Kerstin Tack
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Frage von Kristin F. •

Frage an Kerstin Tack von Kristin F. bezüglich Menschenrechte

Wieso haben sie sich gegen eine Aufnahme gerade auch von besonders schutzbedürftig Geflüchteten entschieden? Die Abstimmung am 04. März hätte die Situation die jetzt vorherrscht vielleicht entschärfen können. Es ist ihre Aufgabe als Mitglied der regierenden Partei Menschenrechte zu wahren. Nach über fünf Jahren ohne große Aktion, ist es jetzt auf jeden Fall an der Zeit zu handeln. Und dazu gehört es, mehr als 150 minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Es ist ein Anfang, aber auch Sie müssen einsehen, dass dies immer noch viel zu wenig ist. Jeder einzelner Mensch dort, hat das Recht auf eine Verwirklichung der Menschenrechte.
Wie würden Sie gerne behandelt werden, wenn Sie seit fast fünf Jahren in einem Zelt hausen würden, versuchen mit all den wahnsinnig schlimmen Erlebnissen Ihrer Vergangenheit klarzukommen und jetzt durch ein Feuer Ihnen alles was Sie noch als Ihren Besitz bezeichnen können genommen wurde?

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Floruß,

vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch, die ich gern beantworte. Ich verstehe und teile Ihre Bestürzung über die Zustände im Flüchtlingslager Moria: das überfüllte Lager, die Corona-Ausbrüche und nun der Brand. Die SPD-Fraktion im Bundestag setzt sich dafür ein, den Flüchtlingen von Lesbos Schutz zu gewähren. Die Zustände in Griechenland müssen sich zwingend verbessern. Wir lassen nicht nach, bis wir menschenwürdige Bedingungen erreicht haben, die mit europäischem Recht und unseren Werten vereinbar sind. Es ist gut, dass sich die Union auf unseren Druck hin endlich bewegt hat.

Deutschland nimmt insgesamt ca. 2750 Personen aus Griechenland auf und leistet einen wichtigen Beitrag zur spürbaren Entlastung der griechischen Inseln. 981 Personen mit den Zusagen seit März, 150 unbegleitete Minderjährige, plus 1553 Menschen, hauptsächlich Kinder und ihre Familien.

In der europäischen Koalition der Menschlichkeit beteiligen sich elf EU-Länder plus Norwegen und Serbien an der Aufnahme von Geflüchteten. In diesem Rahmen sind bislang 758 Geflüchtete aus Griechenland überstellt worden, 574 nach Deutschland, 184 in sechs weitere Länder. Weitere EU-Mitgliedsländer leisten über das EU-Katastrophenschutzverfahren Sachleistungen vor Ort. Auch Deutschland leistet hier umfangreiche Unterstützung.

Bereits in der Nacht zum 11. September 2020 haben wir einen ersten THW-Konvoi auf den Weg nach Griechenland geschickt, weitere sind gefolgt. Auch das DRK hilft bei den kurzfristigen Lieferungen von Sachmitteln. Zu unserer umfangreichen humanitären Hilfe vor Ort zählen etwa 1028 Zelte, 7000 Schlafsäcke, 1400 Feldbetten, 22 Sanitärcontainer, Decken und Schlafunterlagen.

Der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius möchte Flüchtlinge aufnehmen – und das wollte er auch schon vor dem Brand und dem Corona-Ausbruch vor Ort. Freiwillige kommunale Aufnahme sollte durch den Bund ermöglicht und aus europäischen Mitteln gefördert werden.

Wir arbeiten kontinuierlich weiter, das europäische Kontingent gemeinsam mit anderen Ländern aufzustocken. Auf diese europäische Lösung darf man nicht warten, man muss für sie arbeiten. Dazu braucht es aus unserer Sicht einen Sonderbeauftragten mit Verhandlungsvollmachten, um sich ausschließlich und mit der nötigen Autorität für gemeinsame Lösungen einzusetzen.

Sie fragen, warum ich gegen den Antrag der Opposition gestimmt habe. Es ist ein Irrglaube, dass die SPD-Bundestagsfraktion einfach nur dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen oder der Linken zustimmen müsste und schon kämen die Menschen nach Deutschland. Das Gegenteil wäre der Fall: Damit wäre keinem einzigen geflüchteten Menschen in Griechenland geholfen, Deutschland hätte stattdessen zusätzlich eine handfeste Regierungskrise.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf ein einheitliches Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag verständigt. Das ist Grundlage jeder Koalition. Diese Tatsache wird von den Fraktionen der Opposition gerne dazu benutzt, um Fraktionen in einer Regierungskoalition vorzuführen. Dabei ist von vornherein klar, dass diese keine Mehrheit erhalten werden. Es gibt derzeit keine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag. Wem das nicht gefällt, der muss mit seiner Wahlentscheidung bei der nächsten Bundestagswahl für andere Verhältnisse sorgen.

Herzliche Grüße
Kerstin Tack