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Katrin Kunert
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Frage von Martin S. •

Frage an Katrin Kunert von Martin S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Kunert!

Mit Sorgen verfolge ich seit Jahren die Entwicklungen zur Herstellung von sogenanntem Biosprit. Praktisch alle verfügbaren Informationen aus seriösen Quellen liefern überwiegend kritische Daten zu den Quellen dieser Energiequelle:
Monokulturen, Regenwaldvernichtung, enorme CO2-Emissionen durch Brandrodung und Trockenlegung von Sümpfen, Vertreibung indigener Völker, Vergewaltigungen ortsansässiger Frauen, Tötung und Ausrottung diverser Arten, Umweltbelastungen durch Pestizide, Verdrängung traditioneller Zuchtsorten durch Gentechnik, Erosion und dauerhafte Entwertung der Fruchtbarkeit der Böden.

Dabei scheint auch klar zu werden, dass einerseits der Netto-Umwelteffekt eher negativ bis neutral, außer bei Biogas aus sogenannten Nebenprodukten aber nie positiv ist, anderseits auch die Flächen auf diesem Planeten für die Biosprit-Produktion überhaupt nicht vorhanden sind. Schon gar nicht für wahnwitzige 10%-Spritbeimengung oder gar mehr.

Gleichzeitig kann ein sogenanntes Ökosiegel niemals vor Ort lückenlos kontrolliert werden, wie die Erfahrungen mit FSC-Quellen in Fernost zeigen.

Hiermit möchte ich Sie fragen:
Welche Haltung vertreten Sie zu diesem Thema als Abgeordnete im Parlament?

Meine Forderungen als Bürger, welchen Sie vertreten, lauten:

- Keine Zwangsbeimischung von Biosprit
- Keine Förderung der Verfeuerung von Palm- und Sojaöl in Blockheizkraftwerken über das EEG
- Keine Importe von Biosprit-Quellen wie Palm- und Sojaöl sowie Ethanol aus Zuckerrohr

Mit Erwartung Ihrer Antwort und
Freundlichen Grüßen,
Martin Stengel

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Stengel,

vielen Dank für Ihre Frage, welche Haltung ich zur Herstellung von so genanntem Biosprit habe.

Ich bin wie Sie der Meinung, dass die derzeitigen Regelungen zur Nutzung von Agrosprit kaum einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. DIE LINKE fordert deshalb eine Absage an die Zwangsquote zur anteiligen Beimischung von Agrokraftstoffen zu mineralischen Produkten und ein eindeutiges Importverbot für klimaschädliches Palm- und Sojaöl. Nach wie vor fehlen auch in Deutschland verbindliche Regeln, die einen umwelt- und klimaverträglichen Anbau von Agrosprit sicherstellen. Die Produktion sollte deshalb auf dem jetzigen Niveau eingefroren werden.

Die Zwangsquote macht weder wirtschaftlich noch klimapolitisch Sinn. Sie füllt lediglich die Steuerkasse von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Klimafreundlich ist nur reiner Agrosprit als Nischenlösung in regionalen Kreisläufen, beispielsweise bei Nutzung in der Landwirtschaft oder in Busflotten vor Ort. Das rechnet sich derzeit allerdings aufgrund der derzeitig hohen Besteuerung nicht, weshalb wir dezentrale Konzepte besser fördern wollen.

Der Einsatz von Agrokraftstoffen führt aber generell in eine Sackgasse, sofern eine Wende in der Verkehrspolitik ausbleibt. Statt auf den Ausbau klimaschädlicher Auto- und Schwerlastverkehre zu setzen, müssen ein nutzerfreundlicher öffentlicher Nahverkehr und eine attraktive Bahn in der Fläche geschaffen werden.

Überhöhte Agrosprit-Anteile gehen auch zu Lasten des Naturhaushaltes. Für die Erzeugung steht in Deutschland und Europa lediglich eine begrenzte Anbaufläche zur Verfügung. Nur ein Bruchteil der von der Bundesregierung und der EU angestrebten Agrosprit-Quoten könnte über die nutzbaren Flächen erfüllt werden. Die überhöhten Ziele überfordern die Ökosysteme und haben so keinen Nutzen für den Klimaschutz. Sie werden nur erreicht werden können, wenn auf Monokulturen und den massiven Import von Agrarkraftstoffen aus tropischen Ländern gesetzt wird. Dabei werden Umwelt- und Sozialstandards außer Acht gelassen. In den Ländern des Südens sind Regenwaldabholzung oder Vertreibung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern die Regel. Ein internationales Zertifizierungssystem für nachhaltig angebaute Energiepflanzen ist nicht kontrollierbar. Zudem sind die Auswirkungen des Agrokraftstoffbooms auf die Lebensmittelpreise besorgniserregend.

Aus Gründen der Klima- und Energieeffizienz sollte gezielt auf Biogas gesetzt werden. Je Hektar angebauter Biomasse ist bei Biogas die Energieausbeute dreimal höher als bei Agrosprit, weshalb das Gas eine deutlich bessere Klimabilanz aufweist. Dieses kann sowohl für die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme als auch in Fahrzeugen eingesetzt und ins Erdgasnetz eingespeist werden.

Mit freundlichem Gruß

Katrin Kunert