Sehr geehrer Herr Hellstern, haben Sie die Fragen von Abgeordnetenwatch bzw. FragDenStaat für ein Lobbyregister beantwortet? Was halten Sie von Transparenz in dieser Frage?

Sehr geehrter Herr G.,

bei der Sorge in Sachen Lobbyismus treffen Sie bei mir auf offene Ohren. Die Politiker in Parlamenten und Kommunalgremien sind gewählt um die Interessen der Gesamtbevölkerung möglichst ausgewogen zu wahren. Dafür braucht es Unabhängigkeit von den verschiedensten Interessenvertretungen, die in der Wirtschaft und Gesellschaft berechtigt existieren. Hierfür müssen die Politiker auch entsprechend ausgestattet sein. Unabhängige Entscheidungsfindungen basieren auf möglichst unabhängiger und breit gefächerter Information durch eigene Mitarbeiter.

Verwaltungen und administrative Stellen tendieren dazu Aufgaben und Entscheidungsprozesse an sich dafür anbietende Interessenverbände zu delegieren. Dies entspannt den Arbeitsanfall und nimmt eigene Verantwortung ab. Deshalb muss nicht nur der klassische Lobbyismus über die direkten Beziehungen von Wirtschaftsvertretern zu Politikern im Auge behalten werden, sondern auch die Verflechtungen von Behörden mit solchen Interessenvertretern. Hierbei ist auch der normale Bürger gefordert, indem er bei seinem Wahlverhalten die immer weitere Verflechtung von Legislative und Exekutive nicht begünstigt. 

Ein effizienter Staat ist ein Staat in dem gute Rahmenbedingungen für das Gedeihen der Wirtschaft und der Pläne Einzelner gesetzt sind. Es ist aber nicht ein Staat indem die Politik direktes Produktmarketing für große Wirtschaftsplayer macht oder die Position einzelner Wirtschaftsteilnehmer durch gezielte Subventionen oder maßgeschneiderte Gesetzgebung und Regelsetzung begünstigt und weitgehend in das Leben des Einzelnen eingreift. Das haben wir im Moment leider in einem hohen Maße. Dies ist auch ein Produkt des wuchernden Lobbyismus. Im Interesse eines fairen unabhängigen Staates muss dies unbedingt zurückgedrängt werden. Ich wünsche mir das Mal Begriffe wie "Networking" oder "Beratergremium" zum Unwort des Jahres gewählt werden, weil sie doch nichts anderes beschreiben als den Aufbau mafioser Strukturen!  Es ist schockierend, wie manche Parteien die Auslagerung von Entscheidungen aus gewählten Parlamenten, an ernannte und nicht demokratisch gewählte Beiräte vorantreiben! Dort findet unter dem Deckmantel eines guten Zweckes  dann oft reiner Lobbyismus statt!

Die Entscheidung wieder in die Parlamente zu verlagern, verlangt aber auch die Besetzung dieser Parlamente mit möglichst gut ausgebildeten beruflich breit gefächerten Repräsentanten. Hier sind die Bürger bei ihren Wahlentscheidungen gefordert zu überlegen ob die gewählten Repräsentanten und Repräsentantinnen in der Lage sind komplexe Entscheidungen, wie sie immer öfter anstehen, unabhängig zu treffen.