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Linda Heitmann
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Frage von Tamara K. •

Frage an Linda Heitmann von Tamara K. bezüglich Gesundheit

Hallo Frau Heitmann,

angesichts des tragischen Todes der Schauspielerin Caroline Wosnitza möchte ich von Ihnen wissen, wie ihre Einstellung zur sogenannten ästhetischen Chirurgie ist.

Ich halt es für unverantwortlich, dass sich immer mehr Frauen durch den Terror der Medien dazu gedrängt sehen, sich dem medial verbreiteten Schönheitsideal zu unterwerfen und von abskuren, geldgierigen Ärzten sich an Nase, Ohren, Busen und auch im Intimbereich rumschnippeln zu lassen.

Wie sehen Sie das?
Werden Sie sich für ein Verbot dieser Geschäftemacherei einsetzten?

Mit freundlichen Grüßen,

Tamara Koslowski

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Frau Koslowski,

auch mich hat der Tod der jungen Frau schockiert. Wie bei Ihnen ist meine Haltung zur ästhetischen Chirurgie sehr kritisch und persönlich finde ich es schwer nachvollziehbar, dass Menschen das Risiko einer Operation auf sich nehmen, um vermeintlich „schöner“ zu werden.

Ein Verbot von ästhetischer Chirurgie insgesamt erscheint mir jedoch problematisch. Denn zum einen würde dies aus meiner Sicht nur bewirken, dass sich Menschen entweder in anderen Bundesländern oder im Ausland operieren lassen und dass vermutlich eine illegale Szene entsteht, die überhaupt nicht zu kontrollieren ist und in der sämtliche medizinischen Standards außer Kraft gesetzt werden, so dass Operationen noch gefährlicher sind als ohnehin schon. Es ist gut und richtig, dass gegen die operierenden Ärzte jetzt ermittelt wird und es den Versuch gibt, den Hergang der OP genau zu rekonstruieren. Ob das im Falle einer illegal durchgeführten Operation so möglich wäre, wage ich zu bezweifeln. Zum anderen ist es aber auch nicht einfach, vernünftige Grenzen dafür zu definieren, was als Schönheits-OP gilt und was nicht. So kann mittels der plastischen Chirurgie auch Unfallopfern und anderweitig entstellten Menschen geholfen werden. In einigen Fällen können auch Brustverkleinerungen und Veränderungen an der Nase medizinisch sinnvoll und deshalb weiterhin zulässig sein.

Wichtig ist aus meiner Sicht deshalb vor allem, dass eine gute Risiko-Aufklärung jener Menschen, die sich operieren lassen wollen, stattfindet, dass hohe medizinische Standards gelten und dass Ärzte auch mal „Nein“ sagen, wenn sie das Risiko als zu hoch einschätzen und keine wirkliche Notwendigkeit für eine Operation sehen. Im Falle der jungen Carolin war es meiner Kenntnis nach so, dass sie unter 50 Kilo wog, ihre Brüste jeweils 800 Gramm hätten wiegen sollen und außerdem der Verdacht bestand, dass sie illegale Substanzen zur Gewichtsreduktion nahm. In solch einem Fall muss man aus meiner Sicht gar nicht unbedingt Medizinerin sein, um zu erkennen, dass die OP mit großen Risiken verbunden war und lieber hätte verweigert werden sollen.
Daher könnte ich mir vorstellen, dass man von politischer Seite her einmal überprüft, welche Qualifikationen die praktizierenden Ärzte wirklich aufweisen, wie gut die Beratungsgespräche durchgeführt werden und in welchen Fällen von Operationen abgeraten wird. Hier entsprechende Standards durch Gesetze oder Verordnungen zu verbessern, erscheint mir als ein sinnvoller politischer Weg, den ich mir vorstellen könnte, nächste Legislatur anzugehen.

Vorrangiger Ansatz muss aus meiner Sicht jedoch sein, dass gerade junge Menschen lernen, ihren Körper anzunehmen wie er ist. Speziell die Zahl junger Mädchen mit Essstörungen steigt in den vergangenen Jahren leider konstant. Einige Hamburger Suchtberatungsstellen sowie das Landesinstitut für Lehrerfortbildung arbeiten daran, dass dieses Problem frühzeitig in den Schulen diskutiert wird. Wir haben vergangene Legislatur die finanziellen Mittel für die Beratung in diesem Bereich deutlich aufgestockt.

Doch so lange Zeitschriften, Serien und Sendungen wie „Germany´s next Topmodel“ bestimmte gesellschaftliche Schönheitsideale vorgaukeln, ist diese Arbeit leider extrem mühsam. Meine grüne Kollegin Clara Herrmann aus dem Berliner Abgeordnetenhaus hat kürzlich gefordert, dass bei der in Berlin stattfindenden Fashion Week ein bestimmtes Mindestgewichte für Models vorgeschrieben werden sollte, um magersüchtige Mädchen davon auszuschließen. Solche Schritte sind aus meiner Sicht richtig und wichtig und müssen politisch weiter vorangetrieben werden - auch wenn das rechtlich nicht immer ganz einfach ist.

Mit herzlichem Gruß

Linda Heitmann

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