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Nadja Sthamer
SPD
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Frage von Sina S. •

Wieso kommt eine (unbefristete) Impfpflicht als letztes Mittel in der Endemie-Bekämpfung infrage, wenn Daten zur Frauengesundheit fehlen und die C-Impfung wenig Fremdschutz bietet?

Welche alternativen Maßnahmen gibt es, die Intensivstationen und das Gesundheitssystem zu entlasten?
Warum werden Pflegefachkräfte nicht in den Beruf aktiv zurückgeholt?
Wann ist mit besseren Impfstoffen zu rechnen?
Welche Rolle spielt der Einsatz von Medikamenten?
Gibt es Ansätze, frühzeitig Corona-Infizierte ambulant statt stationär zu behandeln?

Quellen:
www.frauenaerzte-im-netz.de (Bundesverband der Frauenärzte)
www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/COVID-19?s=&p=1&n=1&nid=129426
www.aerztezeitung.de/Politik/Allgemeine-Impfpflicht-Ethikexpertinnen-eher-skeptisch-425085.html

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Vielen Dank für Ihre Frage. 

Über eine allgemeine Impfpflicht wird der Deutsche Bundestag zeitnah unter Einbeziehung wissenschaftlicher Expertise und einer Einschätzung des Ethikrates beraten. Persönlich ist die Impfpflicht für mich das letzte Mittel, welches wir als Gesellschaft im Kampf gegen Corona einsetzen sollten. Daher werde ich besonders darauf achten, dass wirklich keine anderen Maßnahmen greifen würden. Auch muss diese allgemeine Impfpflicht hohe verfassungsrechtliche Hürden nehmen. Sie können sich sicher sein, bevor ich dieser Impfpflicht zustimme müssen die Medizinischen-, Ethik- u. Rechtsgutachten, welche wir als Regierungsfraktionen einholen werden, die Impfpflicht als tragbare und belastbare Lösung darstellen. Sollte die Mehrheit der Gutachten zum Ergebnis kommen, eine allgemeine Impfpflicht ist sowohl rechtlich als auch ethisch nicht durchführbar, werde ich einer Einführung nicht zustimmen.

Persönlich hätte ich mir auch gewünscht, dass wir diesen Winter gelassener in die Feiertage starten könnten. Wir Corona so weit zurückgedrängt haben, dass wir uns wieder ohne Maske begegnen können. Leider ist dies nicht möglich. Das Gesundheitssystem ist am Limit, da die hohe Anzahl Ungeimpfter die Intensivstationen überfordert. Auch gefährden Ungeimpfte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sich selbst und die Personen im näheren Umfeld. Eine Impfung schützt zwar nicht zwangsläufig vor einer Infektion. Diese Erfahrung durfte ich selber machen. Jedoch schützt die Impfung mit einer sehr, sehr hohen Wahrscheinlichkeit vor einem schweren, gar tödlichen Verlauf einer Infektion.

Gleichwohl müssen wir uns als Gesellschaft mit den Long Covid-Folgen auseinandersetzen. Diese können selbst bei einer leichten Infektion auftreten. Hierzu braucht es jedoch verfügbare Kapazitäten im Gesundheitswesen. Das führt uns wieder zur Impfquote... Sie sehen: Wir müssen an einem Punkt ansetzen und handeln, wenn wir aus dem Kreislauf der Corona-Wellen mit ihren vielen Toten ausbrechen wollen.

Im Übrigen wird in Deutschland ein Impfstoff nur dann zugelassen, wenn er alle drei Phasen des klinischen Studienprogramms erfolgreich bestanden hat. Diese nationalen und internationalen Qualitätsstandards gelten wie bei allen anderen Impfstoff-Entwicklungen auch bei der Zulassung einer Coronavirus-Impfung. Alle bisher in Europa zugelassenen Impfstoffe bieten einen guten Schutz und werden deshalb von der Ständigen Impfkommission empfohlen. Derzeit arbeiten zahlreiche Wissenschaftler:innen daran, die Impfstoffe stetig zu verbessern. Ein neuer mRNA-Impfstoff benötigt ca. 100 Tage bis er in die Zulassungsverfahren kann. Daher gehe ich nicht davon aus, dass vor März kommenden Jahres dezidiert neue Impfstoffe gegen Covid zur Verfügung stehen werden. Jedoch bieten bereits die aktuellen Impfstoffe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit gegen einen schweren Verlauf der Infektion. 

Es werden bereits Fachkräfte zurückgeholt. Dies hat jedoch seine Grenzen. Die Arbeit im Gesundheitsbereich ist eine harte, sowohl körperlich als auch psychisch. Nach vielen Jahren harter Arbeit können wir es von Menschen nicht verlangen, sofern sie keine Beamt:innen sind, aus ihrem wohlverdienten Ruhestand zurückzukehren.

Ihre Frage nach dem Einsatz von Medikamenten ist sehr komplex und kommt  auf den individuellen Krankheitsverlauf an. Wir können uns glücklich schätzen ein so belastbares und auch gut ausgestattetes Gesundheitswesen zu haben. Gleichwohl haben Sie mit einem Punkt recht, wir müssen auch mehr Ressourcen in die Erforschung der Wirkung von Medikamenten bei Frauen stecken. Die meisten Medikamente sind nach "Männer-Modellen" modelliert und getestet wurden. Hier haben wir in den letzten Jahren Fortschritte erzielt. Diese müssen wir noch weiter ausbauen. 

Ihre Frage, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung gebotener ist, vermag ich derzeit nicht zu beantworten. Die derzeitige Pandemie ist für uns alle eine Herausforderung, im besonderen Maße für die Mediziner:innen und  Pflegekräfte. Es gibt zahlreiche Leitfäden, Empfehlungen und Handlungsmaxime, welche ständig überarbeitet werden.  Fragen Sie dazu am besten in Ihrem lokalen Klinikum nach, wie die Behandlung nach dem derzeitigen Stand erfolgen sollte. 

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