Moin, ich möchte gerne wissen, ob Sie sich für eine Wahl von Frau Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht einsetzen werden. Nordfriesische Grüße Gabriela W.

Ich stehe weiterhin hinter der Kandidatur von Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf für das Amt der Verfassungsrichterin. Ihr Auftreten und ihre juristischen Positionen haben im Richterwahlausschuss nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter der SPD, Grünen und Linken überzeugt – auch aus den Reihen der Union gab es durch Abstimmung dokumentierte Zustimmung. Ihre fachliche Exzellenz, persönliche Integrität und ihr klares Bekenntnis zu den Grundwerten unserer Verfassung machen sie zu einer guten Richterin für das Bundesverfassungsgericht. Das bestätigt auch die breite Rückendeckung, die sie aus der rechtswissenschaftlichen Fachwelt erhält.
Frau Brosius-Gersdorf hat sich in den vergangenen Wochen nicht nur gegen falsche und diffamierende Vorwürfe gewehrt. Sie hat dabei auch deutlich gemacht, worum es in dieser Debatte eigentlich geht: um die Unabhängigkeit der Justiz und das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen. Dass sie sich in dieser Situation nicht für das Amt instrumentalisieren lässt, sondern erklärt hat, nicht zur Verfügung zu stehen, wenn dem Bundesverfassungsgericht dadurch Schaden entstünde, verdient höchsten Respekt. Von dieser Haltung kann sich der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf die ihn persönlich betreffende Debatte um die Maskenbeschaffung durchaus etwas abschauen. Für mich ist die von Frau Brosius-Gersdorf geäußerte Haltung erst recht ein Grund, an ihr festzuhalten.
Leider sind Teile der Union auf eine orchestrierte Kampagne rechtsextremer Medien und Kräfte hereingefallen – das ist besorgniserregend. Umso klarer ist für mich: Die SPD wird sich an solchen Kampagnen nicht beteiligen. Vielmehr stellen wir uns explizit dagegen. Wir halten an der Kandidatur von Frau Brosius-Gersdorf fest, weil wir davon überzeugt sind, dass sie die Richtige für dieses Amt ist.
Es wäre ein starkes Zeichen, wenn die Unionsfraktion jetzt die Größe hätte, einzuräumen, dass sie sich in dieser Situation von äußeren Einflüssen hat treiben lassen – und zwar ungerechtfertigt und ohne sorgfältige Prüfung. Einen solchen Schritt würde ich ausdrücklich anerkennen.
Nachdem alle vorgebrachten Vorwürfe ausgeräumt sind, wäre aus meiner Sicht folgerichtig, die Wahl gemeinsam mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linken durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass die Unionsführung nun das Gespräch mit ihren kritischen Fraktionsmitgliedern suchen wird. Es liegt jetzt in ihrer Verantwortung, diese Blockade unverzüglich zu beenden und den Weg freizumachen für eine exzellente und integre Verfassungsrichterin. Denn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben den Anspruch, dass sich diese Koalition nicht mit – in dem Falls sogar völlig deplatzierten – Debatten über Personen aufhält, sondern wollen dieses Land gut regiert und nach vorne gebracht wissen. Das ist zumindest mein Eindruck aus dem Norden Schleswig-Holsteins.