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Frage von Claudia M. •

Frage an Lothar Binding von Claudia M. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Binding,

Sie waren kürzlich in Ecuador, um sich über die Yasuni-Initiative zu informieren. Dazu einige Fragen:

1. Unabhängig vom Ausgang des Yasuni-Projektes hat Ecuador das Ziel formuliert, seine Ölfördermenge in den kommenden Jahren zu steigern. Öl, dass im ITT Gebiet von Yasuni in der Erde bleibt, führt somit zu verstärkter Förderung (und Waldrohdung) an anderer Stelle. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Effekte des Projektes für Klima-/Umweltschutz ein?

2. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass das Projekt international als Schutz eines Nationalparkes „beworben“ wird, tatsächlich aber nur ein kleiner Teil (ITT-Gebiet) des Parkes geschützt werden soll, während in weiten Teilen des Parkes massiv Öl gefördert wird?

3. Was halten Sie von Herrn Niebels Vorschlag, Yasuni in das „Reducing Emissions from Deforestation und Forest Degradation (REDD)“ Programm zu integrieren und gibt es aus Ihrer Sicht für den Einsatz von Steuergeldern zum Schutz des Regenwaldes andere, effektivere Instrumente als das von Ecuador vorgestellte Projekt?

4. Aus Ecuador kommen in den letzten Jahren gehäuft Nachrichten, die beunruhigen. Stichwort: Prozesse gegen oppositionelle Journalisten, Nähe zu Staatsführern wie Castro, Gaddafi oder Ahmadinedschad, Ausweisung der US-Botschafterin, Nichtig-Erklärung der ausländischen Staatsschulden etc.
Halten Sie die Regierung um Rafael Correa für einen zuverlässigen Vertragspartner?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Yasuni-Initative. Wenn man Diktion und inhaltliche Ausrichtung Ihrer Fragen betrachtet, könnte man meinen, dass Sie im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung arbeiten. So genau wiederholen Sie die Argumente gegen die Yasuni-Initative, die wir von Bundesminister Niebel hören. Gleichwohl bin ich Ihnen sehr dankbar für Ihre Fragen, weil sie mir die Möglichkeit geben zu erläutern, warum es gut ist seinen Blick für neue Lösungen zu öffnen.

Im folgenden möchte ich Ihre Fragen im Einzelnen beantworten:

Sie fragen: 1. Unabhängig vom Ausgang des Yasuni-Projektes hat Ecuador das Ziel
formuliert, seine Ölfördermenge in den kommenden Jahren zu steigern. Öl,
dass im ITT Gebiet von Yasuni in der Erde bleibt, führt somit zu
verstärkter Förderung (und Waldrohdung) an anderer Stelle. Wie schätzen
Sie vor diesem Hintergrund die Effekte des Projektes für
Klima-/Umweltschutz ein?

Nein. Ihr Argument ist grundsätzlich falsch, es gilt möglicherweise auf einen bestimmten Zeitabschnitt begrenzt. Es gilt aber umgekehrt, dass „Öl, dass im ITT Gebiet von Yasuni in der Erde bleibt,“ die Verbrennung, also Oxidation bzw. Reduktion fossiler Energieträger erspart. Damit bleibt – erdgeschichtlich betrachtet – in Jahrmillionen entstandener Sauerstoff erhalten, die Emission von Kohlendioxid (CO2) vermindert. Auch der tropische Regenwald wir dort wo auf Erdölförderung „verzichtet“ wird geschont. Aber ich bin Ihnen dankbar für den hinter Ihrer Frage stehenden Gedanken, solche Überlegungen – Öl in der Erde lassen – auf hinsichtlich anderer Ölfördergebiete anzustellen.

Sie fragen: 2. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass das Projekt international als
Schutz eines Nationalparkes „beworben“ wird, tatsächlich aber nur ein
kleiner Teil (ITT-Gebiet) des Parkes geschützt werden soll, während in
weiten Teilen des Parkes massiv Öl gefördert wird?

Je größer die Fläche ist, die geschützt wird, um so besser. Und umgekehrt. Hier könnte Minister Nibel also noch Handlungsoptionen nutzen, um die zu schützenden Gebiet zu vergrößern. Allerding gilt es dabei marktradikalen Überlegungen und Handlungen abzuschwören.

Sie fragen: 3. Was halten Sie von Herrn Niebels Vorschlag, Yasuni in das „Reducing
Emissions from Deforestation und Forest Degradation (REDD)“ Programm zu
integrieren und gibt es aus Ihrer Sicht für den Einsatz von Steuergeldern
zum Schutz des Regenwaldes andere, effektivere Instrumente als das von
Ecuador vorgestellte Projekt?

Grundsätzlich ist die REDD Plus Idee prima. Allerdings sind Steuergelter auf dem direkten Weg zum Schutz des Regenwaldes besser eingesetzt, als auf dem Umweg. Erst Öl zu fördern, den Wald zu zerstören, Lebensraum für viele Arten zu zerstören, CO2 in die Atmosphäre zu blasen um dann anschließend den Wald in minderer Qualität wieder aufzuforsten und das Artensterben zu beweinen, das Ozonloch zu beklagen und die schlechte Atemluft, ist falsch.

Deshalb ist die Idee, das Öl erst gar nicht zu fördern, bisher eine einmalige Idee. Und für eine der Flächen in der mit der höchsten Biodiversität in der Welt – lohnt es sich die neue Wege internationaler Zusammenarbeit zu gehen.

Sie fragen: 4. Aus Ecuador kommen in den letzten Jahren gehäuft Nachrichten, die
beunruhigen. Stichwort: Prozesse gegen oppositionelle Journalisten, Nähe
zu Staatsführern wie Castro, Gaddafi oder Ahmadinedschad, Ausweisung der
US-Botschafterin, Nichtig-Erklärung der ausländischen Staatsschulden etc.
Halten Sie die Regierung um Rafael Correa für einen zuverlässigen
Vertragspartner?

Wenn Sie die Presse in Ecuador anlässlich meiner Reise verfolgt haben, wissen Sie, dass ich exakt die von Ihnen genannten Punkte dort kritisiert habe. Es gab auch entsprechende Aufregung… obwohl ich diplomatisch angemessen agiert habe, aber seit die Minister Westerwelle (wir sprechen Deutsch, und spätrömische Dekadenz…) und Niebel (Militärkappe und deftige Wortwahl…) Deutschland international repräsentieren, gibt es doch stets Empfindlichkeiten im Ausland und unser Einfluss hat sehr stark gelitten – und in dieser Richtung wollte natürlich den Schaden nicht vergrößern.

Ihre Frage zuverlässiger Vertragspartner… möchte ich mit einer Gegenfrage bedenken: Halten Sie unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit – nehmen wir als Beispiel die Steuervereinfachung in Kombination mit der weiteren Ausnahme: Sondermehrwertsteuer für Hotelbetriebe, oder nehmen wir das endlos lauthals vorgetragene Versprechen – Steuersenkung – einfach, niedrig und gerecht – die FDP „für einen zuverlässigen Vertragspartner?

Sie sehen wie schnell sich Dinge relativieren.

Wie verlässlich die Regierung um Rafael Correa ist, weiß ich nicht – bezogen auf das Yasuni Projekt kenne ich aber das Engagement der Zivilgesellschaft und vieler Bürgerinnen und Bürger in Ecuador… darin liegt die Kraft, das Vorhaben zuverlässig zu halten.

Ich hoffe sehr, dass ich mit meinen Antworten Ihre Skepsis gegenüber der Yasuni-Initative abbauen konnte.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding

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Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Yasuni-Initative. Versehentlich wurde eine noch nicht abschließend redigierte Fassung meiner Antwort an die Redaktion von Abgeordnetenwatch versandt und veröffentlicht - sicherlich sind Ihnen kleine Rechtschreib- und Interpunktionsfehler aufgefallen, die sich "im Eifer des Gefechts" einschleichen. Leider sieht sich abgeordnetenwatch.de nicht in der Lage, die alte gegen eine neue, inhaltsgleiche, aber leicht korrigierte Version auszutauschen und hat sich lediglich bereit erklärt, die korrigierte Version zusätzlich zu veröffentlichen. Ich hätte Ihnen und anderen Leserinnen und Lesern meiner Antwort diese überflüssige Doppelung und den damit verbundenen Lesemehraufwand gerne erspart, aber Vorschrift ist immer noch Vorschrift...

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Wenn man sich die Diktion und die inhaltliche Ausrichtung Ihrer Fragen betrachtet, könnte man meinen, dass Sie im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung arbeiten. Sie wiederholen genau die Argumente gegen die Yasuni-Initative, die wir von Bundesminister Niebel hören. Gleichwohl bin ich Ihnen sehr dankbar für Ihre Fragen, weil sie mir die Möglichkeit geben zu erläutern, warum es gut ist, seinen Blick für neue Lösungen zu öffnen.

Im folgenden möchte ich Ihre Fragen im Einzelnen beantworten:

1. Unabhängig vom Ausgang des Yasuni-Projektes hat Ecuador das Ziel formuliert, seine Ölfördermenge in den kommenden Jahren zu steigern. Öl, das im ITT Gebiet von Yasuni in der Erde bleibt, führt somit zu verstärkter Förderung (und Waldrohdung) an anderer Stelle. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Effekte des Projektes für Klima-/Umweltschutz ein?

Nein. Ihr Argument ist grundsätzlich falsch, es gilt möglicherweise auf einen bestimmten Zeitabschnitt begrenzt. Es gilt aber umgekehrt, dass "Öl, das im ITT Gebiet von Yasuni in der Erde bleibt," die Verbrennung, also Oxidation bzw. Reduktion fossiler Energieträger erspart. Damit bleibt - erdgeschichtlich betrachtet - in Jahrmillionen entstandener Sauerstoff erhalten, die Emission von Kohlendioxid (CO2) wird vermindert. Auch der tropische Regenwald wird dort, wo auf Erdölförderung "verzichtet" wird, geschont. Aber ich bin Ihnen dankbar für den hinter Ihrer Frage stehenden Gedanken, solche Überlegungen - Öl in der Erde lassen - auch hinsichtlich anderer Ölfördergebiete anzustellen.

2. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass das Projekt international als Schutz eines Nationalparkes "beworben" wird, tatsächlich aber nur ein kleiner Teil (ITT-Gebiet) des Parkes geschützt werden soll, während in weiten Teilen des Parkes massiv Öl gefördert wird?

Je größer die Fläche ist, die geschützt wird, um so besser. Und umgekehrt. Hier könnte Minister Niebel also noch Handlungsoptionen nutzen, um die zu schützenden Gebiet zu vergrößern. Allerding gilt es, dabei marktradikalen Überlegungen und Handlungen abzuschwören.

3. Was halten Sie von Herrn Niebels Vorschlag, Yasuni in das "Reducing Emissions from Deforestation und Forest Degradation (REDD)" Programm zu
integrieren, und gibt es aus Ihrer Sicht für den Einsatz von Steuergeldern zum Schutz des Regenwaldes andere, effektivere Instrumente als das von Ecuador vorgestellte Projekt?

Grundsätzlich ist die REDD Plus eine prima Idee. Allerdings sind Steuergelder auf dem direkten Weg zum Schutz des Regenwaldes besser eingesetzt als auf dem Umweg. Erst Öl zu fördern, den Wald zu zerstören, Lebensraum für viele Arten zu zerstören, CO2 in die Atmosphäre zu blasen, um dann anschließend den Wald in minderer Qualität wieder aufzuforsten und das Artensterben zu beweinen, das Ozonloch und die schlechte Atemluft zu beklagen, ist falsch.

Deshalb ist die Idee, das Öl erst gar nicht zu fördern, bisher einmalig. Und für eine der Flächen mit der höchsten Biodiversität in der Welt lohnt es sich, neue Wege in der internationalen Zusammenarbeit zu gehen.

4. Aus Ecuador kommen in den letzten Jahren gehäuft Nachrichten, die beunruhigen. Stichwort: Prozesse gegen oppositionelle Journalisten, Nähe zu Staatsführern wie Castro, Gaddafi oder Ahmadinedschad, Ausweisung der US-Botschafterin, Nichtig-Erklärung der ausländischen Staatsschulden etc. Halten Sie die Regierung um Rafael Correa für einen zuverlässigen Vertragspartner?

Wenn Sie die Presse in Ecuador anlässlich meiner Reise verfolgt haben, wissen Sie, dass ich exakt die von Ihnen genannten Punkte dort kritisiert habe. Es gab auch entsprechende Aufregung. obwohl ich diplomatisch angemessen agiert habe, aber seit die Minister Westerwelle (wir sprechen Deutsch, und spätrömische Dekadenz.) und Niebel (Militärkappe und deftige Wortwahl.) Deutschland international repräsentieren, gibt es doch stets Empfindlichkeiten im Ausland, und unser Einfluss hat sehr stark gelitten - und in dieser Richtung wollte ich natürlich den Schaden nicht vergrößern.

Ihre Frage nach der Zuverlässigkeit als Vertragspartner. möchte ich mit einer Gegenfrage bedenken: Halten Sie unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit - nehmen wir als Beispiel die Steuervereinfachung in Kombination mit der weiteren Ausnahme: Sondermehrwertsteuer für Hotelbetriebe, oder nehmen wir das endlos lauthals vorgetragene Versprechen einer Steuersenkung "Einfach, niedrig und gerecht" - die FDP für einen "zuverlässigen Vertragspartner"?

Sie sehen, wie schnell sich Dinge relativieren.

Wie verlässlich die Regierung um Rafael Correa ist, weiß ich nicht - bezogen auf das Yasuni Projekt kenne ich aber das Engagement der Zivilgesellschaft und vieler Bürgerinnen und Bürger in Ecuador. darin liegt die Kraft, das Vorhaben zuverlässig zu halten.

Ich hoffe sehr, dass ich mit meinen Antworten Ihre Skepsis gegenüber der Yasuni-Initative abbauen konnte.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding