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Renate Künast
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manfred G. •

Frage an Renate Künast von Manfred G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Eigentumswohnung gekauft, Wohnfläche fehlt, Käufer haftet. Warum nicht der Verkäufer?

Sehr geehrte Frau Künast,

im Rahmen der Gespräche über Baumängel wurden wir gefragt, ob wir unsere Wohnfläche schon überprüft haben. Wir haben einen Sachverständigen mit der Überprüfung beauftragt. Die von uns bewohnte Wohnung war um 3,36 % und die im Nachbarblock war um 2,11 % kleiner. Das Aufmaß hat der Sachverständige jeweils in jedem Raum unterhalb der Wohnraumdecke genommen, sodass die korrekte Nutzfläche ermittelt wurde. Leider haben wir im guten Glauben einem Bauträgervertrag unterschrieben, der eine Toleranzgrenze von 2 % und den Hinweis auf die Wohnflächenverordnung beinhaltet.
Der Investor wollte uns die über der Toleranzgrenze liegende Fehlmenge ersetzen, sich das Geld aber bei der Baufirma wieder holen. Diese verwies auf die Wohnflächenverordnung, die Türschwellen und Mauereinlassungen zum Balkon etc. als Wohnfläche hinzuaddiert.
Da wir in den Notarverträgen die Berücksichtigung von Toleranzgrenze und Wohnflächenverordnung unterschrieben haben, konnte sich der Bauherr als Verkäufer schadlos halten. Die Haftung für fehlende Wohnfläche gegenüber Mieter und künftigen Käufer bleibt Dank dieser vertraglichen Regelungen beim Käufer. Ein Vertrag zwischen Bauherrn und Architekten, wonach dieser bei weniger angefallenen Baukosten ein zusätzliches Honorar bekommt, ist eine weitere Aufforderung zum Material sparenden Bauen auf Kosten des Käufers, der die fehlende Wohnfläche in der Regel gar nicht bemerkt.
Wir haben geglaubt, der Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen sieht hier wie wir eine gesetzliche Fehlentwicklung zu Lasten des unbeteiligten Käufers.
Vor einem Jahr haben wir deshalb die Obleute im Ausschuss informiert, später die Mitglieder und Stellvertreter. Leider war das zu unserer Enttäuschung eine falsche Annahme. Bis heute erfolgte keine Reaktion!
Zwei Landtagsabgeordnete haben uns empfohlen eine Petition im bayerischen Landtag einzureichen, die aus unserer Sicht überhaupt nicht beachtet wurde.
Für uns gewinnt die Frage immer mehr an Bedeutung, ob es an der Arroganz der Abgeordneten gegenüber dem Bürger liegt, ist es die Angst eine große Wählerschicht aus der Bauwirtschaft einschließlich Vertriebsgesellschaften zu verprellen? Selbst die im Vertrieb tätigen Sparkassen und Banken wollen davon nichts wissen, weshalb auch diese in die Haftung einbezogen werden sollten. In der Regel merkt erst ein Mieter, dass seine Quadratmeterzahl im Mietvertrag nicht stimmt, die Baufirma aber nicht mehr greifbar ist.
Der Verbraucherschutzverband WOHNEN IM EIGENTUM hat den Vorschlag gemacht am Ende der Bauphase die Wohnfläche zu überprüfen, damit hätte der Eigentümer, Vermieter und Mieter eine von allen Seiten anerkannte Wohn-/Nutzfläche.

Eine gesetzliche Regelung zum Schutz des Käufers würde dem Steuerzahler keinen Cent kosten.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara und Manfred Güntsch

P.S: Gerne senden wir Ihnen auch weitere Informationen (Petition, Literatur).

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Güntsch,
sehr geehrter Herr Güntsch,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die offenbar an mehrere GRÜNE Bundestagsbüros gerichtet wurde, die auch wir aber natürlich sehr gerne beantworten. Soweit wir es verstehen, geht es um Folgendes:

Nach Ihrer Darstellung wich bei Ihnen die tatsächlich feststellbare Größe der Wohnfläche Ihrer vom Bauträger erworbenen Wohnung negativ von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche ab. Ihr Vertragspartner hat, so wie wir Ihre Angaben verstehen, signalisiert, die über eine vereinbarte 2 %-tige Toleranz hinausgehende fehlende Wohnfläche finanziell auszugleichen. Sodann sprechen Sie weitere Einbußen durch die verringerte Wohnfläche im Zusammenhang mit einem nach dem Erwerb des Objekts abgeschlossenen Mietvertrags an.

In der Tat sind vereinbarte Wohnflächen auch nach unserer Wahrnehmung Beschaffenheitsmerkmale der aufgrund eines Erwerbervertrags vom Bauträger zu errichtenden Eigentumswohnung. Weicht die tatsächlich ausgeführte Fläche zum Nachteil des Erwerbers von der vereinbarten Fläche ab, liegt es nahe, dass die Wohnung grundsätzlich „mangelhaft“ ist – sodass Ihnen als Erwerber z.B. ein Minderungsrecht und/oder auch ein Schadensersatzanspruch zustehen kann. Wir verstehen insoweit Ihren Punkt.

Wie die Sach- und Rechtslage hinsichtlich des von Ihnen geschilderten Falles genau zu bewerten ist, können wir naturgemäß nicht beurteilen. Eine solche Beurteilung kann nur ein auf Bau- und Architektenrecht spezialisierte*r Rechtsanwalt*in nach voller Einsicht aller maßgeblichen Verträge und Unterlagen vornehmen. Dieser wird Ihnen auch aufzeigen, wie in zweckdienlicher Weise vorzugehen ist – soweit Sie eine solche Beratung nicht ohnehin schon in Anspruch genommen haben.

Den von Ihnen angesprochene Vorschlag haben wir allerdings gerne aufgenommen und wird geprüft, ob und ggf. wie wir diesen bei geeigneter parlamentarischer Gelegenheit nutzbar machen können. Wir werden das Thema weiterhin aufmerksam beobachten und insbesondere im Auge behalten, ob die Regierungskoalition an der Stelle handelt.

Mit freundlichen Grüßen

Team Renate Künast

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