Dr. Till Backhaus
Till Backhaus
SPD
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Frage von Jutta N. •

Frage an Till Backhaus von Jutta N. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Backhaus,

der Streit um die Abwasserbeseitigung in Wöbbelin ist ja ständig in der Presse präsent, deshalb wird meine Frage auch viele Bürger interessieren.
Der ZkWAL hat trotz anhängigen Gerichtsverfahren wegen der Austrittserklärung und des Entzugs der Abwasserbeseitigungspflicht durch die Gemeinde Wöbbelin mit dem Bau der zentralen Abwasserleitung in Wöbbelin begonnen. Auf dem Bauschild wird damit geworben, dass diese Maßnahme durch Ihr Ministerium aus dem Fond der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrastruktur und des Küstenschutzes“ sowie durch das Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert wird.
Warum wurden diese Fördermittel bewilligt, obwohl bei schwebenden Gerichtsverfahren keine Tatsachen geschaffen werden dürfen und Fördermittel der EU nur bei Einvernehmen der Gemeinden gezahlt werden?
Wie stehen Sie zu der Problematik der Verschwendung von Fördergeldern in M-V?

Mit freundlichen Grüßen

Jutta Nagel

Dr. Till Backhaus
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Nagel,

vielen Dank für Ihr Schreiben bzgl. der Gemeinde Wöbbelin. Dieses Thema ist mir seit langem wohlbekannt und ich hoffe, dass der den Ort spaltende Streit um den richtigen Weg der Abwasserentsorgung bald ein Ende hat. Ich will versuchen, den Verlauf dieses niemand glücklich machenden Streits kurz chronologisch darzustellen. Und wenn Sie beim Lesen eine gewisse Parteilichkeit bemerken, bitte ich zu bedenken, dass ich als Umweltminister auch dem Schutz des Grundwassers verpflichtet bin.

Was ist in Wöbbelin passiert und wie ordnet sich dies rechtlich ein?

Im Sommer 2005 hat der ZkWAL der Mitgliedsgemeinde Wöbbelin mitgeteilt, dass der Anschluss von Wöbbelin an die Kläranlage Neustadt Glewe vorgesehen sei und Ende 2005 mit den Bauarbeiten begonnen werde. Seitens des StAUN SN wurden hierfür Fördermittel reserviert. Die Gemeinde legte gegen diesen Beschluss Widerspruch ein. Es fand eine Bürgerbefragung durch die Gemeindevertretung statt, bei der sich 100 Grundstückseigentümer für eine dezentrale, 50 für eine zentrale Abwasserbeseitigung entschieden, 106 haben sich enthalten. Daraufhin hat die Gemeindevertretung den Zweckverband aufgefordert, bei der Unteren Wasserbehörde einen Antrag auf die Übertragung der Abwassserbeseitigungspflicht auf die Grundstückseigentümer zu stellen (§ 40 Abs.3 Nr 7 LWaG). Der Antrag wurde zweimal gestellt und zweimal abgelehnt.

Am 29.01.2009 beschloss die Gemeindevertretung mit 5/4 Stimmen, aus dem Zweckverband auszutreten. Seitens der Kommunalaufsicht werden der Gemeinde die Bedingungen für einen Austritt mitgeteilt, Zitat aus dem Schreiben der Kommunalaufsicht des Landrats des Landkreises Ludwigslust: „Der für einen wirksamen Austritt zu fassende Beschluss ist insbesondere unter Beachtung des Erlasses des Innenministeriums M-V über den Austritt von Verbandsmitgliedern aus Zweckverbänden vom 01.04.1999 zu erarbeiten. In genanntem Erlass heißt es z.B. unter Ziffer 1, dass die austrittswillige Vertretungskörperschaft Überlegungen zur zukünftigen Aufgabenerfüllung anzustellen hat, die in Ihre Beschlussfassung eingehen müssen. Diese müssen nicht nur die geplante Art und Weise der zukünftigen Aufgabenerfüllung erfassen, sondern insbesondere auch deren Finanzierbarkeit (§ 31 Abs. 2 Satz 2 KV M-V) darstellen. Zunächst werden in o.g. Beschluss keine Aussagen über die Finanzierung des Austrittes getroffen. Weiterhin mangelt es dem o.g. Beschluss an Überlegungen zur künftigen Aufgabenerfüllung. Insofern entspricht der o.g. Beschluss nicht den für einen wirksamen Austritt zu erfüllenden Anforderungen.“

Dem Austrittsbegehren der Gemeinde Wöbbelin ist bis heute nicht stattgegeben, die Gemeinde Wöbbelin ist weiterhin Mitglied des ZkWAL, d.h. der ZkWAL ist weiterhin in Wöbbelin abwasserbeseitigungspflichtig. Ein Entzug dieser Verpflichtung durch die Gemeinde ist, wie Sie in Ihrem Schreiben darstellen, wasserrechtlich nicht möglich.

Warum? Die Abwasserbeseitigungspflicht ist gem. § 40 Landeswassergesetz eine kommunale Pflichtaufgabe. Der Umfang dieser gesetzl. Aufgabe ist in den §§ 54-61 WHG beschrieben, danach ist das Abwasser so zu behandeln, dass Menge und Schädlichkeit so gering gehalten werden, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Regeln möglich ist. Die Größe einer Gemeinde, die Struktur von Bebauung und Gewerbe, die Empfindlichkeit der Vorflut sind die Bestimmungsgrößen, wie die gesetzliche Forderungen zu erfüllen sind. Die zuständige Wasserbehörde des LK LWL hat im Einvernehmen mit der technischen Fachbehörde StAUN SN und der obersten Wasserbehörde dem Landwirtschafts- und Umweltministerium entschieden, dass für Wöbbelin eine dezentrale Abwasserbeseitigung über Kleinkläranlagen aufgrund der Siedlungsstruktur und in Ermangelung eines geeigneten Vorfluters nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Das Jahr 2011 geht dem Ende zu und in Wöbbelin wird immer noch aus z.T. völlig veralteten Anlagen unzureichend gereinigtes Abwasser in das Grundwasser eingeleitet. Dem kann und darf die Wasserbehörde des LR LWL nicht länger zusehen. Aus diesem Grund wurde der ZkWAL aufgefordert, seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Abwasserbeseitigung nachzukommen.

Die von Ihnen reklamierten Bautätigkeiten, gefördert durch das StALU WM (ehem. StAUN SN) ist weder eine Verschwendung von Fördermittel noch ein Eingriff in schwebende Verfahren. Die Art und Weise, wie das Abwasser zu reinigen ist, entscheidet auf der Grundlage des Wasserrechtes die zuständige Wasserbehörde, unabhängig davon, wem die Abwasserbeseitigungspficht obliegt. Eine EU-Vorschrift, dass Fördermittel an Zweckverbände nur mit Zustimmung der Gemeinde vergeben werden dürfen, gibt es nicht.

Diese Mittel sind für den Grundwasserschutz der Region gut angelegtes Geld und außerdem sorgen diese Fördermittel auch dafür, dass die Wöbbeliner bezahlbare Abwassergebühren bekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Till Backhaus

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