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Frage von Irene A. •

Frage an Lothar Binding von Irene A. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Binding,

seit vielen Jahren sagen Politiker und Rentenexperten, dass die Menschen immer älter werden, die Renten kleiner. Deshalb sollte jeder zusätzlich für sich eine private Altersversorgung schaffen, z. B. Riester-Rente oder Direktversicherung.
Ich habe dies gemacht und bei Beginn meiner Altersrente auch meine private Ruerup-Rente beantragt. Da war ich doch sehr überrascht und verärgert, dass ich von einem fiktiv errechneten monatlichen Betrag, 10 Jahre lang einen Krankenkassenbeitrag in voller Höhe (z. Zt. 14,9 %) zahlen muss.
Hätte ich also während meiner Arbeitszeit, mein ganzes Geld ausgegeben und nicht fürs Alter gespart, müsste ich nicht noch extra Krankengeld entrichten.
Was würden Sie tun, um diese Regelung vom Dez. 2003 wieder rückgängig zu machen, so dass sich Sparen fürs Alter auch wirklich lohnt?

Mit freundlichen Grüßen
Irene Arnold

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Antwort von
SPD

Sehr verehrte Frau Arnold,

vielen Dank für Ihre Frage. Ein Blick in die Geschichte der Krankenversicherung: Nach ihrer ursprünglichen Konzeption war die gesetzliche Krankenversicherung im Wesentlichen eine Versicherung der abhängig Beschäftigten, bei der sich die Beiträge allein am Arbeitsverdienst orientierten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer brachten die Beiträge jeweils zur Hälfte auf. Durch die Schaffung der Krankenversicherung der Rentner hat sich dieses in sich aus-gewogene System verändert. Dadurch sind Personen sehr unterschiedlicher beruflicher Herkunft in die Versicherungspflicht einbezogen worden.
Mit Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2004 ist seit dem 1. April 2004 auf alle Versorgungsbezüge wie Renten aus der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Direktversicherungen, Pensionen und Bezüge aus der Abgeordnetenversorgung der volle allgemeine Beitragssatz von derzeit 14,9 Prozent zu zahlen. Damit werden sämtliche Einkünfte aus Versorgungsbezügen mit dem heute einheitlichen Beitragssatz der Krankenkassen in die Beitragsbemessung einbezogen.

Im Verlauf der Jahre entstand die Situation, dass die Einnahmen durch die Beiträge der Rentnerinnen und Rentner ihre Gesundheitsausgaben nicht einmal zur Hälfte decken können. Der Solidartransfer an die ältere Generation ist den berufstätigen Versicherten bekannt, er wird auch weitestgehend akzeptiert. Aus diesem Grund ist Ihre Überlegung „Hätte ich also während meiner Arbeitszeit, mein ganzes Geld ausgegeben und nicht fürs Alter gespart, müsste ich nicht noch extra Krankengeld entrichten“, mit dem Gedanken der Generationengerechtigkeit nicht vereinbar.
Einziges Kriterium für die heutige Beitragsbemessung für die Rentnerinnen und Rentner ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des Einzelnen. Das bedeutet, dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird. Das ist somit auch bei den Rentnerinnen und Rentnern der Fall, die zusätzlich zu ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung weitere Einkünfte bzw. Rentenauszahlungen beziehen. Eine niedrige gesetzliche Rente bedeutet nicht automatisch eine entsprechend geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Ein besonderer Beitragssatz für Rentnerinnen und Rentner ist nicht praktikabel und auch nicht gerecht. Dieser würde Menschen mit zusätzlichen Einnahmen einseitig entlasten und die Solidargemeinschaft belasten. Bei gleichem Leistungsspektrum wäre eine Beitragssatzanhebung für alle die Konsequenz.
Mir ist sehr bewusst, dass die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegekasse eine finanzielle Belastung für einen langen Zeitraum darstellen. Ich habe großes Verständnis für Ihre Situation. Sie haben sich vor einiger Zeit für eine Zusatzaltersversicherung entschieden. Die Voraussetzungen bei Ihrer Entscheidung waren andere. Aus diesem Grund bedauere ich es sehr, Ihnen keine positive Antwort geben zu können.

Sie können sich sicher vorstellen, dass es unser sozialdemokratisches Ziel war, die finanziellen Möglichkeiten der Menschen zu verbessern. Wir waren durch die Rahmenbedingungen gezwungen, die erwähnten Entscheidungen mit zu treffen – zum Wohle und zur Zukunftsfähigkeit der Solidargemeinschaft und damit des gesamten Systems.

In der Hoffnung, Ihre Frage konstruktiv aufgegriffen zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Lothar Binding