Warum gibt es kein Recht auf Sterbehilfe?
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Castellucci,
jeder hat das Recht, andere um Sterbehilfe zu ersuchen, aber niemand ist verpflichtet, diese zu leisten.
In jener bestehenden Rechtslage sind Betroffene der Willkür privater Organisationen ausgeliefert, für sterbenswürdig genug befunden zu werden. Das geht nicht.
Ich nehme an, dass auch Sie es nicht für realisierbar halten, die Zahl der jährlich 10.000 Suizide deutschlandweit auf 0,0 zu reduzieren.
Und vor dem Hintergrund, dass wir überhaupt nicht wissen, ob das, was der Tod bringt, gut oder schlecht ist, wögen selbst 9.999 verhinderte Suizide nicht die garantiert schlechten Qualen eines einzigen erfolgten auf.
Warum also wird staatlicherseits nicht parallel zur Lebenshilfe auch Sterbehilfe angeboten, die ja durchaus an die Bedingung, zunächst erstere auszuschöpfen, knüpfbar wäre?
Mit freundlichen Grüßen
Florian W.

Lieber Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
Beim assistierten Suizid handelt es sich im Wortsinn um eine existenzielle Frage für die Menschen, die sich für diesen Weg entscheiden wollen. Solche Fragen sind für diese Menschen, ihr Umfeld und diejenigen, die sich zur Assistenz entschließen, in der Regel schwierig genug, es sollte nicht noch Rechtsunsicherheit hinzukommen. Der Gesetzgeber ist laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 dazu verpflichtet, eine gesetzliche Lösung herbeizuführen, die die Selbstbestimmung des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dies erfordert das Recht, auch über das Ende des eigenen Lebens zu entscheiden. Zugleich muss sichergestellt werden, dass diese Selbstbestimmung wirksam vor Missbrauch und Helfern, die wirtschaftliche Interessen vor den freien Willen der Menschen stellen, geschützt wird.
Mit meiner fraktionsübergreifenden Gruppe habe ich in den letzten Monaten intensiv an einem solchen Gesetzesentwurf gearbeitet. Zugleich muss bei einem solch wichtigen und weitgreifenden Gesetzesentwurf auch der nötigen Debatte in Parlament und Gesellschaft ausreichend Zeit eingeräumt werden. Durch die vorgezogenen Neuwahlen ist eine sachgemäße Behandlung dieses Themas in dieser Legislatur schlicht zeitlich nicht mehr möglich. Zugleich bin ich fest entschlossen, im neu gewählten Bundestag auch die parlamentarische Arbeit zu diesem Thema schnellstmöglich wieder aufzunehmen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dann in der neuen Legislatur zügig zu einer guten Neuregelung der Gesetzeslage kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Castellucci