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Stephan Stracke
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Frage von Michael Q. •

Warum ist die CDU/CSU gegen eine Erhöhung des Mindestlohnes, wie ihn SPD und Grüne fordern?

12 Euro Mindestlohn würde etwa 2000 Brutto im Monat bedeuten, der jetzige von 9,60 sogar nur etwa 1600 Brutto. Das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt in Deutschland beträgt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei Vollzeitbeschäftigten 3975 €. Selbst bei 12€ Mindestlohn kommt man also nur auf die Hälfte des Durchschnittseinkommens. Und selbst das ist Ihnen zu viel.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagt jetzt: »Ein Mindestlohn von 12 Euro wäre aus jeglicher Perspektive sinnvoll – abgesehen davon, dass es dem Staat auch eine Menge zusätzliche Steuereinnahmen bringt, umgerechnet 17 bis 20 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen durch zusätzliche wirtschaftliche Aktivität, höhere Einkommen und damit höheren Konsum. Auch die Sozialausgaben für Aufstocker würden reduziert werden.«

Warum sind Sie also gegen eine Erhöhung des Mindestlohnes, wie ihn SDP und Grüne fordern?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Q.,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch vom 14.09.2021 zum Thema „Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro“. Gern antworte ich Ihnen wie folgt:

Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn wurde in Deutschland zum 01.01.2015 eingeführt und damals politisch auf 8,50 Euro festgesetzt. Gleichzeitig wurde gesetzlich festgelegt, dass über die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Tarifpartner entscheidet. Diese sogenannte Mindestlohnkommission setzt sich aus Vertretern der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zusammen und wird von Wissenschaftlern beraten. Sie prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Beschäftigten beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen und Beschäftigung nicht zu gefährden. Die Kommission orientiert sich dabei nachlaufend an der Entwicklung der Tariflöhne.

Die Mindestlohnkommission hat zuletzt Ende Juni 2020 entschieden, den gesetzlichen Mindestlohn in mehreren Stufen auf 10,45 Euro zum 01.07.2022 anzuheben. Die Kommission hat bislang rund 20 Forschungsprojekte in Auftrag gegeben, die die Auswirkungen des Mindestlohns u.a. auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, auf das Haushaltseinkommen und die spätere Rente der Betroffenen untersucht haben. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, auf das Sie sich in Ihrer E-Mail beziehen, wurde in der Vergangenheit beauftragt.

Wir halten die Kommission der Sozialpartner für den richtigen Weg zur Bestimmung der Höhe des Mindestlohns, gerade auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten der gegenwärtigen Corona-Pandemie. Für uns gilt: Die Lohnfindung ist und bleibt Sache der Tarifpartner. Wir stehen zur Tarifautonomie und Sozialpartnerschaft und wollen nicht politisch in diesen Prozess eingreifen. Die SPD dagegen will mit der politischen Anhebung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro den gemeinsam im Jahr 2014 gefundenen Weg aufgeben und schwächt damit im Ergebnis die Bindekraft der bestehenden und ohnehin schon bröckelnden Tarifverträge. Denn je höher der gesetzliche Mindestlohn, desto geringer ist der Anreiz für Beschäftigte, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren.

Die Tarifpartner können am besten selbst für gute Löhne und Arbeitsbedingungen sorgen und tragfähige Lösungen für den Wandel der Arbeitswelt finden. So gibt es neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn zahlreiche Branchenmindestlöhne, die teilweise deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen und durch die Bundesregierung als allgemeinverbindlich erklärt worden sind und damit auf alle - auch nicht tariflich gebundenen - Arbeitgeber und Arbeitnehmer der jeweiligen Branche erstreckt werden. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Tarifgeltung in Branchen mit geringer Tarifbindung. Aus diesem Grund wollen wir das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen stärken.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke
Mitglied des Deutschen Bundestages

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