Portrait von Marcus Weinberg
Marcus Weinberg
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Marcus Weinberg zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Norbert R. •

Frage an Marcus Weinberg von Norbert R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Weinberg,

wie das europäische Statistikamt Eurostat ermittelt hat, dauert ein Arbeitsleben in Deutschland 39,1 Jahre, während es in Frankreich und Spanien nur 35 Jahre, in Griechenland 33 und in Italien gar nur 32 Jahre sind.

Damit aber nicht genug:
Auch gemessen am Pro-Kopf-Vermögen sind Menschen lt. Wikipedia in Frankreich und Italien aufgrund von Immobilien- und Aktienbesitz wohlhabender als in Deutschland.

Während in Deutschland lt. § 154 Abs. 3 SGB VI das Rentenniveau bis 2030 auf 43 % gesetzlich absinken soll, schlägt die ehemalige Parteivorsitzende der CDU den Aufbau eines europäischen Wiederaufbaufonds vor, der u. a. nicht zurückzahlbare Zuschüsse iHv 500 Mrd. EUR beinhaltet.

Wie können Sie als Volksvertreter, selbst nach 16 Jahren Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag hohe Pensionsanwartschaften besitzend, rechtfertigen, die arbeitende Bevölkerung hier mit hohen Steuern und Abgaben zu belasten und kleine Renten auszuzahlen, während die Politik der CDU die dekadenten Vermögensverhältnisse anderenorts im Namen Europas zementieren will?

Mit freundlichen Grüßen

N. R.

Portrait von Marcus Weinberg
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rother,

vielen Dank für Ihre Frage zum europäischen Wiederaufbaufond zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie mit dem Titel „Next Generation EU“.

Die Corona-Pandemie hat Europa unverschuldet in eine Krise gestürzt. Manche Länder wurden härter getroffen als andere. Mehr denn je ist es wichtig, dass Europa global handlungsfähig bleibt. Das gelingt vor allem dadurch, dass die gesamte europäische Wirtschaft gestärkt wird. Der Vorschlag der Kommission zum Wiederaufbaufonds setzt daher ein wichtiges Zeichen der Solidarität in Europa und zeigt unsere Handlungsfähigkeit. Es ist jedoch hervorzuheben, dass der Vorschlag der EU-Kommission nicht zu Lasten anderer Bereiche und Instrumente des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) gehen darf.

Europa befindet sich in einem noch nie dagewesenen Stresstest. Die Staaten, die am meisten von der Pandemie getroffen wurden, dürfen nicht im Stich gelassen werden. Die angemessene Antwort auf die Herausforderungen, vor die uns die Corona-Pandemie stellt, liegt in der europäischen Zusammenarbeit. Schäden müssen in einer EU-weit koordinierten Handlung behoben und Perspektiven für die Zukunft eröffnet werden. Deshalb ist es auch richtig, jetzt dieses wichtige Zeichen der Solidarität zu setzen. Aus diesem Grunde begrüße ich im Grundsatz den Vorschlag der Europäischen Kommission zu dem Aufbauinstrument „Next Generation EU“ innerhalb des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für die Jahre 2021 bis 2027.

Durch das Setzen neuer Prioritäten kann Europa gestärkt aus dieser Krise hervortreten. Damit könnte sich die EU auch in einer Zeit geopolitischer Verteilungsfragen und einem Kampf der Systeme nach außen behaupten.

Was allerdings nicht passieren darf – und dafür haben wir uns als CDU stark gemacht– ist, dass mit diesen zur Verfügung gestellten Mitteln Haushaltslöcher der einzelnen Mitgliedsstaaten gestopft werden. Bei der Mittelvergabe müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ausschlaggebend sein, nicht der Investitionsbedarf in den EU-Mitgliedstaaten. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist klar, dass Investitionen, die nicht im Zusammenhang mit der Krise stehen, nicht durch den EU-Aufbaufonds zu finanzieren sind. Es wird also nicht nur die Arbeitslosigkeit sondern auch der Rückgang der Wirtschaftsleistung berücksichtigt. Entsprechend der Grundsätze der Haushaltsdisziplin und Wirtschaftlichkeit (Artikel 310 Absatz 4 und 5 AEUV) sind Haushaltsmittel sparsam, wirtschaftlich und wirksam zu verwenden, um ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Mittelverwendung und Zielerreichung zu bewirken.

Die entscheidende Rolle bei der Vergabe der Mittel müssen ökonomische und fiskalpolitische Gegebenheiten in den EU-Mitgliedstaaten spielen. Einige Länder können auf diese Krise nur eingeschränkt reagieren, deshalb ist es richtig, diesen höhere Zuschüsse zur Verfügung zu stellen.
Zudem besteht ein Großteil der Hilfen aus der Möglichkeit für Mitgliedsstaaten Kredite aufzunehmen. Aus dem 1. Hilfspaket in Höhe von 540 Mrd., das zum 1. Juni 2020 in Kraft getreten ist, waren 240 Mrd. Euro als Kredite vorgesehen, von denen bisher keine beantragt wurden. Auch beim zweiten Paket besteht fast die Hälfte aus Kreditoptionen. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass diese in großem Stil genutzt werden, da sie zu einer Erhöhung der nationalen Schulden führen würde, die schon jetzt in einigen Ländern dramatisch hoch sind.

Es ist richtig, den Bedarf nicht an den Vermögen der Privathaushalte in den Ländern zu orientieren, da diese schwer vergleichbar sind. So ist das berechnete Durchschnittsvermögen von Privathaushalten etwa in Italien zwar höher als in vielen anderen EU-Staaten, wie etwa in den Niederlanden, aber in diesen Vergleich fließen beispielsweise nicht alle Vermögensansprüche der Haushalte ein wie etwa solche gegenüber der gesetzlichen Sozialversicherung. Damit aber sind für viele Haushalte die meisten der Lebensrisiken und Grundbedürfnisse, anders als etwa in Italien, abgedeckt. Das gilt ähnlich für den Mieterschutz, der bei uns fast eigentumsartig ausgestaltet ist, was aber in volkswirtschaftlichen Vergleichsrechnungen nicht berücksichtigt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg