Wie bewerten Sie die Entscheidung von Ministerin Reiche, die unterste Strombedarfsprognose anzusetzen, und was werden die Grünen dagegen tun, um Bürgerenergie und Netzausbau zu sichern?
Sehr geehrter Herr Bajus,
Ministerin Reiche hält die unterste Prognose von ca. 600 TWh Stromverbrauch bis 2030 für realistisch. Offizielle Szenarien reichen aber bis 900 TWh (2030) und 1100 TWh (2035). Ein Netzausbau nach Minimalwerten droht Engpässe, Milliardenkosten durch Redispatch und längere Abhängigkeit von fossilen Kraftwerken zu verursachen.
Bürgerenergieprojekte, die für Akzeptanz und regionale Wertschöpfung entscheidend sind, werden durch diese Politik faktisch geschwächt.
Meine Fragen:
Wie bewerten die Grünen diesen Kurs?
Was werden Sie im Bundestag und ggf. in den Landesregierungen konkret tun, damit realistische Bedarfsannahmen und eine aktive Förderung von Bürgerenergie umgesetzt werden?
Mit freundlichen Grüßen
Guido M.
Sehr geehrter Herr M.,
Vielen Dank für Ihre Frage. Die Entscheidung von Bundeswirtschaftsministerin Reiche, bei der Strombedarfsprognose bis 2030 lediglich die niedrigste Annahme von rund 600 TWh zugrunde zu legen, ist aus Sicht der Grünen ein schwerer Fehler. Diese Herangehensweise verkennt die tatsächliche Entwicklung von Innovationen und Technologien in der Industrie und für private Haushalte. Der begonnene Hochlauf bei Elektromobilität und bei Wärmepumpen bringt höhere Strombedarfe mit sich. Wer das ignoriert gefährdet die Versorgungssicherheit.
Die vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln erstellte wissenschaftliche Bewertung zeigt deutlich, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Kurs ist und weiter beschleunigt werden muss. Statt diese klare Aussage der Expertinnen und Experten aufzugreifen, ignoriert Ministerin Reiche die Empfehlungen ihrer eigenen Gutachter und bremst damit wichtige Zukunftsprojekte aus. Wer Energieknappheit zum politischen Programm erhebt, gefährdet Arbeitsplätze, Klimaziele und den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Wir Grüne setzen uns – im Bundestag wie in den Ländern – dafür ein, dass realistische Bedarfsannahmen Grundlage der Energieplanung werden. In Niedersachsen arbeiten wir weiter erfolgreich daran, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, Speichertechnologien auszubauen und Bürgerenergie als Rückgrat der Energiewende abzusichern.
Klar ist: Deutschland braucht jetzt keine Verunsicherung, sondern Planungssicherheit und Investitionsklarheit. Die Energiewende sichert unseren zukünftigen Wohlstand.
Herzliche Grüße
Volker Bajus

