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Lothar Binding
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Frage von Stefan R. •

Frage an Lothar Binding von Stefan R. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Binding,

herzlichen Dank fuer
Ihre ausfuehrliche Antwort bezueglich meiner Anfrage zum Existenzminimum von Kindern.

Ich sehe mich in meiner Ansicht bestaetigt, dass Kinder in dieser Gesellschaft weniger Wert sind. Wenn bei Erwachsenen der steuerliche Freibetrag 24% ueber dem saechlichen Existenzminimum liegt, bei Kindern aber 0% darueber, widerspricht das meiner Ansicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz der Verfassung. Kinder brauchen besonderen Schutz auch in Finanzieller Hinsicht und nicht weniger.

Der andere Punkt ist, dass sich scheinbar das saechliche Existenzminimum seit 2005 nicht veraendert hat. Der Regelsatz sogar verringert:
Laut dem von Ihnen zitierten Existenzminimumsbericht sehe ich folgendes:
Regelsatz 2005: 2688
Regelsatz 2008: 2676

Wie kann es sein, dass trotz Mehrwertsteuererhoehung, die Familien mehr belastet eine Verringerung des Regelsatzes zustande kommt? Und das obwohl es eine Mehrwertsteuererhoehung gab. Wie kann das sein?
Die Kosten fuer Unterkunft soll bei Erwachsenen gestiegen sein, bei Kindern gleich geblieben???

Hier wird Vertrauen in die Politik massiv zerstoert!

Mit freundlichen Gruessen,

Stefan Richter

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre dritte Frage zum Thema staatliche Geldleistungen im Zusammenhang mit Kindern und Familie. Ich bedanke mich sehr für die Unterstützung aus dem Bundesfinanzministerium bei der Beantwortung.

Wie Sie zuletzt dem Sechsten Existenzminimumbericht entnehmen können, bemisst sich die Höhe des von der Einkommensteuer frei zu stellenden Existenzminimums nach den Regelungen im Sozialrecht. Die Berechungsmethode zur Ermittlung des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums berücksichtigt daher auch die sozialhilferechtlichen Regelsätze von Erwachsenen und Kindern. Bei einem Vergleich der jeweils prognostischen Ergebnisse des Fünften mit denen des Sechsten Existenzminimumberichts müssen die unterschiedlichen Prognosezeiträume beachtet werden. So enthielt der Fünfte Existenzminimumbericht bspw. noch die Annahme einer Rentenerhöhung zum 1. Juli 2005, die jedoch ausblieb, d.h. der prognostizierte Betrag für den Regelsatz war im nach hinein gesehen) überhöht. Ähnliches gilt bei dem berücksichtigten Mietenniveau. Der Sechste Existenzminimumbericht wiederum ist keineswegs ein auf den Ergebnissen des Vorberichts aufbauender Bericht, sondern prognostiziert ausgehend von aktuellen statistischen Daten den zukünftig steuerfrei zu stellenden Betrag für Erwachsene und Kinder.

Auf die unterschiedlichen Wirkungen der Freibeträge für Kinder und dem Kindergeld hatte ich Sie bereits hingewiesen. Aufgrund der verteilungspolitischen Auswirkung ist es daher auch weder erforderlich noch wünschenswert, dass die Freibeträge für Kinder deutlich über dem verfassungsrechtlich notwendigen Mindestmaß festgelegt werden. Für zusammen veranlagte Ehepaare ergibt sich die Freibetragshöhe aus § 32a Abs. 5 Einkommensteuergesetz, d.h. der Grundfreibetrag kommt im Ergebnis für jeden Ehepartner in gleicher Höhe zum Tragen. Auch diese steuerliche Regelung erklärt sich aus der bestehenden Unterhaltsverpflichtung innerhalb der Ehe.

Förderung von Familien und dabei gezielt von Kindern, außerhalb des steuerlichen Familienleistungsausgleichs, erfolgt bspw. über sozialhilferechtliche Sonderbedarfe, Kinderzuschlag und BAföG. Wichtiger als Geldleistungen, ist es aber die im internationalen Vergleich noch rückständige Betreuungsinfrastruktur auszubauen, hierbei denke ich beispielsweise an die aktuelle OECD Studie zur Kinderarmut. Wenn es uns gelänge, durch eine verbesserte Vereinbarkeit von Familien und Beruf gleichzeitig die Bildungs-Chancengerechtigkeit für Kinder zu erhöhen, wären wir einen gewaltigen Schritt vorangekommen.

Grundsätzlich bildet die Sozialhilfe mit ihren Leistungen das unterste soziale Netz und sichert das soziokulturelle Existenzminimum. Die Leistungen im Sozialhilferecht richten sich dabei nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Hilfe zum Lebensunterhalt wird vor allem durch die Regelsätze bestimmt und umfasst auch - unter dem Vorbehalt der Angemessenheit - die jeweiligen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung. Darüber hinaus können Leistungen zur Deckung eines einmaligen oder individuellen sozialhilferechtlich anerkannten Sonderbedarfs erbracht werden: Hierzu zählen insbesondere Leistungen für Erstausstattung der Wohnung, Erstausstattung mit Bekleidung, Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt, mehrtägige Klassenfahrten sowie Mehrbedarfszuschläge für bestimmte Gruppen von Hilfesuchenden. Der im Existenzminimumbericht zugrunde gelegte sozialhilferechtliche Mindestbedarf umfasst - entsprechend den Vorgaben des BVerfG - die Komponenten Regelsatz, Kosten der Unterkunft und Heizkosten.

Mit dieser dritten Antwort auf Ihre Fragen in diesem Forum möchte ich den immer spezieller werdenden Dialog zu diesem Thema enden lassen. Sollten Sie weiteren Diskussionsbedarf haben, so würde ich mich freuen, wenn Sie zu einer meiner zahlreichen Veranstaltungen, die Sie bitte der Presse entnehmen, in Heidelberg und Umgebung kommen würden.

Ihnen, wie allen anderen Leserinnen und Lesern dieses Forums, wünsche ich geruhsame Weihnachten und ein gutes 2008.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding