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Norbert Barthle
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Frage von Tobias Z. •

Frage an Norbert Barthle von Tobias Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Barthle,

mit Interesse habe ich auf Kabel 1 den Bericht über den Bundestag verfolgt, in dem Sie auch zu Wort kamen.

Dort sagten Sie, falls ein Antrag sinnvoll sei, würde diesem -egal von welcher Partei er käme- "selbstverständlich" zugestimmt.

Warum haben Sie (oder falls Sie nicht anwesend waren, die CDU) dann gegen den "Wasser ist Menschenrecht" Antrag der Linken gestimmt?

Sie merken an meiner Fragestellung, dass es mir sehr sinnvoll erscheint gegen eine Wasserprivatisierung zu stimmen. Wasser ist ein Menschenrecht und kein Marktgut, auch wenn es Firmen wie Nestle gerne als Lebensmittel mit einem Preislabel versehen würden. Wenn man diese Firmen auf mögliche Probleme anspricht hieß es dann "der Markt würde es schon regeln". Leuten die eine solch naive Aussage zu heutigen Zeiten noch treffen wollen Sie tatsächlich die Entwicklung unseres Wassers in die Hände legen?

Ich bin mal gespannt, wem sich diese Börsennotierten Firmen bei Problemen oder ähnlichem eher verpflichtet fühlen - ihren Aktionären oder dem Wohl der Bevölkerung.

Ich sehe es in der Pflicht der Politik das Volk vor solch einem Schaden zu bewahren. Mit Ablehnen des Antrags, sind Sie dieser Pflicht nicht nachgekommen.

Warum haben Sie diesen Antrag abgelehnt, obwohl Sie von sich behaupten, ein sinnvoller Antrag würde angenommen - egal von welcher Partei?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Zetzmann,

zunächst einmal finde ich es lobenswert, daß Sie zu so später Stunde noch spannende Dokumentationen schauen; die Quote war nicht so berauschend, wie ich vom Sender hörte...

Zum Thema:
Sie haben recht, ich habe den Antrag der Linksfraktion abgelehnt. Er war - wie fast immer - zu radikal, denn er hätte jegliche Privatisierung der Wasserversorgung verboten. Das wollen wir nicht, wir sind - wie fast immer - für Wahlfreiheit, für das Recht der Kommunen, selbst zu entscheiden. Es gibt Kommunen in Deutschland, die erfolgreich ihre Wasserversorgung privatisiert haben und heute zu geringeren Kosten eine mindestens gleich gute Qualität wie vorher liefern. Wir wollen keine Pflicht, gut funktionierende Lösungen abzuwickeln.

Zusammen mit vielen Kollegen habe ich jedoch in einer "Persönlichen Erklärung" gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages meine Vorbehalte gegenüber der EU-Konzessionsrichtline deutlich gemacht. Sie finden sie folgend im Wortlaut:

"Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und ich persönlich sprechen sich ausdrücklich gegen jegliche Privatisierungs- oder Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung aus. Dienstleistungskonzessionen berühren viele Leistungen der Daseinsvorsorge. Schon heute ist die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein rechtsfreier Raum. Die europäischen Regeln sehen vor, dass die Konzessionsvergaben unter Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der Transparenz zu erfolgen haben. Das stellt auch der Europäische Ge-richtshof in seinem Urteil vom 10. März 2011 klar. Die im ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission für eine Konzessionsrichtlinie vorgeschlagene europaweite Ausschreibungsverpflichtung würde nicht nur zu einer erheblichen Einschränkung der Handlungsspielräume der kommunalen Selbstverwaltung führen, sondern auch de facto zu einer Liberalisierung insbesondere der Wasserversorgung in Deutschland durch die Hintertür. Damit würden bewährte, gewachsene Strukturen zerstört werden. Dies ist im Interesse der Menschen in Deutschland nicht akzeptabel. Die EU-Kommission hat ihre Kompetenzen mit der Vorlage dieses Richtlinienvorschlags klar überschritten. Ein Verstoß gegen das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Art. 5 Abs. 3 verankerte Subsidiaritätsprinzip ist aus meiner Sicht evident.

Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat sich daher auch gegenüber der Bundesregierung wiederholt dafür eingesetzt, bei den Verhandlungen auf EU-Ebene dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Konzessions-Richtlinie keine Abstimmungsmehrheit zu verschaffen oder zumindest darauf hinzuwirken, dass der sensible Bereich der Wasserversorgung aus einer solchen Regelung ausgenommen bleibt.

Der massive Druck auf die EU-Kommission, die geplante Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung fallenzulassen, hat nun endlich Wirkung gezeigt. EU-Kommissar Barnier hat in der vergangenen Woche eine grundlegende Überarbeitung der bisherigen Kommissionspläne zur Wasserversorgung angekündigt. In der Sitzung des Binnenmarktausschusses des Europäischen Parlaments am 21. Februar 2013 hat der Kommissar erklärt, dass bei der Entscheidung über die Ausschreibungspflicht bei einem Mehrsparten-Stadtwerk die Wasserversorgung zukünftig getrennt von anderen Sparten (z.B. der Stromversorgung oder der Abfallentsorgung) betrachtet werden kann. Die Wasserversorgung müsste dann nur noch in solchen Fällen ausgeschrieben werden, in denen das kommunale Unternehmen weniger als 80% seiner Wasserdienstleistungen für die Gebietskörperschaft erbringt.

Dieses Einlenken der Kommission ist nicht zuletzt Ergebnis der beharrlichen Bemühungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach wie vor gilt aber, dass eine europaweite Ausschreibungspflicht bei der öffentlichen Wasserversorgung zu verhindern ist. Bewährte Versorgungsstrukturen in Deutschland dürfen nicht zerschlagen und die erstklassige Qualität der Wasserversorgung darf nicht gefährdet werden.

Der neue Vorschlag von Kommissar Barnier ist ein Schritt in die richtige Richtung, auf dem in den weiteren Verhandlungen in Brüssel aufgebaut werden muss. Wir zählen auf Barniers Wort, dass die Besonderheiten der interkommunalen Zusammenarbeit in Deutschland berücksichtigt werden. Jetzt steht die Bundesregierung in den anstehenden Trilog-Verhandlungen in besonderer Verantwortung."

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Beitrag aus der "Zeit", der nicht zu unrecht von einer "Wasserlüge" spricht ( http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-02/wasser-stadtwerke-privatisierung-eu-kommission/komplettansicht ).

Mit freundlichen Grüßen nach Oberursel

Ihr Norbert Barthle