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Norbert Barthle
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Frage von Andrea S. •

Frage an Norbert Barthle von Andrea S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Barthle,

Ich bin fassungslos, besorgt und ärgerlich darüber, dass die neue Bundesregierung nun tatsächlich wieder Atomexporte (soeben für das AKW Angra in Brasilien bewilligt) mit staatlichen Mitteln in Milliardenhöhe verbürgt. Dem haben Sie im Haushaltsausschuss selbst zugestimmt und Areva/Siemens eine Bürgschaft in Höhe von 2,5 Mrd. Euro verschafft. Die Abschaffung des Ausschlusskriteriums für Atomexporte sollte offensichtlich ohne parlamentarische, geschweige denn öffentliche Aufmerksamkeit stattfinden. Es wurden keine Experten oder NGOs angehört. Dabei war der seit 2001 geltende Ausschluss ein sinnvoller Schutz vor Atomprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern, die erhebliche Risiken aufweisen und die ohne staatliche Hilfe nur schwer eine Finanzierung finden. Dieser Schutz ist nun dahin.

Ich bin schwer irritiert, wie passt das zusammen?
Wieso wird von Regierungsseite behauptet, Atomkraft sei eine Brückentechnologie, bei uns sollen nur die "sicheren" AKW weiterlaufen dürfen, etc. und dann andererseits in einem Land wie Brasilien, diese Technologie mit Reaktoren der "alten Generation" mit staatlichen Mitteln gefördert?
Arbeitsplätze? Areva/Siemens gehört nachweislich zu den Firmen, die in den letzten Jahren mit die meisten Arbeitsplätze in Deutschland gestrichen und ins Ausland verlagert haben! Das AKW in Brasilien liegt in einem Erdbebengebiet und nur wenige Kilometer von einer Millionenstadt entfernt; es wäre hier bei uns sicher NICHT GENEHMIGUNGSFÄHIG. Oder ist Brasilien einfach weit genug weg?

Warum, wenn die Regierung immer wieder betont, dass sie die "Erneuerbaren entschieden voranbringen" will, legt sie nicht ein Exportförderprogramm für Erneuerbare auf? Die Erneuerbaren haben doch längst bewiesen, dass sie ein Jobmotor, besonders für den Mittelstand sind.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Soth

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Soth,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wie Sie wissen, hat sich der Haushaltsausschuss inzwischen mit dem Thema befasst und mehrheitlich dem Antrag zugestimmt. Die Diskussion war - trotz anstehender Haushaltsberatungen für den 2010er-Etat - sehr gründlich und ausführlich. Die kritischen Nachfragen der Ausschussmitglieder wurden zu unserer Zufriedenheit beantwortet.

Zusammenfassend kann ich sagen, daß sich die Mitglieder der Koalition von folgenden Überlegungen leiten ließen:

Ausgangspunkt ist die Koalitionsvereinbarung:

"Die Entscheidungsverfahren für die Garantien für Exportkredite, Investitionen und ungebundene Finanzkredite werden beschleunigt und vorrangig an der Sicherung des Standortes Deutschland und der Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung im Inland ausgerichtet. Einzelentscheidungen und Deckungspolitik werden an den international vereinbarten Regeln und Leitlinien ausgerichtet. Diese werden zur Sicherung fairer Bedingungen im internationalen Wettbewerb weiterentwickelt. Für den Umweltbereich sind die OECD-Umweltleitlinien alleiniger Maßstab bei der Prüfung von Anträgen auf Exportkreditgarantien."

Daraus folgt:

* Exportkreditgarantien sind ein Instrument der Wirtschaftsförderung im internationalen Wettbewerb.
* Sie sichern deutsche Exporteure und Export finanzierende Banken insbesondere gegen Zahlungsrisiken ab.
* Die internationalen Wettbewerber der deutschen Exporteure verfügen in ihren Ländern über vergleichbare Absicherungsmöglichkeiten.
* Es ist daher entscheidend, in diesem Bereich in enger internationaler Abstimmung vorzugehen.
* Für die Berücksichtigung ökologischer, sozialer und entwicklungspolitischer Belange wurden im OECD-Rahmen einheitliche
Umweltleitlinien entwickelt.
* Weitergehende nationale Regelungen würden deutsche Exporte im internationalen Wettbewerb erheblich beeinträchtigen, ohne Verbesserungen in den Bestellerländern erreichen zu können, da die Besteller in der Regel ohne Weiteres auf Angebote aus anderen Ländern zurückgreifen können.
* Die vor Vereinbarung der OECD-Umweltleitlinien national entwickelten deutschen Umweltleitlinien sind durch die inzwischen international vereinheitlichten Regelungen überholt und werden nicht mehr angewandt.
* Dementsprechend richtet sich der Interministerielle Ausschuss bei seinen Entscheidungen nach den OECD-Umweltleitlinien und wendet diese unmittelbar an.
* Dies gilt auch für deutsche Lieferungen und Leistungen, die für Nuklearanlagen im Ausland bestimmt sind. Auch hier gilt, dass eine Verweigerung von Exportkreditgarantien nur dazu führen würde, dass deutsche Exporteure sich im internationalen Wettbewerb nicht mit wettbewerbsfähigen Risikoabsicherungen und Finanzierungsangeboten beteiligen können, ohne dass dies auf die Entscheidung über die Errichtung von Nuklearanlagen im Ausland einen Einfluss hätte.
* Selbstverständlich werden die OECD-Umweltleitlinien auch für Exporte angewandt, die für Nuklearanlagen bestimmt sind.

Mit freundlichen Grüßen nach Sassendorf

Ihr Norbert Barthle