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Frage von Kenneth S. •

Frage an Sigmar Gabriel von Kenneth S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gabriel,

bekanntlich ist der Wunschkoalitionspartner der SPD im Fall eines Wahlsieges bei der bevorstehenden Bundestagswahl, die Partei "Bündnis90/Die Grünen".

Die Spitzenkandidatin der Grünen, Frau Göring-Eckhardt, hat in einem Interview mit der Bildzeitung folgendes gesagt:

Zitat:
Ich habe mal in einem Land gelebt, wo die politische Führung glaubte zu wissen, was für die Menschen gut ist. Deshalb ist mir diese Denkweise fremd. Als Gesellschaft brauchen wir aber Regeln. Regeln, damit wir nicht auf Kosten der Umwelt oder anderer Menschen leben.
Zitat Ende

http://www.bild.de/politik/inland/katrin-goering-eckardt/warum-laufen-den-gruenen-die-waehler-davon-frau-goering-eckardt-32062502.bild.html

Wenn ich mir aber die Programme der Partei der Grünen anschaue, dann sind es nicht Regeln, die von dieser Partei festgelegt werden wollen, sondern viel mehr Verbote, Einschränkungen und Bevormundungen. Siehe Liste der FDP Steinfurt:
http://www.fdpsteinfurt.de/downloads/Info-Gruene%20Verbotsliste.pdf

Kurz erwähnt seien hier:
Sonntags Fahrverbot für PKW`s, Motorrollerverbot, Plastiktütenverbot, Ölheizungsverbot, Limonadenverbot in Schulkantinen, Schnäppchenverbot, Billigfliegerverbot, etc.
Ich lese immer nur Verbot, Verbot, Verbot.....

Das klingt für mich nicht nach Regeln, sondern viel eher nach einem Vorschreiben, wie andere Menschen zu leben haben und somit genau das, was Frau Göring Eckardt im Interview abgelehnt hat.

Meine Frage an Sie lautet:
Inwiefern trägt die SPD diese nahezu unendlich lange Liste mit Verbotsforderungen des Wunschkoalitionspartners mit und wie stehen Sie zu diesen ständig neu auftauchenden Verbotsforderungen der Partei Bündnis90/Die Grünen?

Ich hoffe Ihnen hat der Besuch in Usingen am 28.08 gefallen.

Mit freundlichen Grüßen
Kenneth Smith

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Smith,

besten Dank für Ihre Frage.

Auch wir Sozialdemokratinnen und -demokraten wollen Verbote: Ein Verbot für alle, Steuern zu hinterziehen, ein Verbot für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, weniger als 8,50 Euro Lohn zu zahlen, ein Verbot von Rüstungsexporten in Krisenländer, ein Verbot von ungleichem Lohn für gleiche Arbeit, ein Verbot von Nahrungsmittelspekulationen - um nur mal ein paar Beispiele zu nennen.
Wir nennen das politisches Programm, denn es ist eine echte Alternative zu dem, was Schwarz-Gelb auf Bundesebene gerade macht!

Genauso will übrigens auch die FDP, die Sie hier als "Quelle" Ihrer angehängten grünen Verbotsliste zitieren, Verbote: Ein Verbot eines Mindestlohns, keine PKW-Maut (was ich ja sehr begrüße), keine Bürgerversicherung, ein Verbot der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige...

Sie sehen: Jede Haltung für etwas kann man mit ein bisschen bösem (oder gutem, das kommt auf die Sicht an) Willen als Verbot des Gegenteils deuten.
Lassen Sie sich hier nicht hinters Licht führen: Diesen angeblichen "grüne Verbote"-Diskurs inszeniert doch letztlich die FDP, um sich als wahre Bürgerrechtspartei, die die freiheitlichen Werte hochhält, gegen die Grünen zu profilieren.
Wieso aber ist es freiheitlicher, ein zweigeteiltes Gesundheitssystem zu haben, das für gesunde Wohlhabende eine attraktive private Versicherung bereithält, die aber, wenn diese Wohlhabenden älter und kränker werden, so hohe Beiträge fordert, dass nicht wenige privat versicherte Ältere unter der Last der Beiträge und dem nicht mehr möglichen Wechsel in die Gesetzliche nicht mehr ein noch aus wissen?
Das muss mir noch jemand erklären.

Dass auch wir mit den Forderungen der Grünen nicht immer auf einer Linie liegen, sehen Sie ja in unseren Wahlprogrammen; ich nenne nur das Beispiel Energiepolitik. Das werden sicherlich schwierige Aushandlungsprozesse in den Koalitionsverhandlungen. Trotzdem hoffe ich darauf, dass wir die Chance bekommen, gemeinsam zu koalieren. Denn die Schnittmenge ist mit den Grünen einfach am größten.
Und auch ich kann den Satz aus dem grünen Wahlprogramm unterschreiben (und nicht nur den): "Umweltschutz ist auch eine elementare Gerechtigkeitsfrage und die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe." Und fast all die in Ihrem FDP-Papier aufgeführten Beispiele sind ja umweltbezogen. Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir mit den vorhandenen Ressourcen so umgehen, dass auch unsere Kinder und Kindeskinder noch eine lebenswelte Umwelt vorfinden. Dass es dabei vernünftig und vor allem sozial gerecht zugeht - dafür werden wir Sozialdemokratinnen und -demokraten sorgen.

Außerdem bitte ich Sie: Schauen Sie doch mal selbst ins grüne Wahlprogramm, und sagen Sie mir, wo denn das mit dem Fahrverbot, dem Motorrollerverbot, dem Plastiktütenverbot oder dem Limonadenverbot steht. Ich kann das dort nämlich nicht finden.

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel