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Renate Künast
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Frage von Götz V. •

Frage an Renate Künast von Götz V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Künast,

der unserem Wirtschaftssystem zugrunde liegende Mechanismus der Geldschöpfung bildet die Grundlage meiner Frage:

Geld wird in unserer Gesellschaft fast ausschließlich erschaffen, indem Schulden aufgenommen werden: Jedes Mal, wenn jemand bei einer Geschäftsbank einen Schuldschein unterschreibt (ein einzelner Mensch oder aber auch der Staat), wird Geld der gleichen Menge praktisch aus dem Nichts als Buchgeld neu geschaffen und in Umlauf gebracht.

Da die Schuldner aber sowohl diese Summe als auch die anfallenden Zinsen und Zinseszinsen zurückzahlen müssen, ist stets weniger Geld in Umlauf, als zurückgezahlt werden soll. Die Folge dieser Diskrepanz ist die Notwendigkeit, immer neue Schulden aufzunehmen, um die alten zu finanzieren.

Aus diesem Zusammenhang folgt sowohl der Wachstumszwang unseres Wirtschaftssystems, als auch die Zwangsläufigkeit von periodisch auftretenden Krisen wie der derzeitigen, weil diese ständig wachsenden Schuldenblasen irgendwann absurd groß werden und platzen müssen.

Die Frage an Sie:

Ist die hier geschilderte Praxis der Geldschöpfung durch Schuldenaufnahme im Zusammenhang mit der aktuellen Krise ein Thema für Sie persönlich oder in Ihrer Partei allgemein? Gibt es Stellungnahmen dazu?

Danke für Ihre Bemühungen und mit freundlichen Grüßen,

Dr. G. Vollweiler

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dr. Vollweiler,

vielen Dank für Ihre Frage.
Die lockere Zentralbankpolitik der vergangenen Jahre hat die Finanzmarktkrise begünstigt. Statt auf die Blasenbildung bei Immobilien und Finanzmärkten zu achten, haben sich die Zentralbanken zu sehr auf die angeblichen oder realen Inflationsgefahren konzentriert. Bis heute hat keine Zentralbank deutlich gemacht, wie sie ihre Politik künftig ändern will, damit die Finanzmärkte besser und zuverlässiger in ihre Politik mit einbezogen wird. Wir Grünen fordern an dieser Stelle eine gründliche Aufarbeitung und Neuorientierung.

Für uns Grüne ist klar: Es darf kein Zurück zum Zustand vor der Krise geben, wie es Angela Merkel fordert. Kurzfristiges Profitstreben ist letztlich verantwortlich für die Krise. Wir setzen nachhaltiges Wirtschaften dagegen, das auf soziale Gerechtigkeit, einen behutsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und ökologische Erneuerung setzt. Mit unserem Grünen New Deal haben wir eine durchdachte Idee vorgelegt, mit der wir die drei großen Krisen - Klima, Wirtschaft und globale Gerechtigkeit - gemeinsam bekämpfen wollen.

Sie sprechen in Ihrer Frage das Wachstums-Thema an. Wir Grünen setzen der blinden Wachstumseuphorie der anderen Parteien das zielgerichtete Prinzip der Nachhaltigkeit entgegen. Wachstum auf Kosten der nachwachsenden Generationen ist unethisch, kurzfristig und zerstörerisch. Deswegen wollen wir einen zurückhaltenden und effizienten Umgang mit den natürlichen Ressourcen in unserer Wirtschaft durchsetzen. Unser Einsatz für erneuerbare Energien ist nur ein Beispiel unter vielen, wie wir dieses Ziel erreichen wollen. In der Finanzmarktpolitik setzen uns für mehr nachhaltiges Investment ein, für Verbraucherschutz und Stabilität. Erst zu Beginn dieser Woche hat die Financial Times Deutschland die Grüne Finanzmarktpolitik explizit gelobt. Wenn Sie Interesse an der Finanzmarktpolitik der Grünen Bundestagsfraktion haben, schauen Sie doch mal unter www.gruene-bundestag.de --> Themen --> Finanzen vorbei. Über Ihr Interesse würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast

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