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Paul Lehrieder
CSU
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Frage von Jennifer H. •

Frage an Paul Lehrieder von Jennifer H. bezüglich Familie

Die Kindertagespflege ist, mit ca. 150.000 Betreuungsplätzen, ein wichtiger Bestandteil der Kinderbetreuung in Deutschland. Fast 45.000 Kindertagespflegepersonen ermöglichen diese Art der Betreuung und retten derzeit so manche Kommune vor einer Klagewelle.
Laut aktueller Studien steigt die Qualifikation der Kindertagespflegepersonen stetig und die Anzahl der betreuten Kinder nimmt zu, was darauf schließen lässt, dass die Kindertagespflegepersonen diesen Beruf hauptberuflich ausüben und auch davon leben wollen.

Im SGB VIII § 23 steht leider immer noch, dass eine Kindertagespflegeperson eine Anerkennung für ihre Förderleistung bekommen muss, was von unterschiedlichen Gerichten so ausgelegt wird, dass gar keine richtige Bezahlung nötig ist. So ist es 2017 in Deutschland möglich, dass selbstständige Kindertagespflegepersonen oft 50 Stunden pro Woche arbeiten und Betreuungsplätze für Kinder bieten, sie aber vom Jugendhilfeträger nicht ausreichend bezahlt werden. Ein Leben vom Beruf der Tagesmutter oder dem Tagesvater ist vielerorts nicht möglich.

Wie wollen Sie die Kinderbetreuung, insbesondere die Kindertagespflege fördern?

Wie kann aus Sicht Ihrer Partei die Wahlfreiheit für Eltern (§ 5 Abs. 1 SGB VIII) zwischen den Angeboten von Kita und Kindertagespflege gestärkt werden, insbesondere für die Betreuung von Kindern über drei Jahren?

Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, die sog. „Anerkennung der Förderungsleistung“, also die Vergütung der Kindertagespflegepersonen, bundesweit so anzuheben, dass sie leistungsgerecht und auskömmlich ist?

Was sagen Sie zum Modell der leistungsgerechten Bezahlung vom Bundesverband für Kindertagespflege? Ist das eine Möglichkeit die Kindertagespflegepersonen fair zu bezahlen? Ist dies in der Praxis umsetzbar und vor allem bezahlbar? https://www.bvktp.de/files/bvktp-broschu__re_modell_zur_vergu__tung.pdf

Viele Grüße aus Gerbrunn

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau H.,

da wir uns persönlich kennen, wir regelmäßig in Kontakt stehen und ich Ihre Petition („Der Deutsche Bundestag möge beschließen, das SGB VIII hinsichtlich der Kindertagespflege zu novellieren und den heutigen Bedürfnissen der Kindertagespflegepersonen, der Kinder und deren Familien anzupassen: Hierfür ist es erforderlich, Mindeststandards in Bezug auf Ausbildung, Bezahlung und Rahmenbedingungen festzulegen, die die Gleichstellung gegenüber den Kitas berücksichtigt. Wir fordern die Anerkennung als Beruf und eine leistungsgerechte Vergütung, die existenzsichernd ist.") im letzten Jahr in den Räumen des Deutschen Bundestags persönlich entgegen genommen habe, bin ich ein wenig verwundert, dass Sie diesen Weg der Kommunikation gewählt haben.

Eine gute Kinderbetreuung sowie frühe Förderung für alle Kinder gehören zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben in Deutschland. Damit junge Menschen ihren Wunsch nach Kindern auch verwirklichen können, sind bedarfsgerechte Betreuungsangebote, gute Qualität und Trägervielfalt eine wichtige Voraussetzung. Dabei spielt die Kindertagespflege als besonders flexible und familiennahe Betreuungsform eine zentrale Rolle. Sie soll weiter professionalisiert werden, indem insbesondere die Qualifikation und Vergütung von Tagespflegepersonen weiterentwickelt werden.
Gemeinsames Ziel von Bund, Ländern und Kommunen ist, bundesweit ein bedarfsgerechtes und qualitativ gutes Angebot an Betreuungsplätzen insbesondere für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Denn seit dem 1. August 2013 hat jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kita oder in Kindertagespflege. Länder und Kommunen haben bereits erhebliche Anstrengungen unternommen, um ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen einzurichten.

Auch im Petitionsausschuss herrscht Einigkeit über die Wichtigkeit einer weiteren Aufwertung der Kindertagespflege. Dieses Ziel wird auch im Rahmen des Bund-Länder-Qualitätsentwicklungsprozesses weiter verfolgt. Das BMFSFJ unterstützt die Aktivitäten der Länder und Kommunen fachlich, rechtlich und finanziell. Damit setzt das BMFSFJ den Auftrag des Koalitionsvertrages um (S.69: "Wir wollen die Kindertagespflege und ihr Berufsbild weiter stärken.").
Viele Eltern schätzen die kleinen Gruppen und die stabilen Bezugspersonen in der Kindertagespflege. Das Bundesfamilienministerium trägt mit dem Bundesprogramm „Kindertagespflege: Weil die Kleinsten große Nähe brauchen" dazu bei, die pädagogische Arbeit der Tagesmütter und Tagesväter sowie die strukturelle Qualität in der Kindertagespflege weiterzuentwickeln. Für die bessere Qualifizierung von Tagesmüttern und Tagesvätern hat das Deutsche Jugendinstitut das „Kompetenzorientierte Qualifizierungshandbuch“ entwickelt. Damit erfolgt eine Erweiterung der Qualifizierung von Kindertagespflegepersonen auf 300 Unterrichtseinheiten (anstelle 160 Unterrichtseinheiten nach dem bisherigen Curriculum). Gleichzeitig kann damit auch die begleitende Fachberatung nachhaltig gestärkt werden. Von 2016 bis 2018 werden rund 30 Modellkommunen über drei Jahre mit insgesamt 21 Millionen Euro unterstützt. Die Modellstandorte werden jeweils mit bis zu 200.000 Euro pro Jahr gefördert.
Wie Sie wissen, ist dem BMFSFJ die Förderung der Kindertagespflege ein wichtiges Anliegen. Über das genannte Aktionsprogramm Kindertagespflege wurde besonders der quantitative Ausbau unter Einbezug des Modells der Festanstellung gefördert. Weiterhin wird der Bundesverband Kindertagespflege als zentrales Organ infrastrukturell gefördert und kann so die Interessen der Kindertagespflege bundesweit auf allen Ebenen vertreten.

In meiner Email zum Thema "Bundesfördergelder" vom Mai dieses Jahres hatte ich Ihnen den Hinweis gegeben, nähere Informationen zur Ausgestaltung des Investitionsprogramms „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017-2020 beim für den Freistaat Bayern zuständigen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration in Erfahrung zu bringen, da die Länder das vierte Investitionsprogramm – wie auch die drei vorangegangenen Programme – in eigener Zuständigkeit vollumfänglich selbst umsetzen werden. Dies betrifft auch die Entscheidung zur regionalen Verteilung der Mittel, dem Schwerpunkt der Förderung bezogen auf Kita oder Kindertagespflege oder auch die möglichen Zuwendungsempfänger. Daher variieren die Regelungen zur Umsetzung der Investitionsprogramme auch von Land zu Land.

Im Januar 2016 ist das Bundesprogramm „KitaPlus: Weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist“ gestartet. Von Beginn der Betreuung bis in den Schulhort werden zusätzliche, am Bedarf der Familien ausgerichtete, Betreuungsangebote in Hort- und Kindertageseinrichtungen sowie in der Kindertagespflege geschaffen. Das bedeutet nicht, dass Kinder länger betreut werden, es geht vielmehr darum, eine Betreuung zu anderen, dem Bedarf der Familien entsprechenden Zeiten, anzubieten. Das Kindeswohl steht dabei immer an oberste Stelle.
Das Projekt richtet sich an Eltern, insbesondere Alleinerziehende und Schichtarbeitende, Berufsrückkehrende, Selbstständige sowie Berufsgruppen, deren Arbeitszeiten in den frühen Morgen- und späten Abendstunden, an Wochenenden oder Feiertagen liegen. Gleichzeitig profitieren auch junge Familien, in denen Mütter und Väter durch Ausbildung oder Studium zeitlich sehr eingespannt sind, vom Bundesprogramm. Grundsätzlich soll Eltern die Berufstätigkeit bzw. die Aufnahme einer Berufstätigkeit besser ermöglicht werden.
Um eine Förderung zu erhalten, müssen interessierte Kitas, Horte und Kindertagespflegestellen den lokalen Bedarf beschreiben sowie eine allgemeine Projektkonzeption für die erweiterten Öffnungszeiten vorlegen. Zusätzlich wird ein qualitativ gutes pädagogisches Konzept benötigt, das zum Beispiel einen festen Tagesablauf, einen Betreuungsrahmen, abgesprochene Bring- und Abholzeiten, Ausgleichszeiten und eine individuelle Eingewöhnungsphase festlegt. Auch ein enger Kontakt zur Familie ist wichtig und muss in die Konzeptionen einfließen.
Der Bund stellt von 2016 bis Ende 2018 insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Neben Personalmitteln kann unter anderem auch die Ausstattung, die für die Umsetzung des erweiterten Angebots erforderlich ist, gefördert werden. Kinderbetreuungseinrichtungen können Fördermittel bis zu 200.000 Euro im Jahr und Tagespflegepersonen bis zu 15.000 Euro jährlich erhalten. Nach Informationen des BMFSFJ wurden Sie durch die Servicestelle des Bundesprogramms „KitaPlus“ über die Bewerbungsfrist und die Fördermodalitäten informiert.

Das Aktionsprogramm Kindertagespflege ist seit Dezember 2015 beendet. Lückenlos hat zum 1. Januar 2016 das Bundesprogramm "Kindertagespflege: Weil die Kleinsten große Nähe brauchen" begonnen mit einer Laufzeit bis Dezember 2018. Die Weiterentwicklung der Qualifizierung von Tagespflegepersonen ist angesichts der gesetzlichen Gleichrangigkeit des Angebotes mit der institutionellen Kindertagesbetreuung unerlässlich. Das Deutsche Jugendinstitut hat deshalb ein "Kompetenzorientiertes Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege" (QHB) entwickelt, das einen Qualifizierungsumfang von 300 Unterrichtseinheiten zuzüglich Praktika und Selbstlerneinheiten vorsieht.
Mit den Programmmitteln im Umfang von bis zu 7,5 Millionen jährlich setzen rund 30 Kommunen einen regionalen Entwicklungsplan um. Dieser umfasst die Einführung des QHB beziehungsweise die Ergänzung bestehender Qualifizierungen sowie die Vertiefung von Kooperationen zwischen Kitas und Kindertagespflege. Daneben können die Fördermittel für unterschiedliche Module wie unter anderem Inklusion in der Kindertagespflege, Qualifizierungen für Fachberaterinnen und Fachberater oder auch die Qualitätsentwicklung in der Fachberatung eingesetzt werden.
Mit einer "Online-Beratung Kindertagespflege" besteht darüber hinaus ein Serviceangebot für Tagesmütter und Tagesväter, für Eltern und für diejenigen, die Fragen zur Umsetzung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Kindertagespflege haben.

Der Gesetzgeber hat in §23 Abs.2a Satz 2 SGB VIII im Rahmen des KiföG geregelt, dass die Förderungsleistung der Kindertagespflegepersonen leistungsgerecht auszugestalten ist.
Wie Sie bereits wissen, fällt die Vergütung in die Zuständigkeit der Kommunen. Den Begriff "Anerkennungsbetrag" gegen den Begriff "Vergütung" im SGB VIII auszutauschen, wurde auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppen Rechtsfragen in der Kindertagespflege erörtert und wurde grundsätzlich von allen Beteiligten befürwortet. Bevor diese Formulierung in ein Gesetz eingehen kann, müssen die rechtlichen Konsequenzen, die daraus erwachsen können, gründlich geprüft werden.

Bei weiteren Fragen können Sie mich - wie in der Vergangenheit - auch über meine Mailadresse erreichen.

Mit freundlichen Grüßen nach Gerbrunn

Paul Lehrieder, MdB

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