Sollte, wer die Vorzüge des deutschen Passes genießt und außerhalb der EU lebt, nicht endlich auch gezwungen (!) werden in Deutschland Steuern zu zahlen?

Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihren Brief und Ihre Meinung zum staatsbürgerschaftlichen Steuersystem in den Vereinigten Staaten. Ich teile Ihr Interesse an diesem Thema und ganz besonders Ihre Betonung der Notwendigkeit einer gerechten Besteuerung.

In Bezug auf das weltweite Einkommen von US-Staatsbürgern unterliegt dieses in der Tat der US-Steuer, unabhängig davon, wo sie leben oder arbeiten. Dieses Konzept des "Weltbürgersteuersystems" mag für einige als gerecht erscheinen, da es sicherstellt, dass jeder US-Bürger zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beiträgt, unabhängig von seinem Aufenthaltsort.

In Deutschland und vielen anderen Staaten gilt jedoch ein anderes Besteuerungssystem, das auf dem Prinzip der Wohnsitzbesteuerung basiert. Das bedeutet, dass die Besteuerung von Einkommen von der Ansässigkeit abhängt, nicht von der Staatsbürgerschaft. Deutsche Staatsbürger, die im Ausland leben und arbeiten, werden entsprechend den geltenden Gesetzen des Wohnsitzstaates besteuert. Dieses System beruht auf dem Prinzip der territorialen Steuerhoheit und versucht eine mögliche Doppelbesteuerung - aber auch das Problem, dass sich einzelne der gerechten Besteuerung entziehen möchten - zu vermeiden. Dies geschieht durch eine Vielzahl bilateraler und auch multilateraler Abkommen.

Es ist wichtig zu beachten, dass verschiedene Länder unterschiedliche Besteuerungssysteme haben, die auf ihren jeweiligen rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen beruhen. Die Entscheidung, welches System angemessen ist, hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der Zielsetzungen des Steuersystems und der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben. Ein Wechsel zwischen den unterschiedlichen Besteuerungsregimen halte ich schon angesichts der damit verbundenen Aufwendungen - denken Sie allein an die vielen Abkommen, die geändert werden müssten - für unrealistisch.

In Bezug auf reiche "Influencer", Geschäftemacher und ähnliche Personen, die ihren steuerlichen Verpflichtungen in Steueroasen wie Dubai ausweichen, teile ich im Grundsatz Ihre Sorge über Steuervermeidung und -hinterziehung. Es ist von großer Bedeutung, dass jeder, der Vorteile aus der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft zieht, auch seine faire Steuerlast trägt.

Genau deshalb haben Deutschland und viele andren Staaten in der OECD bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Steuervermeidung zu bekämpfen, einschließlich der genannten internationaler Abkommen zur gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen. Hier sind einige Beispiele:

- Bekämpfung von Steuervermeidung: Deutschland hat Schritte unternommen, um aggressive Steuervermeidungspraktiken zu bekämpfen. Dazu gehören unter anderem die Einführung von Regelungen zur Verhinderung von Gewinnverlagerungen multinationaler Unternehmen (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) und die Stärkung der Transparenzanforderungen für Steueroasen und Offshore-Unternehmen. Teil des BEPS-Projekts der OECD ist auch die Implementierung einer internationalen Mindestbesteuerung, auf die sich die Staaten verständigt haben und die bis zum 1.1.2024 im deutschen Recht umgesetzt sein muss.

- Stärkung der Steuerfahndung: Deutschland hat seine Bemühungen zur Aufdeckung und Verfolgung von Steuerstraftaten verstärkt. Die Steuerfahndungsbehörden sind mit mehr Ressourcen ausgestattet worden, um Steuerhinterziehung effektiv zu bekämpfen und die Einhaltung der Steuervorschriften zu gewährleisten.

Diese Maßnahmen sind nicht abschließend, verdeutlichen aber m.E. Sehr gut, dass an der gerechten Beteiligung aller zur Finanzierung unseres Gemeinwesens gearbeitet wird. Wie andere Systeme auch, befindet sich das deutsche Steuersystem kontinuierlich in der Weiterentwicklung (mir ehrlich gesagt manchmal zu viel!), um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Als FDP setzen wir uns dafür ein, dass das Steuersystem gerecht, transparent und effizient ist.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Herbrand, MdB