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Volkmar Vogel
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Frage von Peter M. •

Frage an Volkmar Vogel von Peter M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Vogel !
Ein Virus läßt sich nicht auf dem Verordnungsweg oder durch Gesetze reduzieren. Dafür ist die Akzeptanz von Maßnahmen in der Bevölkerung wesentlich wichtiger. Ich halte die Bestimmungen des InfSchG für ausreichend. Eine Erweiterung und mögliche zusätzliche Einschränkung von Grundrechten im Falle einer Corona-Infektion werden nicht zu einer Reduzierung des Virus beitragen. Wie werden Sie sich dazu positionieren ?
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Maierhöfer,

ich versichere Ihnen, dass die Mitglieder der Bundesregierung und wir Parlamentarier uns sehr genau Gedanken machen, welche Entscheidungen in der aktuellen Coronalage notwendig sind. Keinesfalls werden leichtfertig Änderungen oder Einschränkungen beschlossen.

Ich möchte deutlich machen, dass die beschlossenen Maßnahmen keine Abschaffung von Grundrechten oder der parlamentarischen Demokratie bedeuten – ganz im Gegenteil! Der kritisierte Gesetzentwurf soll klarstellen, welche Maßnahmen des Infektionsschutzes die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Parlamentsvorbehalts aus Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 des Grundgesetzes erfüllen.

Konkret gibt der Bundestag mit Beispielen etwaiger Schutzmaßnahmen der Regierung Reichweite und Grenzen exekutiven Handelns vor (§ 28 a IfSG (neu)). Das ist kein Freibrief für die Regierung, sondern setzt einen engen Rahmen für jene Handlungen der Regierung, die situationsbedingt getroffen werden müssen, ohne dass der Bundestag rechtzeitig in Entscheidungen einbezogen werden könnte. § 28a definiert Schutzmaßnahmen speziell für die Situation der Corona-Pandemie und bestimmt Abstufungen je nach sog. „Inzidenzwerten“ pro 100.000 Einwohner, nach denen bestimmte Schweregrade von Schutzmaßnahmen in Betracht kommen (unter 35, bis 50, über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen). Wichtig: Es sind Beispiele, die im konkreten Fall möglich sind, es besteht kein Automatismus. Für besonders grundrechtssensible Bereiche wie Versammlungen, Religionsausübung oder Besuche etwa in Seniorenheimen sieht der Paragraph klare zusätzliche Grenzen vor. Sie dürfen nur angewendet werden, wenn eine wirksame Eindämmung der Coronavirus-Infektionen trotz aller anderen Schutzmaßnahmen erheblich gefährdet wäre. In dem neuen § 28a IfSG ist auch festgelegt, dass die Maßnahmen in Seniorenheimen nicht zur vollständigen Isolation der Menschen führen dürfen. Wenn die Verwaltung Schutzmaßnahmen per Rechtsverordnung ermöglicht, müssen solche Rechtsverordnungen begründet und auf maximal vier Wochen befristet werden. Im Übrigen müssen die angeordneten Maßnahmen ihrerseits verhältnismäßig sein; das heißt, es muss geprüft und entschieden werden, ob diese Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sind. Es muss sorgsam abgewogen werden zwischen den Grundrechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger einerseits, zu dessen Schutz der Staat verpflichtet ist, und den Freiheitsrechten – etwa auf Versammlung, auf Freizügigkeit, auf freie Religionsausübung – andererseits, zu deren Wahrung der Staat ebenfalls verpflichtet ist.

Der Bundestag kann die Befugnisse, die er durch ein Gesetz der Bundesregierung und den Landesregierungen eröffnet, jederzeit zurückholen. Das ist selbstverständlich auch beim 3. Bevölkerungsschutzgesetz der Fall. Außerdem kommen die Befugnisse nach § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG) nur zum Tragen, solange der Bundestag eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellt. Der Bundestag hat am 25. März 2020 über das Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschlossen und wird diese Feststellung am 18. November 2020 neuerlich bekräftigen. Genauso beschließt der Bundestag auch das Ende dieser epidemischen Lage, wenn diese nicht mehr besteht. Es besteht keine Pflicht des Bundestags, die epidemische Lage beizubehalten. Der Bundestag bleibt in seiner Entscheidung frei. Wichtig auch: Per Gesetz ist klar, dass Bundestag nicht wegen jedem Schnupfen eine solche Lage feststellen kann, sondern nur bei bedrohlicher Krankheit.

Daneben kann der Bundestag jederzeit die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes wieder ändern und etwa die Befugnisse zum Erlass von Rechtsverordnungen wieder einschränken. Rechtstechnisch wird es als „Ermächtigung“ bezeichnet, wenn ein Gesetzgeber (Bundestag oder Landtag) der ausführenden Gewalt (Bundesregierung, Landesregierung, Verwaltung) – den Erlass einer Rechtsverordnung gestattet. Mit einer Ermächtigung im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Befugnissen hat dies nichts zu tun, weil eine Ermächtigung zur Rechtsverordnung jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Der Bezug zum Ermächtigungsgesetz von 1933 ist deshalb völlig fehl am Platz.

Zudem sind die Befugnisse zum Erlass von Rechtsverordnungen im Infektionsschutz zeitlich befristet. Verordnungen des Bundes treten mit der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag außer Kraft, ansonsten spätestens mit Ablauf des 31. März 2021. Verordnungen der Länder zum Infektionsschutz gelten grundsätzlich vier Wochen. Sie können verlängert werden, falls dies aufgrund des Infektionsgeschehens notwendig ist.

Das Ziel bleibt weiterhin, Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Bewältigung der Auswirkungen auf das Gesundheitssystem zu ergreifen. Der Gesetzentwurf ist notwendig, um in einer Pandemielage schnell reagieren zu können. Die Handlungsoptionen stehen der Regierung auch nur zur Verfügung, wenn der Bundestag eine pandemische Lage von nationaler Tragweite feststellt. Dafür ist natürlich die Akzeptanz der Maßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern notwendig. Deshalb müssen wir immer wieder erklären, was wir warum tun und um Verständnis werben.

Ich weiß, dass die gegenwärtige Situation sehr schwierig ist. Wir tun unser Bestes, damit fertig zu werden und sind in Deutschland bisher auch viel besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder. Dafür ist Zusammenhalt wichtig. Miteinander - füreinander - gegen Corona!

Mit freundlichen Grüßen

Volkmar Vogel