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Tim Kristian Stoberock
SPD
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Frage von Wolf L. •

Frage an Tim Kristian Stoberock von Wolf L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

ich mache mir seit vielen Monaten Sorgen um die sich immer weiter verkleinernden Spielräume der Politik gegenüber den Großkonzernen und Banken. Vor allem habe ich die Sorge, dass die Bürger immer weniger Vertrauen in die Politik und damit gegenüber den Politikerinnen und Politikern haben, wenn sie feststellen, dass die Wünsche der Multinationalen Konzerne mehr zählen als der in Umfragen ermittelte Wusch der Bürger.

Nun kommt meine konkrete Frage:

Wie stehen Sie zu den geplanten Freihandels- und Investitionsschutzabkommen CETA und TTIP?
Wie stehen Sie zur organisierten Entmachtung der Politiker durch Konzernlobbyisten, die dann im "Regulierungsrat" und anderen demokratisch nicht legitimierten Gremien schon mal vorab entscheiden, über was nachher die Abgeordneten noch abstimmen dürfen?
Finden Sie es nicht auch einer Demokratie unwürdig, dass selbst Abgeordnete erst nach jahrelangen Protesten einen dann auch noch eingeschränkten Zugang zu den verhandelten Texten gewährt wird und dies darüber noch nicht einmal mit anderen reden, geschweige den sich Kopien oder Notizen machen dürfen...?

Beteiligen Sie sich auch an der Verschleierungstaktik von Herrn Gabriel, mit den absurden Behauptungen "TTIP ist schlecht" "CETA ist gut"?

Oder geht es Ihnen wie 70% der Bürger, die sich in Umfragen gegen die Fortsetzung der Geheimverhandlungen zu TTIP und gegen die vorläufige Inkraftsetzung von wichtigen CETA Regelungen durch die EU Kommission. ?

Klar ist doch : Beide Abkommen sind eine Gefahr für unsere Demokratie, für Sozial- und Umweltstandards, die öffentliche Daseinsvorsorge und die kulturelle Vielfalt.

Wie sehen Sie hier Ihre Aufgabe als gewählter Volksvertreter?
Kann ich damit rechnen, dass Sie im Interesse von Mensch und Umwelt und nicht für den Profit Ihre Stimme erheben?

Wie werden Sie als SPD Mitglied abstimmen, wenn Herr Gabriel Ihre Stimme für CETA haben möchte?

Mit besorgten Grüßen

W. L.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage. Gerne stehe ich Ihnen über meine elektronische Antwort hinaus auch zu einem persönlichen Gespräch zu diesem umfangreichen Thema zur Verfügung.

Zum Thema: Ökonomen vertreten selten eine einhellige Auffassung, dass Freihandel aber grundsätzlich für alle Beteiligten Vorteile bringt, wird kaum bezweifelt.

Ich bin davon überzeugt, dass eigentlich die WTO Forum für Handelsliberalisierungen sein sollte. Denn davon würden automatisch auch alle Entwicklungsländer profitieren. Leider muss man feststellen, dass die WTO sich festgefahren hat. Realistischerweise sind weitere Handelsliberalisierungen nur durch regionale Freihandelsabkommen zu erwarten. An diesen sollten wir ein großes Interesse haben. Nicht nur, weil für ein exportorientiertes Land wie Deutschland der Abbau von Handelsbarrieren und der erleichterte Marktzugang für Unternehmen für Wachstum und Beschäftigung für alle sorgt, sondern auch weil dies vor dem Hintergrund der hohen Flüchtlingszahlen für uns notwendig ist. Ganz verschiedene Länder wie China, Indien und Bangladesch, aber auch Äthiopien und Uganda haben gezeigt, wie man mit einer, bei aller Kritik im Einzelfall, halbwegs vernünftigen Politik, die Vorteile der Handelsliberalisierung dazu verwenden kann, ganz großen Teile der Bevölkerung einen Weg aus extremer Armut zu weisen und ihnen eine Perspektive im eigenen Land zu geben.

Ich glaube aber, dass bei allen Vorteilen, die für den Freihandel sprechen, TTIP tot ist und das ist auch gut so. Denn TTIP hat zum einen erhebliche Nachteile in sich, zum anderen ist TTIP, vielleicht nicht immer ganz zu Recht zu einem Chiffre der Globalisierung geworden, die ganz viele Menschen ablehnen. Ein Durchsetzen von TTIP würde daher nur die Polarisierung in unserer Gesellschaft verschärfen, ohne die großartigen Wirtschaftschancen zu bringen von denen oftmals geschwärmt wird.

Man kann aber auch nicht alles aus den TTIP-Verhandlungen verdammen. So sind z.B. die vereinbarten weiteren Zollsenkungen und die Vereinbarungen zu den Normenvereinheitlichungen sehr zu begrüßen. Ich bin dafür, dass man Teile von TTIP in ein neuzuverhandelndes Abkommen mit den USA überführt. Ein solches Abkommen sollte als globales Modellprojekt dienen. Wir Europäer müssen es schaffen, die politischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Standards im Welthandel mit zu bestimmen, sonst werden andere das für uns erledigen. Im Zweifel schlechter. Voraussetzung ist natürlich, dass Parlamente und Regierungen durch Investorenschutzregelungen in ihrer freien demokratischen Willensbildung nicht beeinträchtigt werden.

In Hinblick auf CETA begrüße ich den vereinbarten nahezu vollständigen Abbau der Zölle.

Hinsichtlich der investitionsschutzabkommen finde ich es gut, dass es nunmehr ein stehendes Investitionsgericht geben wird und das vereinbart worden ist, dass die gesetzgeberische Freiheit der Vertragspartner nicht eingeschränkt wird.

Das sind genau die Bausteine die wir brauchen um zukünftige Handelsabkommen zu reformieren. Denn ich bin mir sicher, dass Handelsabkommen und auch internationale Schiedsgerichte auch zukünftig eine große Rolle spielen werden. Und als alter Sozialdemokrat sage ich, dass wir das was wir nicht abschaffen können reformieren sollten.

Ich hoffe ihnen mit dieser Auskunft geholfen zu haben und stehe für weitere Rückfragen und zur persönlichen Diskussion jederzeit gerne zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen

Tim Stoberock

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