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Tobias Lindner
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Frage von André V. •

Frage an Tobias Lindner von André V.

Sehr geehrter Herr Dr. Lindner,

wie kann es sein, dass sich ein Abgeordneter/eine Abgeordnete des Deutschen Bundestages bei einer Abstimmung der Stimmabgabe enthält? Sie alle, also nicht nur Sie persönlich, wurden doch gewählt, um bei der Willensbildung mitzuwirken. Haben Sie sich schon mal in Ihrem Wahlkreis umgehört, was die Bevölkerung zu diesem Thema sagt? Wobei das gewählte Thema nur ein Beispiel sein soll. Wie rechtfertigen Sie Ihre Stimmenthaltung z.B. bei der Verlängerung von Bundeswehreinsätzen oder bei der Verlegung der BW von Incirlik nach Jordanien?
Wenn Sie dazu keine Meinung haben oder keine Stellung beziehen wollen,obwohl das im Wahlkampf immer herausposaunt wird, dann meine ich, dass Sie im Deutschen Bundestag einen Platz blockieren und zwar für jemanden, der Seine Meinung in ein Ja oder Nein zum Ausdruck bringt. Das gilt auch für Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Grünen Bundestagsfraktion. Ich meine, Sie alle sind der Bevölkerung schuldig, Abstimmungen mit Ja oder Nein zu beantworten. Eine Enthaltung kann und darf für Sie als gewähltes Mitglied keine Option sein.

Herzlichst

Ihr André Vehlken

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Vehlken,

vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Argumente könnte ich ja nachvollziehen, wenn ich mich Abstimmungen durch Nichtteilnahme entziehen würde. Enthaltungen sind jedoch nach unserer Geschäftsordnung nicht nur zulässig, sondern in einigen Sachfragen auch tatsächlich sinnvoll. Dies wird übrigens von allen Fraktionen so gesehen. Auch, wenn ich versuche, mich möglichst selten zu enthalten, gibt es nun einmal Situationen, in denen es gleich gewichtige Argumente für und gegen eine Vorlage gibt.

In dem von Ihnen angesprochenen Beispiel der Rentenangleichung bspw. besteht das Problem, dass wir irgendwann einmal zu einer Angleichung der Renten kommen sollten und hierfür auch einen Zeitplan benötigen, der vorgeschlagene Weg uns aber nicht geeignet erscheint. Wenn Sie die Verlegung der Bundeswehr aus Incirlik nach Jordanien ansprechen, ist das Problem ähnlich gelagert: Meine Fraktion hat den Einsatz der Bundeswehr in Incirlik zweimal abgelehnt, muss aber akzeptieren, dass die Mehrheit des Bundestages diesen Einsatz nun einmal will. Wenn man dies akzeptiert, dann ist es auch sinnvoll, nach Jordanien zu verlegen, auch wenn man den Einsatz an sich ablehnt.

Ich bitte Sie also um Verständnis, dass ich Ihre Aussage „Eine Enthaltung kann und darf für Sie als gewähltes Mitglied keine Option sein.“ nicht nur aus Sachargumenten nicht teilen kann, sondern auch deshalb, weil sie gegen geltendes Recht verstößt.

Mit dennoch freundlichen Grüßen

Tobias Lindner

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