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Stephan Jersch
DIE LINKE
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Frage von Peter U. •

Wie stehen Sie zu Haus- bzw. Hofbesetzern?

Sehr geehrter Herr Jersch,

Sie kämpfen weiterhin aktiv für den Landwirt Herrn Jaacks in Hamburg Rissen, obwohl Herr Jaacks ohne rechtliche Grundlage den Hof besetzt. Dies lässt vermuten, dass Sie oder Ihre Partei eine politische Überzeugung über das geltende Recht stellen und soetwas wie Haus- oder Hofbesetzung als legitim ansehen..

Wie stehen Sie dazu?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr U.,

herzlichen Dank für Ihre Frage und die Möglichkeit etwas ausführlicher auf die derzeitige Situation der Landwirtschaft in Hamburg, für die der Vorgang um den Milchhof nur ein Symptom ist, eingehen zu können.

Ihrer Vermutung muss ich zu Beginn allerdings energisch widersprechen. Mir ist nicht klar, worin sich diese Vermutung begründet. Ich möchte Sie ganz klar darauf hinweisen, dass mein Einsatz für den Milchhof einer gütlichen Einigung, die es dem Bauern, der Familie und dem Auszubildenden ermöglicht, mit den 24 ha öffentlicher Pachtfläche als Grundstock, einen bäuerlichen Betrieb in Hamburg fortsetzen zu können, gilt. Aus diesem Grund habe ich auch einen Runden Tisch thematisiert. Hier könnten die Behörde und das Bezirksamt Altona mit weiteren Akteuren, wie auch dem Bauern, gemeinsam an Möglichkeiten arbeiten um eine Fortführung eines Milchhofs, ohne die 16 ha privatrechtlich verkaufter Fläche, zu ermöglichen.

Meine grundsätzliche Kritik und mein Einsatz gilt dem Erhalt von (für den Markt) produzierender Landwirtschaft in Hamburg. Ich kenne zwar die Haltung der Behörde, teile sie aber nicht: nur weil eine Pferdepension 50 Prozent des Futters für die Pferde (Tiere zur Freizeitgestaltung) anbaut, ist dies für mich nicht gleichzusetzen mit Garten-, Ackerbau- oder Viehzuchtbetrieben. Und auch wenn ich um die Gründe von Landwirtinnen und Landwirten weiß, in Teilen oder auch in Gänze in das Pferdepensionsgewerbe zu wechseln, so ändert dies an dieser Einschätzung nichts. Es gilt vielmehr Landwirtschaft, die für den Markt produziert zu stabilisieren und den Bäuerinnen und Bauern mit dieser Tätigkeit ein gesichertes Auskommen zu garantieren. Hier ist die Politik gefragt und hier bringe ich mich mit meinen Stellungnahmen ein. Nach meinem Dafürhalten hätte die damalige Wirtschaftsbehörde Spielräume bei der Genehmigung des Grundstücksverkaufs gehabt, die sie nicht genutzt hat. Gleichzeitig wusste die Behörde aber auch darum, dass der Verlust von 16 ha privater Pachtfläche, kein wirtschaftliches Überleben des Milchhofs in seiner jetzigen Form zulässt. Die Stadt hat hier ihrem Lippenbekenntnis zur Stützung der heimischen Agrarwirtschaft keine Taten folgen lassen. Zukünftig gilt es daher zu erreichen, dass ein Grundstücksverkehrsgesetz, das auf nicht mehr aktuellen Kategorien fußt, den heutigen Ansprüchen angepasst werden muss!

Rund um den Milchhof Rissen ist es mir aber auch ein Anliegen, dass die rechtliche Auseinandersetzung, die ich hier klar von der politischen Frage trenne, nicht über Bande gespielt wird. Mit Befremden habe ich in einer Antwort auf eine Anfrage von mir lesen müssen, dass Institutionen der Stadt über anonyme Hinweise zu Kontrollen auf dem Moorhof veranlasst wurden. Auf der anderen Seite ist es für mich auch nicht hinnehmbar, dass dem Käufer der 16 ha Hoffläche und Angestellten der Behörde, gedroht wird. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, dass ich mich hier ausschließlich sachbezogen einbringe.

Die Gespräche zwischen dem Investor und dem Landwirt, finden schon länger nicht mehr auf Augenhöhe statt. Grundsätzlich, angesichts der juristischen Situation, ist das zwar verständlich, aber auf der anderen Seite glaube ich, dass ein anderes Vorgehen zielführender gewesen wäre – gerade auch angesichts der eindeutigen juristischen Situation. Zumindest scheint es ja mittlerweile eine Regelung zwischen dem Landwirt und dem Investor über einen Übergang der 16 ha Landwirtschaftsfläche zu geben – das ist zumindest mein Informationsstand.

Ich bin auf den Fortgang der Entwicklung rund um den Milchhof sehr gespannt und werde natürlich verfolgen inwieweit eine dort gebaute bzw. zu bauende Pferdepension ggf. auf dem Immobilienmarkt zu finden sein wird. Das wäre ein trauriger Höhepunkt hanseatischer Landwirtschaftspolitik und letztendlich ein Eingeständnis städtischen Versagens beim Erhalt der noch verbliebenen Höfe Hamburgs.

Ich hoffe ich konnte Ihr Missverständnis in der Interpretation meines Einsatzes für eine zukunftsfähige und gesicherte Landwirtschaft in Hamburg aufklären und meinen Wunsch zur Findung einer Lösung für den Milchhof mit den verbliebenen 24 ha Fläche als Grundstock, deutlich machen. Sollte dennoch etwas unklar sein, kontaktieren Sie mich gerne.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Jersch

 

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