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Kazim Abaci
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Frage von Isabel A. •

Frage an Kazim Abaci von Isabel A. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Abaci,

Seit zwei Jahren nun, werden im Rahmen des NSU-Prozesses die Tathergänge von rassistisch motivierten Morden des "Nationalsozialistischen Untergrunds" beleuchtet. In allen Fällen scheiterte die Aufklärung an der frühzeitigen Annahme der Ermittelnden Behörden, die taten seien "intern Motiviert" bzw. im Umfeld der Organisierten Kriminalität zu verorten. Auch die Hamburger Mordermittler hielten alle Jahre hartnäckig an der These der Organisierten Kriminalität fest, ermittelten im türkisch-kurdischen Milieu, im Bereich „Ausländerextremismus“, Rauschgiftdelikte und intensiv im unmittelbaren Umfeld des Opfers. Auch in dem im April 2014 vom Senat vorgelegten 87 Seitigen Bericht "Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) Ermittlungen, Aufarbeitung, Konsequenzen in Hamburg und in der Zusammenarbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder" gibt es keine Belege einer Ergebnisoffenen Ermittlung.

1) Welche Schritte haben Sie und Ihre Partei bislang unternommen, um die vielfältigen Ermittlungsungereimtheiten rund um die NSU-Morde aufzudecken insbesondere die Ermordung Süleyman Tasköprüs?

2) Welche politischen Konsequenzen ziehen Sie aus den Ermittlungserfahrungen der beteiligten Behörden und Institutionen in der Aufdeckung der NSU-Morde?

3) Wie werden Sie und Ihre Partei darauf hinwirken, zukünftige Ermittlungsungereimtheiten frühzeitig aufzudecken?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau A.,

eines vorweg: ich kann weder zu den Untersuchungsausschüssen in anderen Bundesländern noch zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundestages zu den NSU-Morden aus eigener Anschauung Auskunft geben. Ich bin lediglich Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und habe keine Kenntnisse über den Ermittlungsstand in anderen Bundesländern. Den Abschlussbericht des Bundestagsuntersuchungsausschusses habe ich gelesen, und das Abschlussergebnis ist ausgesprochen kritisch und stellt teilweise ein vernichtendes Zeugnis aus für die Arbeit von Polizei, Justiz und Verfassungsausschuss. Der Vorsitzende Edathy sprach von einem „historisch beispiellosen Behördenversagen“ des hochgerüsteten Sicherheitsapparates.

Der Ausschuss hat Empfehlungen für die Zukunft erarbeitet, z. B.:

Für die Polizei
-Rassistisch oder anderweitig politisch motivierte Gewaltkriminalität muss gründlich geprüft und nachvollziehbar dokumentiert werden. Tatmotiv per Opfer oder Zeugen muss verpflichtend aufgenommen und angemessen berücksichtigt werden.
- Ungeklärte Straftaten mit Verdacht auf Rechtsterrorismus, insbesondere zum NSU, sollten schnellstens vorangetrieben werden.
- Verbindlicher Informationsaustausch zwischen Polizei und Justiz
- „Interkulturelle Kompetenz“ Pflicht in der Polizeiausbildung
- Vielfalt der deutschen Gesellschaft sollte sich auch in der Polizei widerspiegeln.

Für die Justiz:
- „Für die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts sollte der Gesetzgeber beim Erfordernis des Staatsschutzbezugs [...] einen größeren Spielraum eröffnen.“
- Beweismaterial zu ungeklärten Verbrechen muss bis zum Ablauf der Verjährungsfrist aufgehoben werden.

Für den Verfassungsschutz:
- Informationen sollten „zentral zusammengeführt und auch tatsächlich gründlich ausgewertet werden“.
- „In den Verfassungsschutzbehörden wird ein umfassender Mentalitätswechsel und ein neues Selbstverständnis der Offenheit gebraucht – und keine ‚Schlapphut-Haltung‘ der Abschottung“,d.h. mehr Kenntnis,
- „Klare Vorgaben hinsichtlich der Auswahl und Eignung von Vertrauensleuten“ mit regelmässigem Wechsel.
- Bessere Kontrolle über den Verfassungsschutz durch parlamentarischen Kontrollgremien

Diesen Empfehlungen kann ich mich nur anschließen. Was Hamburg angeht: Sie schreiben, dass Sie die Drucksache 20/11661 der Hamburgischen Bürgerschaft gelesen haben. Die bisherigen Untersuchungen haben jedenfalls in Hamburg bisher nicht ergeben, dass nicht ergebnisoffen ermittelt wurde. Diese Frage wurde im Innenausschuss mehrfach intensiv diskutiert, und die Linke hatte ursprünglich einen Antrag angekündigt, den sie dann doch bis heute nicht gestellt hat.

Mit freundlichen Grüßen,

Kazim Abaci

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