projekt, das in mehrerlei Hinsicht einen großen Nutzen mit sich bringt und dessen begonnene Umsetzung damit eine wichtige Zukunftsinvestition darstellt.

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Drexler.