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Stefan Ruppert
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Frage von Andreas S. •

Frage an Stefan Ruppert von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ruppert!

Ich möchte gern Wahlergebnisse mit dem Gesetzentwurf der Koalition zum Wahlrecht durchrechnen. Leider bin ich auch nach stundenlanger Beschäftigung damit nicht in der Lage, daraus mit hinreichender Sicherheit einen konkreten Algorithmus zu extrahieren. Daher bitte ich um Ihre Hilfe, wo auch die Begründung das Verfahren nicht halbwegs eindeutig definiert oder Zweifel bestehen, dass der Wortlaut maßgeblich ist.

1. Sind die "erforderlichen Zweitstimmen" in § 6 Abs. 2a mit dem Zuteilungsdivisor vor oder nach Anpassung durch Abs. 1 Satz 7 zu berechnen? Falls nach Anpassung, welche der im Allgemeinen unendlich vielen Möglichkeiten ist zu wählen?

2. Ist es richtig, dass die in Abs. 1 Satz 4 für Abs. 2 ausgeschlossenen Zweitstimmen in Abs. 2a wieder mitzählen?

3. Ist es richtig, dass die "im Wahlgebiet für einen der zu vergebenden Sitze erforderliche Stimmenzahl" (im Gesetzestext völlig undefiniert) die Stimmen an nicht zu berücksichtigende Parteien (die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 im Allgemeinen berücksichtigungsfähig sind) einschließt, wie es in der Begründung steht?

4. Ist es richtig, dass auch gemäß Abs. 6 nicht zu berücksichtigende Parteien Extrasitze nach Abs. 2a bekommen können? Die Verteilung der vorhandenen Sitze ist ja an dem Punkt schon abgeschlossen (und Zweck der Extrasitze ist offenbar eine Bevorzugung von kleinen Parteien)?

5. Erhalten tatsächlich die Landeslisten mit der höchsten positiven Abweichung alle Extrasitze und die mit der zweithöchsten keine? Wie werden sie aufgeteilt, wenn mehrere Landeslisten die gleiche höchste Abweichung haben, oder werden sie dann mehrfach vergeben?

6. Gelten die Antworten zu den Punkten 1, 2 und 5 analog auch für Abs. 3?

7. Was sind in Abs. 3 die "zu vergebenden Sitze"? Die nach § 1, die nach § 6 Abs. 1 Satz 2 oder gar die vergebenen Sitze nach Anwendung von Abs. 2a?

8. Ist es richtig, dass bei Anwendung von Abs. 3 die betroffene Partei stets 2 Sitze mehr erhält als der Rest (vor Überhang)?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 2. Juli 2011 zur Reform des Wahlrechts.

Ich werde versuchen, Ihre Fragen zum Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes ausführlich zu beantworten.

1. Um aus den aufsummierten positiven Reststimmen Mandate zu errechnen, werden diese durch einen Divisor geteilt. Dieser ist der durchschnittliche Quotient aus Stimmenzahl/Sitzzahl auf Bundesebene. Für die Bundestagswahl 2009 ergibt das bei 40.764.288 Stimmen (Gesamtzweitstimmenzahlen aller im Bundestag vertretenen Parteien) geteilt durch 598 Sitze einen Divisor von 68.168.

2. Die Reststimmenverwertung wird nur für Parteien durchgeführt, deren Landeslisten bei der Sitzverteilung der Zweitstimmensitze berücksichtigt worden sind. Damit werden die in Abs. 1 Satz 4 ausgeschlossenen Zweitstimmen in Absatz 2a nicht mitgezählt.

3. Bei dieser Frage kann ich leider nicht nachvollziehen, worauf sich die zu vergebenden Sitze mit der erforderlichen Stimmenzahl beziehen. Satz 4 des 1. Abschnitts regelt das Problem der sogenannten Berliner Zweitstimmen. Der Satz legt fest, dass nur dann die Zweistimmen berücksichtigt werden, wenn eine Partei die Fünf-Prozent-Hürde erreicht hat oder mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.

4. Die Extrasitze werden nur an die Parteien vergeben, die die Bedingungen in Absatz 6 erfüllen.

5. Die Extrasitze werden in der Reihenfolge der höchsten positiven Abweichung vergeben. Wenn eine Partei drei Extrasitze bekommt, gehen diese an die drei Landeslisten, die den höchsten Reststimmenanteil haben. Bei Reststimmengleichheit ist eine Entscheidung per Los angedacht.

6. Absatz 3 ist die Neufassung der sogenannten Mehrheitssicherungsklausel. Sie soll garantieren, dass wenn die Landeslisten einer Partei im Wahlgebiet mehr als die Hälfte der Zweitstimmen erhalten, auch bei der Verteilung der Sitze diese Partei mehr als die Hälfte der zu vergebenden Sitze erhält.

Bei der Ausformulierung des Gesetzestextes steht die Normenklarheit und Verständlichkeit an erster Stelle. Wir werden bei Bedarf auch an einigen Stellen sprachliche Nachbesserungen vornehmen.

Ich möchte Ihnen abschließend für Ihre Fragen danken, da sie uns auch noch mal Stellen aufzeigen, an denen wir ggf. Präzisierungen vornehmen müssen.

In der Hoffnung, Ihre Anfrage zufriedenstellend beantwortet zu haben verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert, MdB