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Sebastian Brehm
CSU
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Frage von Florian H. •

Frage an Sebastian Brehm von Florian H. bezüglich Umwelt

Wie stehen Sie zum "tollen" #KohleEINstiegsgesetz, eigentlich "Kohleausstiegsgesetz", welches das BMWi im Schatten der Coronakrise durchboxen möchte? (https://www.bundestag.de/ausschuesse/a09/Anhoerungen/687048-687048)

Ich hoffe Sie und auch die anderen Mitglieder*innen des Bundestages stellen sich gegen dieses "Gesetz", was lediglich für RWE einen Nutzen hat, nämlich sehr viel Geld. Unsere Kinder und alle zukünftigen Generationen werden mit den Schäden, die daraus entstehen werden zu kämpfen haben.

Zur Info:
Diese Woche hat der Umweltrat, eine vom Bundestag bestellte Institution, eine CO2-Budgetrechnung für Deutschland aufgestellt, die besagt, dass wenn wir so weiter machen wie bisher ("Business-As-Usual") wir, gemessen an der Bevölkerungszahl Deutschlands, bis 2026 CO2-Neutral sein müssen!
Und selbst dieser Beitrag bringt uns "nur" eine 50%-ige Chance ein, das 1,5°-C-Ziel einzuhalten.
Quasi ein Münzwurf für das Überleben!?

Ich hoffe inständig, dass Sie weise und Zukunftsorientiert entscheiden werden.

Herzliche Grüße
F. H.
Ingenieur, Vater, Aktivist

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Antwort von
CSU

Antworttext:

Sehr geehrter Herr Henig,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht vom 19. Mai 2020, in der Sie sich mit dem Thema Kohleausstieg und den damit verbundenen Fragen befassen. Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen Ihnen zu antworten und entschuldige mich zunächst für die Verspätung.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Thema:

Im Sommer 2020 verabschiedete die Regierungsmehrheit aus CDU/CSU-Fraktion und SPD-Fraktion gemeinsam das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen und das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung (Kohleausstiegsgesetz). Diese Gesetzte basieren auf den Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Strukturkommission) vom Januar 2019. Mit diesem Gesetzespaket wird nicht nur der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung geregelt, sondern gleichzeitig Perspektiven für die vom Ausstieg betroffenen Regionen geschaffen und Vorkehrungen getroffen, dass eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung weiterhin gewährleistet ist.

Auf der einen Seite schafft das Strukturstärkungsgesetz Kohleregion den Rechtsrahmen für die strukturpolitische Unterstützung der vom vorzeitigen Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffenen Regionen und ist somit zentral für das Gelingen des Strukturwandels.

Das neue Investitionsgesetz Kohleregionen regelt in seinem ersten Teil die Finanzhilfen des Bundes für die betroffenen Länder gemäß Artikel 104b des Grundgesetzes. Diese sollen eine Höhe von bis zu 14 Milliarden Euro bis zum Jahr 2038 erreichen und unter anderem für Investitionen in wirtschaftsnahe Infrastruktur, in den Öffentlichen Personennahverkehr, die Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur sowie den Umweltschutz und die Landschaftspflege genutzt werden.

Im zweiten Teil des Investitionsgesetzes verpflichtet sich der Bund, Maßnahmen zugunsten der Braunkohleregionen in Bundeszuständigkeit zu fördern. Das Finanzvolumen hierfür beträgt bis zum Jahr 2038 bis zu 26 Milliarden Euro. Zu den geförderten Maßnahmen gehören etwa der Ausbau der Infrastruktur für den Schienen- und Straßenverkehr und die Ansiedlung und Verstärkung zahlreicher Forschungseinrichtungen. Die Bundesregierung setzt sich zudem das Ziel, Einrichtungen des Bundes in den betroffenen Regionen anzusiedeln und so bis zu 5000 Arbeitsplätze zu schaffen.

In einem Entschließungsantrag fordern die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung zudem auf, sich auf EU-Ebene für – zeitlich und regional begrenzte – Sonderregelungen zur Bewältigung des Strukturwandels in den Braunkohleregionen mit dem Ziel der Förderung von Unternehmensansiedlungen und der Schaffung von entsprechenden Anreizen für Investitionen einzusetzen.

Das Kohleausstiegsgesetz regelt den schrittweisen Reduktionspfad bis zum vollständigen Ausstieg aus der Kohleverstromung im Jahr 2038. Nach dem im Jahr 2011 beschlossenen Kernenergieausstieg ist dies der zweite gesetzlich festgelegte Ausstieg aus einem zentralen Teil der bisherigen konventionellen Energieerzeugung. Daher ist es für uns von zentraler Bedeutung, die gesetzlichen Grundlagen so festzulegen, dass eine sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung, die die Grundlage für den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland und damit für Millionen Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand darstellt, auch weiterhin gewährleistet ist. Vor diesem Hintergrund ist nun eine schrittweise Reduktion der Kohleverstromung mit festen Zieldaten in 2022 (jeweils 15 Gigawatt Steinkohle, Braunkohle), 2030 (8 Gigawatt Steinkohle, 9 Gigawatt Braunkohle) und 2038 (null Gigawatt) vorgesehen. Damit erfolgt der größte Schritt der Reduzierung schon bis zum Jahr 2022.

Die Reduzierung der Braunkohleverstromung erfolgt in Absprache mit den betroffenen Bundesländern durch gesetzliche Regelungen, flankiert von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Kraftwerksbetreibern. Danach geht das erste Braunkohlekraftwerk (BKW) Ende 2020 vom Netz, die letzten spätestens Ende 2038. In den Jahren 2026 und 2029 wird geprüft, ob Stilllegungszeitpunkt nach 2030 jeweils 3 Jahre vorgezogen und damit Abschlussdatum 2035 erreicht werden kann. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir im Rahmen des weiter voranschreitenden technologischen Wandels und durch eine zügige und zielgerichtete Umsetzung der Gesetzte und Projekte einen schnelleren Ausstieg zum Zeitpunkt 2035 erreichen können.

Der Ausstieg aus der Verstromung von Steinkohle erfolgt zunächst durch Ausschreibungen und anschließend durch gesetzliche Reduktionen. Die CDU/CSU-Fraktion konnte in den Gesetzesberatungen durchsetzen, dass diese Ausschreibungen gegenüber dem Regierungsentwurf um ein Jahr bis 2027 verlängert werden.

Ein Schwerpunkt der parlamentarischen Beratungen lag bei den Regelungen für die sogenannten junge Kohlekraftwerke, d.h. Kraftwerke, die nach 2010 in Betrieb genommen wurden. Diese erfordern eine gesonderte Betrachtung, weil die – oftmals kommunalen – Betreiber dieser Anlagen erst vor kurzer Zeit erhebliche Investitionen (in der Regel mehrere Milliarden Euro) getätigt haben. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich daher für eine angemessene, haushaltsfinanzierte Entschädigung für diese Anlagen ausgesprochen. In den Beratungen der Koalitionsfraktionen wurde nun vereinbart – auch und vor allem, um vorzeitige Wertberichtigungen zu vermeiden – in mehreren Evaluierungen (2022, 2026 und 2029) die besondere Situation der jungen Steinkohleanlagen regelmäßig zu überprüfen.

Vorrangiges Ziel ist es, zukunftsgerichtete Umrüstungen der Kraftwerke durch gezielte Förderprogramme anzureizen, insbesondere durch den Kohleersatzbonus nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) sowie zwei neu zu konzipierende Förderprogramme. Das eine Programm zielt auf die Förderung der treibhausgasneutralen Erzeugung und Nutzung von Wärme, das andere Programm auf die Umstellung bestehender Kraftwerke auf hocheffiziente und flexible Gas- oder Biomasseverstromung aus nachhaltiger Biomasse.

Unser gemeinsames energiepolitisches Ziel ist es, den Ausstieg aus der Kohleverstromung so zu gestalten, dass die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung gewahrt bleiben. Dafür bedarf es nicht nur eines effizienten und rechtssicheren Ausstiegs aus der Kohleverstromung, sondern auch des Einstiegs bzw. des Umstiegs in sichere, effiziente und klimafreundliche Kraftwerkstechnologien. Daher haben wir mit dem vorliegenden Gesetz auch die Rahmenbedingungen für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) deutlich verbessert.

Eine weitere wichtige Begleitmaßnahme ist die soziale Abfederung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung für ältere Beschäftigte. Hierzu wird im Gesetz die Zahlung eines umfassenden Anpassungsgeldes geregelt.

Im Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) werden die Ausbauziele angepasst: Im Jahr 2030 sollen 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Damit setzen wir die Vereinbarung des Koalitionsvertrags um. Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien flankiert damit den Kohleausstieg; beide Maßnahmen bilden eine Einheit. Gleichzeitig hat die CDU/CSU-Fraktion für Klarstellung gesorgt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien synchron mit dem Ausbau der Netze erfolgen muss, wie dies ebenfalls im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbart ist.

Wir sind überzeugt, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzespaket eine gute Grundlage für die Umsetzung der gewaltigen struktur- und energiepolitischen Aufgaben haben, die bis zum Jahr 2038 vor uns liegen. CDU und CSU setzen sich dafür ein, dass auf diesem Wege klimapolitische Notwendigkeiten und energie- und wirtschaftspolitische Vernunft Hand in Hand gehen.

Ich hoffe, dass meine Ausführungen zum Strukturstärkungsgesetz sowie zum Kohleausstiegsgesetz zur Aufklärung beigetragen haben. Ich teile Ansicht, dass wir alles unternehmen müssen die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Der Erhalt unserer Schöpfung ist ein Ur-christliches soziales Ziel.

Herzliche Grüße

Sebastian Brehm, MdB

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