Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Emma L. •

Frage an Susanna Kahlefeld von Emma L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie zur Initiative Ihrer Parteifreundinnen Deligöz und Rottman gegen Frauenfeindlichkeit vom 10. April 2019? Laut mehreren Medienberichten haben Sie ihnen "toxischen Scheinfeminismus" und Rassismus vorgeworfen. Ist das richtig? Wenn ja, wie begründen Sie diesen Vorwurf?

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Luhmann,

 

Ich weiß nicht, in welchen Medien ich wie zitiert worden bin. Auf twitter hatte ich etwas mehr geschrieben als die Zeilen, nach denen Sie fragen: Vollständig lautet mein tweet:
„Toxischer Pseudofeminismus ist das. Eine Fassade für Rassismus – verletzend für alle, die in binationalen Familien leben und nicht nach Herkunft, sondern Charakter unterscheiden.“

 

Männergewalt ist Männergewalt. Frauenhäuser haben wir in Deutschland aufgebaut, damit Frauen vor gewalttätigen Partnern fliehen können – da hat noch niemand einen Zusammenhang mit Zuwanderung gesehen. Es ging erst mal um deutsche Paare, in denen der Mann gewalttätig war. Vergewaltigung in der Ehe mussten Frauen in Deutschland lange ertragen, ohne sie anzeigen zu können. Warum? Weil die deutschen Männer in den Parlamenten diese Gewalt verharmlosten und nicht als strafbar ansahen. Als Petra Kelly den ersten Antrag zur Strafbarkeit einbrachte, wurde sie im Deutschen Bundestag laut ausgelacht. Und so weiter ...

 

Angesichts der Angriffe von erstarkten Rechten auf den Feminismus und Frauen, die sich feministisch engagieren, ist es unverantwortlich, wenn Frauen nicht Frauen stärken, egal wo sie herkommen.

 

Es ist „toxisch“, vergiftend, wenn Frauen in binationalen Familien immer wieder rechtfertigen müssen, dass ihr Mann, ihr Schwager, ihr Sohn nicht gewalttätig ist, obwohl er Moslem ist oder aus einer muslimischen Familie kommt. Es vergiftet auch die gute Zusammenarbeit mit Männern und Frauen aus dem „muslimischen Kulturkreis“, die sich in Organisationen und Projekten für Frauenrechte und ein anerkennendes, emanzipiertes Zusammenleben engagieren. Eine bestimmte negative Haltung einfach mit einer Herkunft zu verknüpfen, ist Rassismus.

 

Wenn wir gemeinsam für die Rechte von Frauen und Menschen aller sexuellen Orientierungen eintreten wollen, müssen wir die Gegner dort sehen, wo sie wirklich stehen: Es sind patriarchal geprägte Männer und Frauen in allen Kulturen. Das Patriarchat, die Herrschaft heterosexueller Männer einer bestimmten, autoritären Prägung (das sind nicht alle Männer) über Frauen, lesbische und heterosexuelle, über Homosexuelle, Bi-, Transpersonen etc. ist ein globales Problem. Ob sich patriarchale Herrschaft religiös oder kulturell begründet, ist gleichgültig für die Auswirkungen auf die Opfer, sei es Gewalt, diskriminierende Gesetzgebung, Mobbing etc. - Mir ist es wichtig, mit denen solidarisch zu sein, die sich dem entgegenstellen: überall. Gegen den afd-Machismo, Nazi-Männlichkeitskult, gegen Konservative, die die Frau am liebsten am Herd und bei den Kindern sehen, gegen eine Frau wie AKK, die sich über Transmenschen lustig macht, UND natürlich auch gegen die Unterdrücker im Namen einer angeblichen Ehre, die ihre patriarchale Haltung mit dem Islam begründen.

 

Hier ist der neuste Beschluss des Bundesfrauenrates aus dem Mai 2019. Sie sehen, ich bin mit meiner Haltung in der Partei "ganz auf Linie".

https://cms.gruene.de/uploads/documents/V-01NEU_F%C3%BCr_einen_solidarischen_Feminismus_f%C3%BCr_alle.pdf

 

Ich hoffe, ich konnte in aller Kürze mein Statement und meine Haltung erklären.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Susanna Kahlefeld

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