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Ulrich Thoden
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Frage von Susanne D. •

Was tun Sie gegen die Chatkontrolle?

Guten Tag Herr Thoden,

am 7. Oktober entscheidet die Bundesregierung über ihre Position zur Chatkontrolle. Am 8. Oktober tagt das Vorbereitungsgremium. Am 14. Oktober stimmt der EU-Ministerrat ab.

Die EU-Kommission will Messenger-Dienste wie WhatsApp und Signal zwingen, alle privaten Nachrichten und Fotos in Echtzeit zu scannen, angeblich zum Kinderschutz. In Wahrheit bedeutet das:

- Ende der Verschlüsselung

- Massenüberwachung unschuldiger Menschen

- Ende der Online-Anonymität

Die Chatkontrolle schadet besonders Journalist:innen, LGBTQ+-Communities, Eltern (die harmlose Familienfotos teilen), Anwält:innen – und sogar den Kindern selbst, die geschützt werden sollen.

Ich bin Bürgerin aus Münster und fordere Sie auf, sich für ein klares NEIN zur Chatkontrolle einzusetzen.

Vielen Dank!

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Antwort von Die Linke

Sehr geehrte Frau D.

vielen Dank für Ihre Nachricht, ich teile Ihre Sorgen vollkommen. Die geplante CSA-Verordnung stellt eine enorme Gefahr für die Freiheitsrechte dar und übersteigt jegliche bisherige staatlich verordnete Überwachung in der EU.

Das massenhafte Scannen privater Kommunikation, selbst wenn es nur um die Erkennung bekannter Darstellungen von CSAM (Child Sexual Abuse Material) geht, ist kein wirksamer oder verhältnismäßiger Ansatz. Es erfordert das Durchsuchen verschlüsselter Messenger wie Signal, Threema oder WhatsApp und wird weitereichende Überwachung ermöglichen. Um dies zu ermöglichen, müssten Sicherheitslücken in die Kommunikationssysteme eingebaut werden, was die IT-Sicherheit insgesamt schwächt und die Privatsphäre von Millionen Menschen verletzt. Eine KI, die kaum seriös zwischen sexualisierter Gewalt und alterstypischer Sexualentwicklung unterscheiden kann, würde auf sensible private Inhalte losgelassen. Gewalt mit Überwachung und Repression bekämpfen zu wollen, war schon immer der falsche Ansatz. Es gibt so viele bessere Möglichkeiten! 

Es ist ärgerlich, dass angeblicher Kinderschutz vorgeschoben wird, um Überwachungspakete durchzudrücken, mutmaßlich befeuert durch Lobbyismus. Die Ablehnung der sogenannten Chatkontrolle durch Wissenschaftler*innen, Zivilgesellschaft und den Kinderschutzbund ist eindeutig. Die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben sie als weder geeignet, angemessen, erforderlich noch verhältnismäßig bewertet. Die Position der Bundesregierung ist jetzt entscheidend, da die Sperrminorität im EU-Rat von Deutschland abhängt. Sie muss sich ihrer Verantwortung stellen und gegen die Verordnung positionieren.

Die dänische Ratspräsidentschaft berät am 14.10.2025 über eine allgemeine Ausrichtung des Rates. Danach würde das Vorhaben in den schwer beeinflussbaren Trilog übergehen und wohlmöglich umgesetzt werden. Die Verordnung muss jetzt gestoppt werden!

Die Linke im Bundestag wird weiterhin entschlossene Kritik üben und parlamentarische Möglichkeiten prüfen, wie einen Antrag nach Art. 23 Grundgesetz, um die Bundesregierung zur Ablehnung aufzufordern. Gleichzeitig fordern wir wirksame Alternativen zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt. Dazu gehören:

 1. Tatsächliche Bekämpfung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern (z.B. "Löschen statt Sperren")

 2. Aufklärung und digitale Bildung, Ausbau digitaler Kinder- und Jugendarbeit

 3. Mehr Ressourcen für Kinder- und Jugendschutz (Jugendämter, Kinder- und Jugendhilfe) 

4. Konsequente Haftung der Plattformkonzerne bei Verstößen gegen Kinderschutzauflagen (z.B. gemäß Artikel 28 DSA)

 5. Die Stärkung sicherer digitaler Räume durch die EU-Kinderschutzrichtlinie und ein wirkungsvolles Gesetz gegen digitale Gewalt

Dafür wird sich Die Linke mit aller Kraft einsetzen. In der Hoffnung, ihnen mit diesen Angaben weitergeholfen zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr Ulrich Thoden, MdB

 

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