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Thomas Strobl
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Frage von Dick S. •

Frage an Thomas Strobl von Dick S. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Strobel,

nach dem Peer Steinbrück 2 Konjunkturprogramme verkündet hat, stellen sich mir drei Fragen zu Paket I +II:

Welche Unternehmungen mit aus meiner Sicht kriminellen Vorständen und Aufsichtsrats/Verwaltungsratspostenversagern haben Teile des angeblich auf 500.000.000.000€ begrenzten Paketes angenommen?

Wurde das Gehalt der Vorstände auf "nur" 500.000,-€ (es treibt dem Bürger schier das Wasser in die Augen vor Mitleid) gekürzt.; bzw. wer kontrolliert das?

Warum profitiert vom Paket II ( nur 50.000.000.000€ ) nur die oberen 50% der Gesellschaft ( bis auf die 100,-€ Kinderbonus einmalig) ? ( Alleinerziehende, Hartz IV-Opfer und Zeitarbeitssklaven ( Danke Herr Clement) und alle anderen von Lohndumping a la Schröder Betroffenen nicht)?

Ich bitte um Stichhaltige Aussagen und Belege,. da ich sonst den Petitionsausschuss bemühen müsste.

mfg.
D.S.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Stukenbrok,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema "Finanzen". Gerne will ich versuchen, sie Ihnen zu beantworten, und zwar, wie gewünscht, möglichst stichhaltig mit Belegen.

Zunächst muss ich Sie allerdings über einige Irrtümer aufklären, denen Sie unterliegen. Sie erkundigen sich nach den Konjunkturpaketen I+II der Bundesregierung und fragen, welche Unternehmen bisher Teile der nach Ihrer Darstellung mit 500 Mrd. Euro ausgestatteten Pakete in Anspruch genommen haben. Hier bringen Sie zwei Dinge durcheinander.

Die angesprochenen Konjunkturpakete mit dem Ziel, die Wirtschaft zu stimulieren, haben ein Volumen von 30 + 50 Mrd. Euro, also 80 Mrd. Euro insgesamt. Die 500 Mrd. Euro, von denen Sie sprechen (genau sind es 480 Mrd.), sind kein Bestandteil der Konjunkturpakete. Hierbei handelt es sich vielmehr um den Nennbetrag der Garantiesumme beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz, auch Bankenrettungsgesetz genannt. Anders als die Gelder der Konjunkturpakete sind die 500 Milliarden Euro kein zur Auszahlung gedachter Betrag, sondern größtenteils reine Ausfallbürgschaften, also eine Art psychologisches Sicherheitsnetz zur Lageberuhigung. Damit sollten panikartige Kontoauflösungen verhindert werden, die nach der US-Finanzmarktkrise im Herbst 2008 zu befürchten waren und zu einer Destabilisierung des kompletten Bankenwesens hätten führen können.

Nur im Einzelfall haben deutsche Banken bisher staatliche Gelder in Anspruch genommen. Das Volumen des "Rettungsschirms" von 500 Mrd. wurde also nicht einmal annähernd ausgeschöpft. Wo doch Gelder geflossen sind, sind diese keineswegs verloren. Erstens müssen sie zurückgezahlt werden -- übrigens mit beträchtlicher Verzinsung, was dem Staat Gewinn bringt. Und zweitens hat das Parlament dafür gesorgt, dass wer Geld nimmt, sich künftig vom Staat stärker kontrollieren lassen muss. Keine Leistung ohne Gegenleistung, das war die Devise des Bankenrettungsplans, der im Übrigen zum Wohle der vielen Millionen Kleinanleger gedacht war und nicht zur Rettung der reichen Bankvorstände. Es sind auch Ihre Ersparnisse, Herr Stukenbrok, die wir gesichert haben, und darin kann ich nichts Falsches erkennen.

Die Kontrolle der Gelderverwendung und der Einhaltung der beschlossenen Auflagen übernimmt ein gemäß § 10a Finanzmarktstabilisierungsgesetz gebildeter parlamentarischer Überwachungsausschuss, der überparteilich besetzt ist und seine Aufgabe bisher mit beachtlichem Erfolg wahrgenommen hat. Außerdem wird die Presse mit ihrem gewohnt kritischen Blick und investigativem Rechercheverhalten dafür sorgen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Der Schock des Krisenbeginns vorigen Sommer hat die gesamte Öffentlichkeit mobilisiert und wachsamer werden lassen.

Ganz kurz möchte ich noch auf Ihre indirekte Kritik an den Managergehältern eingehen. Dass die vom Staat festgelegte Begrenzung auf 500.000 EUR Jahresentgelt bei Vorständen von Kreditinstituten, die Finanzhilfe benötigen, Ihnen unzureichend erscheint, weil eine halbe Million ja immer noch eine Menge Geld ist, kann ich zwar verstehen. Dennoch möchte ich zu bedenken geben, dass für die Betroffenen diese Begrenzung eine ganz empfindliche Einbuße bedeutet. Teilweise gönnten sich diese Vorstände in wirtschaftlichen Blütezeiten bis zum 100fachen dieses Betrages, waren also fürstlichste Entlohnungen gewöhnt und müssen sich nun wirklich bestraft vorkommen. Eine weitere Herabsetzung wäre kontraproduktiv, da sie international unüblich ist und wirkliche Fachkräfte ins Ausland treiben würde. Diesen Aderlass an Humankapital sollten wir nicht riskieren, sonst ist die nächste Krise vorprogrammiert.

Was Ihren letzten Punkt angeht, nur die oberen 50 % der Gesellschaft würden vom Konjunkturpaket II profitieren, möchte ich Ihnen Folgendes erwidern. Vorausgesetzt, die Maßnahmen erzielen die erhoffte Wirkung, werden alle Bürgerinnen und Bürger vom Paket profitieren, nicht bloß 50 %. Und bereits jetzt erfreuen sich einige Elemente des Konjunkturpakets gerade bei Kleinverdienern großer Beliebtheit, so dass Ihr Eindruck täuscht, nur die Großen kämen gut weg. Ich denke dabei an die Anhebung des Steuerfreibetrags bei der Einkommenssteuer (mit einem Entlastungsvolumen von 6 Mrd. Euro bis 2010) bzw. an die Absenkung des Krankenkassenbeitrags ab 1.7. (14 Mrd. Euro Entlastung bis 2016). Den "kleinen Leuten" nützen auch die Förderung der beruflichen Weiterbildung gering Qualifizierter (1,2 Mrd. Euro) und die allbekannte Abwrackprämie (1,5 Mrd. Euro). Deren konkrete Ausgestaltung sagt mir persönlich zwar wenig zu, da sie die Beschäftigten deutscher Autohersteller in meinen Augen unzureichend begünstigt. Doch das ist ein anderes Thema und ändert nichts an der Beliebtheit der Prämie als solcher.

Wenn Sie trotzdem beklagen, Alleinerziehende oder Hartz-IV-Empfänger hätten mehr bekommen sollen, muss ich Sie auf den ökonomischen Zweck eines Konjunkturpakets hinweisen. Wenn es wirken soll, geht es nicht um Bedürftigkeit, sondern um Effizienz. Ziel ist, ein Abschmieren der Wirtschaft zu vermeiden. Wir sind gewissermaßen wie der Radfahrer am Berg, dem in der Steigung die Puste auszugehen droht und der Gefahr läuft, zurückzurollen. Ihm muss über den Berg geholfen werden, damit er jenseits des Gipfels wieder von alleine bergab rollen und "verschnaufen" kann. Wem würden Sie in dieser Situation die Vitaminspritze verabreichen? Doch wohl auch dem Radler und nicht seinem Mitfahrer auf dem Gepäckträger, der keine Pedale hat. Das Konjunkturpaket fördert aus dem gleichen Grund nicht alle im selben Umfang nach dem Gießkannenprinzip, sondern die verstärkt, von deren Leistungsvermögen ein Überwinden der Krise am Ehesten erwartet werden kann.

Ich hoffe, dass meine Antworten ein Stück weit dazu beitragen konnten, Ihnen Ihre Sorgen zu nehmen. Ein Appell an den Petitionsausschuss sei Ihnen natürlich unbenommen. Eine substantiell andere Antwort als von mir dürften Sie von dort aber auch nicht bekommen. Denn: Wir machen ökonomische Sachzwänge nicht, wir unterliegen ihnen und haben nach den Geboten der Vernunft damit umzugehen, jeder von uns gleichermaßen.

Mit freundlichen Grüßen Thomas Strobl MdB