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Paul Lehrieder
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Frage von Wolf Michael K. •

Frage an Paul Lehrieder von Wolf Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lehrrieder,

Die Bertelsmann-Stiftung nimmt immer stärker Einfluß in gesellschaftspolitische Bereiche und bleibt trotz ihrer starken Verpflechtung mit dem Bertelsmann-Konzern weitestgehend steuerfrei (Siehe NachDenkSeiten und Wikipedia). Sie selbst sind vielleicht auch schon von dieser Stiftung beraten worden, in Ihrer Heimatstadt Würzburg hält arvato, eine Tochter des Bertelsmann-Konzerns, Einzug in die behördlichen Abläufe. Wann kann mit einer Aberkenung der Gemeinnützigkeit der Bertelsmann-Stiftung gerechnet werden?

Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kröger,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema "Bertelsmann-Stiftung".

Einen so starken Einfluss auf den gesellschaftspolitischen Bereich, wie von Ihnen vermutet, hat die Bertelsmann-Stiftung nicht. Die Vorstellung, dass einzelne Gruppierungen oder Institutionen z. B. die durchaus selbstbewussten Mitglieder des Deutschen Bundestages und den Bundesrat manipulieren ist nach meiner Erfahrung als Parlamentarier mehr als abwegig.

Davon abgesehen wird es künftig klare eindeutige Verbotsbereiche und umfassende Transparenz bei der Mitarbeit von Externen in den Bundesbehörden geben. Dies hat der Haushaltausschuss des Deutschen Bundestages am 4. Juni 2008 mit großer Mehrheit beschlossen. Die bisherige auch vom Bundesrechnungshof und der Union in der Vergangenheit mehrfach gerügte Verwaltungspraxis in den Ministerien wird damit beendet. Kein Bürger muss künftig Sorge haben, dass Gesetze wesentlich von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften mitgeschrieben werden. Im Einzelnen erwartet der Haushaltsausschuss von der Bundesregierung, dass klare Verbotsbereiche des Einsatzes externer Personen definiert werden, z.B. kein Einsatz bei der Formulierung von Gesetzesentwürfen, in Leitungs- oder Kontrollbereichen sowie in sensiblen Bereichen, wie der öffentlichen Auftragsvergabe. Ferner soll ein Einsatzverbot von externen Personen gelten, wenn zu deren Unternehmen in den letzten zwei Jahren Geschäftsbeziehungen unterhalten wurden.
Zur Schaffung umfassender Transparenz dient u.a. die Kenntlichmachung der externen Personen bei allen innerdienstlichen und außerbehördlichen Kontakten, damit der Anschein von Interessenkollisionen von vornherein ausgeschlossen wird. Ferner soll künftig dem Haushaltsausschuss halbjährlich über die Beschäftigung von externen Personen umfassend berichtet werden. Auch die Veröffentlichung der Angaben auf den Behördeninternetseiten wird angeregt.
Diese Forderungen der Unionsfraktion sollte die Bundesregierung bei der verbindliche Verwaltungsvorschrift an die Behörden, die in Kürze erlassen werden soll, mit berücksichtigen.

Mit dem Beschluss des Haushaltsausschusses werden grundsätzliche Bedenken vieler Abgeordneter in der CDU/CSU-Fraktion aufgegriffen, auch von mir. Bereits in der Vergangenheit ist das Thema mehrfach in den parlamentarischen Gremien erörtert worden. Dabei bestand in der Unionsfraktion immer weitgehend Einigkeit, klare Grenzen für den Einsatz Externer zu ziehen. Keine Frage: Einsätze von Externen, die Zweifel an der staatlichen Neutralität aufkommen lassen, sind nicht akzeptabel. Einsätze in Bereichen mit dem Risiko von Interessenkonflikten sowie materielle und fachliche Abhängigkeiten müssen ausgeschlossen sein und umfassende Transparenz geschaffen werden. Dies war schon zu rot-grünen Zeiten eine Kernforderung der Union.

Mit einem völligen Verbot der Beschäftigung Externer in den Bundesbehörden allerdings würde man über das Ziel hinausschießen. Denn auf der einen Seite kann der Personalaustausch mit Wirtschaftsunternehmen und Verbänden in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein, um den Beschäftigten Einblicke in die Entscheidungsabläufe der jeweils anderen Stelle zu vermitteln und so ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Wirtschaft und Verwaltung sollen und können so voneinander lernen -- im positiven Sinne. Hinzu kommt, dass manchmal temporär externer Sachverstand für spezifische Bereiche erforderlich sein kann. Diese Möglichkeit ist vor allem in Bereichen mit besonders spezifischen technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung.

Das eigentlich zentrale Anliegen vieler, nämlich transparente Wege zu externem Sachverstand und die Offenlegung der Informationen über die Beschäftigung Exter-ner in den Ministerien, lässt sich über klare, einheitliche und verbindliche Regelungen zum Einsatz von Personen aus Wirtschaftsunternehmen und Verbänden erreichen, wie wir sie jetzt beschlossen und der Bundesregierung anempfohlen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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