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Sebastian Blumenthal
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Frage von Hendrik L. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Hendrik L. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

ich werde in diesem Jahr der FDP nicht mehr meine Zweitstimme geben, da ich ihr nicht mehr zutraue Bürgerrechte in einer schwarz-gelben Koalition ausreichend zu schützen. Meine absolute Mindestanforderung an eine Bürgerrechtspartei ist, dass diese keinen Koalitionsvertrag unterschreibt, in dem nicht die Vorratsdatenspeicherung abgeschafft wird. Dazu kann sich die FDP offensichtlich nicht durchringen, das ist mir zu beliebig.
Die FDP hat im Programm zwar viele gute Positionen zu Bürgerrechten, aber wenn man die aktuellen Äußerungen von Herrn Westerwelle verfolgt, wird deutlich, dass diese Positionen in Koalitionsverhandlungen auch als erste geräumt werden. Die Julis, denen ich mit Johannes Vogel da mehr zutrauen würde, stehen ja leider nicht auf dem Wahlzettel.

Zur Entscheidungsfindung für meine Erststimme bitte ich Sie um Beantwortung meiner etwas speziellen Frage, zu der Sie angesichts Ihres beruflichen Hintergrunds aber sicher eine Meinung haben:

Wie bewerten Sie das aktuelle Urheberrecht im Kontext der Digitalisierung und des Internets? Das FDP-Wahlprogramm ("Das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein") setzt offensichtlich auf die Durchsetzung des bestehenden Urheberrechts. Ich kann die Intention hinter dem Schutz des Urheberrechts gut vestehen, aber mir ist völlig schleierhaft, wie man gegen private Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgehen möchte, ohne als Kollateralschaden jegliche Privatheit der elektronischen Kommunikation abzuschaffen. Nicht einmal die monströse Vorratsdatenspeicherung, die die FDP ja ablehnt, wird angesichts von Technologien wie VPN, Anonymisierungsnetzwerken und Verschlüsselungsverfahren in der Lage sein, die massenhafte Missachtung des Urheberrechts einzudämmen.

Die Konzepte der Grünen und der Piratenpartei haben zwar auch ihre Schwächen, aber erscheinen mir im Gegensatz zur FDP zumindest die Realität anzuerkennen und gestalten zu wollen. Wie ist ihre Meinung?

Viele Grüße
Hendrik Lüth

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Lüth,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zum ersten Teil Ihrer Ausführungen möchte ich ebenfalls Stellung nehmen, auch wenn Sie sich bereits gegen die FDP in der Zweitstimme entschieden haben sollten. Wir haben uns im Bundestagswahlprogramm zur Vorratsdatenspeicherung (mit der Forderung nach Abschaffung) klar positioniert und auf dieser Grundlage ziehen wir in den Wahlkampf und dafür werde ich auch mit den Konservativen streiten. Die externen Interpretationen von Dr. Westerwelle, wie er was in einem Interview gemeint haben könnte und was in einem möglichen Koalitionsvertrag stehen wird, können derzeit nur Spekualtionen sein. Wenn wir uns an den Fakten orientieren, dann ist es die FDP Bundestagsfraktion sowie die Jungen Liberalen, die sich immer wieder für die Belange des Datenschutz und der Bürgerrechte einsetzen (S. Dazu Anfragen und Initiativen u.a. der MdB Max Stadler, Gislea Piltz). Des weiteren sind es Liberale, wie die ehemaligen FDP Minister Baum und Hirsch, die zusammen mit Rechtsanwälten und Journalisten gegen das BKA Gesetz (u.a. Onlinedurchsuchungen) Verfassungsklage eingereicht haben.

Die Bilanz der Grünen ist da eine ganz andere. Nie zuvor wurden Bürgerrechte so stark und massiv eingeschränkt wie unter Schily im rot-grünen Kabinet Schröder/ Fischer. Als Stichworte seien hier nur die sogenannten "Anti-Terror-Gesetze" I und II genannt. Schäuble scheint nun das vollenenden zu wollen, was dem ex Grünen Schily nicht mehr vergönnt war - und dagegen beziehen wir Freien Demokraten nachweislich Position. Dieses Handeln in der Regierungsverantwortung der Grünen ist keine 5 Jahre her und ich bin schon erstaunt, wie sich die Grünen nun als Bewahrer der Bürgerrechte wiederentdeckt haben. Selbst Ihr Beispiel des Großen Lauschangriff zeigt doch eher, wie inkonsequent die Grünen in der Regierungsverantwortung auftreten: Sabine Leutheuse-Schnarrenberger konnte die Entscheidung pro Lauschangriff nicht mit ihrer Überzeugung vereinbaren und trat als Bundesministerin zurück. Wann konnten wir soviel Konsequenz bei Fischer oder Trittin im Kabinet Schröder beobachten?

Zu Ihrer Frage an mich als Direktkandidat:
Ein Vorgehen gegen die Verletzung des Urheberrechts im Internet kann aus meiner Sicht auf keinen Fall mit dem Ansatz eines Generalverdachts gegen alle Nutzer ausgestaltet werden. Es kann nicht sein, dass der Staat oder von ihm beauftragte Institutionen massenhaft Verbindungsdaten der geschäftlichen und/ oder privaten Kommunikation sammeln, um diese dann auf eventuelle Verstöße zu prüfen. Eine Strafverfolgung kann nur gezielt und mit begründetem Anfangsverdacht erfolgen (Bsp. Bereitstellung/ Verbreitung von Daten, bei denen Verstöße des Urherberrechts vorliegen). Für mich gilt weiterhin der Grundsatz: Nicht der Staat gewährt seinen Bürgern Freiheit, sondern die Bürger gewähren dem Staat eine Einschränkung ihrer Freiheit. Das offensichtlich gestörte Verhältnis von Staat zur Gesellschaft und den Bürgern in den letzten 11 Jahren unter Grünen, SPD und CDU muss dringend korrigiert werden. Und gestatten Sie mir bitte die Anmerkung: Je stärker die FDP mit der Zweitstimme im Bundestag vertreten sein wird, desto konsequenter können wir bei einem möglichen Koalitionspartner CDU unsere Positionen vertreten.

Ich hoffe, mit meinen Antworten Ihre Themen und Fragen getroffen zu haben.

Viele Grüße

Sebastian Blumenthal