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Frage von Alexander S. •

Frage an Lothar Binding von Alexander S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Binding,

Ich habe gelesen, dass das Bildungspaket sehr wenig Anklang findet und ausserdem sehr viel bürokratische Kosten verursacht. Denken Sie nicht, dass eine Barzahlung mit anschliessendem Nachweis und Abrechnung einfacher wäre und besser angenommen würde?

MFG A.Schrenk

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Sehr geehrter Herr Schrenk,

vielen Dank für Ihre Frage. Der Einstieg in das Bildungspaket verläuft in der Tat schleppend; viele Kommunen, die für die Umsetzung der gesetzlichen Maßnahmen zuständig sind, berichten davon, dass bislang nur ein kleiner Bruchteil der Eltern der etwa 2,5 Mio. förderberechtigten Kinder einen Unterstützungsantrag eingereicht hat. Dafür kann es – neben dem anfänglichen inhaltlichen „Wackelkurs“ der Bundesregierung – mehrere Gründe geben: Die Antragsfrist läuft erst seit dem 25. März 2011, als Bundespräsident Wulff das Gesetz unterzeichnet hat – auch wenn der Rechtsanspruch auf Unterstützung aus dem Bildungspaket schon rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 besteht. Die beschlossene Verlängerung der Antragsfrist von Ende April bis Mitte des Jahres kann hier hoffentlich ebenso weiterhelfen wie ein Treffen zwischen Bund, Ländern und kommunalen Trägerorganisationen, bei dem über die erforderliche Verbesserung der Förderpraxis nachgedacht werden soll. Ein Schreiben, das Bundessozialministerin von der Leyen nach Presseberichten zusätzlich an alle förderberechtigten Haushalte versenden will, soll Kinder und ihre Eltern über ihren Rechtsanspruch und die verschiedenen Fördermaßnahmen informieren.

An dieser Stelle können Sie schon erkennen, warum ich das Prinzip „Förderung ja, aber nur mit Antrag“ – ich formuliere bewusst etwas überspitzt – generell skeptisch betrachte. Drei Aspekte möchte ich andeuten: „Förderberechtigte“ müssen wissen, dass sie förderberechtigt sind; bei Menschen, die nicht jeden Tag Zeitung lesen, Nachrichten hören oder sich im Internet informieren, sollte man nicht unbedingt davon ausgehen. Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich zudem, dass vielen Menschen „der Gang aufs Amt“ nicht leichtfällt; oft höre ich, dass man sich als „Bittsteller“ fühlt, dass die Sachbearbeitung unfreundlich ist, dass man der Solidargemeinschaft nicht auf der Tasche liegen möchte… Und wenn dann noch der bürokratische Aufwand der Antragstellung – Welche Förderstelle ist zuständig? Wie muss ich den Antrag ausfüllen? Welche Nachweise muss ich vorlegen?... – abschreckend hoch ist, kann ich nachvollziehen, wenn die Umsetzung des Bildungspakts schwer in Gang kommt. Sogar der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Hans-Joachim Fuchtel, hatte in der Fragestunde des Bundestags am 13. April einige Mühe, die sozialrechtlichen Durchführungswege und Fördertöpfe zu erläutern – kein Wunder… Ich füge seine Erklärungsversuche in der Anlage bei.

Meine Überlegungen zu einer sozial gerechten, effizienten und nicht- diskriminierenden Bildungsförderung mit niedrigeren „Zugangsschwellen“ weisen in eine andere Richtung. Die SPD-Fraktion arbeitet für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur und die Aufstockung und Weiterqualifikation des Personals. Dazu gehören etwa flächendeckende Kitas und Ganztagsschulen; gut ausgebildete Betreuerinnen, Sozialarbeiter, Lehrer; eine gute räumliche, technische, finanzielle Ausstattung; flexible, individuelle Bildungs-, Betreuungs- und Förderangebote… – Maßnahmen, die mit viel weniger Förderanträgen, Verwaltungsbescheiden, Informationsschreiben auskommen. Leider sind diese Konzepte unter den derzeitigen politischen Mehrheitsverhältnissen nicht umzusetzen.

Ich glaube nicht, dass Ihr Vorschlag „Barauszahlung mit anschließendem Nachweis und Abrechnung“ zu spürbar weniger Bürokratie führen würde. Die Fördereinrichtungen – Schulen, Kitas, Tagesschulen, Nachhilfeschulen… – müssten Nachweise ausstellen; die Förderberechtigten müssten die Nachweise sammeln und einreichen; die Verwaltung müsste die Nachweise prüfen, eventuell nach-fragen, erneut prüfen, Bescheide versenden. Und wenn die Unterstützung zu Unrecht gezahlt wurde oder die Förderberechtigung nach einiger Zeit entfällt, müsste das Geld wieder zurückgefordert oder mit anderen Leistungen „verrechnet“ werden. Dagegen könnte der Betroffene dann wiederum vor einem Sozialgericht klagen… – einfach ist anders.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Einblick in meine Überlegungen ermöglichen, und verbleibe

mit freundlichem Gruß, Lothar Binding