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Lothar Binding
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Frage von Jochen E. •

Frage an Lothar Binding von Jochen E. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Binding,

zunächst einmal meinen Glückwunsch für Ihre Erfolge im Kampf gegen das Rauchen.
Nun sind Sie ja erwiesenermaßen eher Finanz- denn Gesundheitsexperte und Ihr politisches Wirken stellt sich ja in der –ich nenne es mal- politischen Schirmherrschaft der Forderungen des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle im DKFZdar.
Nun haben sich auf medizinischer Seite unter anderem Frau Dr. Pötschke-Langer (DKFZ, WAT e.V.), Herr Prof. Dr. Batra (WAT e.V. ) und Herr Prof. Dr. Klör (Lipid Liga, AIR e.V.) insbesondere im Kampf gegen das Rauchen einen Namen gemacht.

Eine Vielzahl der genannten Vereine und Institution, sowie deren Kongresse und Tagungen werden mitunter durch die Firma Pfizer unterstützt. Gleichzeitig bezieht sich die Firma Pfizer in den Verkaufsbroschüren des Medikaments Champix („Rauchentwöhnpille“)auf die genannten Mediziner bzw. wird das Medikament mehr oder minder deutlich von diesen Medizinern beworben. Frau Pötschke-Langer und das DKFZ haben im Bezug auf die Markteinführung vom Champix jüngst die Politik aufgefordert, dass Rauchentwöhn-Medikamente zukünftig von den Krankenkassen übernommen werden sollten, für das Pfizer selbst mit einem anfänglichen Jahresumsatz von rund einer Milliarde rechnet.
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2007/dkfz_pm_07_13.php

Daraus resultiert meine Frage an Sie:
Das Bundesumweltministerium hat bereits 1998 in einer Studie festgestellt, dass Ofenheizungen eine Schadstoffbelastung aufweist, die etwa 3-5 täglich aktiv gerauchten Zigaretten entspricht.
Diesbezüglich sind mir keine Stellungnahmen von Ihnen oder den besagten Medizinern bekannt. Dabei birgt die Thematik eine enorme Brisanz, da nicht nur Klein- und Kleinstkinder in höherem Maße als z.b. in Gaststätten davon betroffen sind. Was gedenken Sie zu tun, damit nicht der Eindruck entsteht –wie böse Zungen behaupten- die Gesundheitspolitik werde nur in den Feldern aktiv, in denen es auch Pillen der Pharmaindustrie gibt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Eckardt,

vielen Dank für Ihre Äußerung. Es freut mich, dass Sie meine Hauptaufgabe im Parlament erwähnen, die Finanzpolitik. Ein komplexes Gebiet, das nicht sehr oft auf tiefer liegendes Interesse stößt. Gleichwohl interessiere ich mich für alle Belange in unserer Gesellschaft. Besonders jedoch für solche Bereiche, die in meinem Wahlkreis von herausragender Bedeutung sind. Und ich bin froh über mein Gespräch im Frühjahr 2006 im DKFZ. Dieses Gespräch war der Auslöser für mich, erneut über das Problem Rauchen nachzudenken. Nun braucht es nicht die Expertise eines Gesundheitspolitikers, um zu verstehen, dass giftige Substanzen wie Blausäure, Acetonitril, Ammoniak oder kanzerogene Stoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N-Nitrosamine, Benzol, Arsen, Chrom oder das radioaktive Isotop Polonium 210 mit einer hohen Risikowahrscheinlichkeit Menschen krank macht.

Aber auch die einfache Beobachtung, wie schlimm Krebs und Herz-Kreislaufprobleme für die Betroffenen und die Familien sind, erfordert politisches Handeln. In Heidelberg lädt die Thoraxklinik seit einigen Jahren jede Woche Schulklassen ein, um die Folgen des Rauchens zu erläutern. Dabei gibt es zunächst eine Live- Übertragung einer Operation an den Bronchien eines Krebspatienten, anschließend spricht Prof. Dr. Drings oder seine Kolleginnen und Kollegen mit einem Krebspatienten, und die Schülerinnen und Schüler können sich mit dem Patienten austauschen.

Insofern haben Sie recht: ich stehe unter der politischen Schirmherrschaft vieler Experten, vieler Betroffenen und meiner eigenen Erkenntnisse. Politisch allerdings, sofern hier das Parlament eingeschlossen ist, stehe ich in diesem Politikfeld unter der Schirmherrschaft meiner Kolleginnen mit Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss. Nur mit der Unterstützung von Dr. Carola Reimann, mit Ulla Schmidt und Marion Caspers Merck, mit Dr. Margrit Spielmann und Sabine Bätzing, mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsministerium und dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, um nur einige zu nennen, war der bisherige Erfolg denkbar.

Zu Ihrer Bemerkung zum Sponsoring: Pfizer erscheint zwar unter vielen Sponsoren auf der Webseite www.dkfz.de, jedoch hat dies nichts mit der Stabsstelle Krebsprävention oder dem WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle zu tun, denn die Stabsstelle Krebsprävention oder das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle erhalten keine Spenden von der pharmazeutischen Industrie.

Sicher ist Ihnen entgangen, dass sich Frau Dr. Pötschke-Langer sehr kritisch und distanziert zur Markteinführung von Varenicline (Champix) geäußert hat. Das können Sie auf der Webseite www.tabakkontrolle.de nachlesen. Dort finden Sie unter medikamentöser Therapie: "Die neue Therapieoption muss ihren Stellenwert in der Versorgungspraxis noch unter Beweis stellen. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen sollte eine sorgfältige Nutzen-Risikoabschätzung erfolgen."

Ich begrüße es sehr, wenn das DKFZ die Kostenübernahme durch die Krankenkassen für evidenzbasierte Tabakentwöhnungstherapien empfiehlt – gemäß den nationalen und internationalen Leitlinien für evidenzbasierte Behandlungen, in Analogie zur Kostenübernahme bei der Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Diese Empfehlung ist wissenschaftlich begründet und wird von vielen unabhängigen Experten geteilt.

Zu Ihrer Bemerkung zu den Ofenheizungen: Ich unterscheide zwischen leicht vermeidbaren, überflüssigen und schwer vermeidbaren Belastungen. Dabei fallen Zigaretten und Ofenheizungen in zwei verschiedene Kategorien, das gilt zusätzlich noch hinsichtlich der Giftigkeit. Ihre Bemerkung, es gäbe dazu keine Stellungnahmen, ist mir nicht ganz klar, denn eines unserer wichtigsten Themen in der SPD, in der SPD-Bundestagsfraktion, in den Ortsvereinen, den Kreisverbänden etc. etc. ist eine ökologische Energieversorgung. Denken Sie nur an die großen Förderprogramme des Bundes oder an unsere Arbeitsrichtung Niedrigenergiehaus. Leider dauert die Umstellung einer Gesellschaft auf ökologische Energieversorgung länger und ist schwieriger, als sie zu bitten, in bestimmten Räumen andere Menschen vor den Gefahren des Passivrauches zu schützen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding