Gibt es von europäischer Seite Initiativen Serbiens Präsident Vucic für sein Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung klar und scharf zu kritisieren? Ist das Thema in der S&D Fraktion ?
Sehr geehrte Frau Noichl,
Die EU hat leider die zivilgesellschaftlichen Bewegungen in Ungarn, als noch Zeit war, Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, die sich heute verfestigt haben, schmählich im Stich gelassen.
Deutliche Signale an Serbien als Beitritts-Kandidat könnten Wirkung auf die Regierung Vucic haben und würden der Zivilgesellschaft den Rücken stärken.
Eine EU, die die Zivilgesellschaft in Beitrittsländern im Stich lässt, wenn es darauf ankommt, lässt ihre eigenen Werte im Stich.
Ist die aktuelle Lage in Serbien Thema im Parlament, und wenn ja, welches Bild zeichnet sich ab? Sollte die Lage in Serbien bisher kein Thema oder kaum ein Thema sein: Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen? Wie ist Ihre Haltung dazu?
MfG, Karin V.
Sehr geehrte Frau V.,
Vielen Dank für Ihre Anfrage und entschuldigen Sie bitte die zeitliche Verzögerung meiner Antwort.
Die S&D-Fraktion setzt sich weiterhin aktiv für die Demonstrierenden ein und arbeitet daran, die Lage in Serbien zu verbessern. Das Europäische Parlament hat im Mai seinen Standpunkt zu den Kommissionsberichten über Serbien 2023 und 2024 angenommen und im Oktober – ein Jahr nach der Tragödie von Novi Sad – eine Entschließung verabschiedet, in der die anhaltende Polarisierung und staatliche Repression in Serbien verurteilt werden. Diese Entschließung geht auf eine gemeinsame Initiative von S&D, Renew und den Grünen zurück.
Die Entschließung, die die aktuelle Position des Europäischen Parlaments zur Lage in Serbien wiedergibt, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Das Parlament verurteilt die politische Polarisierung und staatliche Repression und fordert eine transparente Untersuchung der Tragödie von Novi Sad sowie eine EU-Untersuchungsmission zur Bewertung der politischen Situation. Die Abgeordneten bekräftigen das Recht der serbischen Bürgerinnen und Bürger sowie Studierenden auf friedlichen Protest und fordern die Regierung auf, Rechenschaftspflicht und demokratische Reformen sicherzustellen. Zudem äußern sie große Besorgnis über Hassreden, EU-feindliche und pro-russische Propaganda, unrechtmäßige Überwachung und Polizeigewalt und verurteilen die Verhaftungen von EU-Bürgern sowie verbale Angriffe auf Abgeordnete.
Darüber hinaus verlangt die Entschließung freie und faire Wahlen mit vollständiger Umsetzung der OSZE/ODIHR-Empfehlungen und bekräftigt Serbiens EU-Beitrittsperspektive, die von Fortschritten in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Angleichung an die EU-Außenpolitik abhängt. Abschließend begrüßen die Abgeordneten den offeneren Ton von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem jüngsten Besuch und fordern die EU-Spitzen auf, unbegründetes Lob für serbische Reformen zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Noichl, MdEP

