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Frage von Ingrid F. •

Frage an Katrin Altpeter von Ingrid F. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Altpeter,

die Antwort auf die Frage von Herrn Nierhaus vom 23.10.2013 zur Chancengleichheit steht leider noch aus. Deshalb möchte ich die Fragestellung erweitern. Auch im gehobenen Veranlagungsinnendienst der Finanzverwaltung, der in der Hauptsache durch Frauen besetzt ist, machen sich die Erziehungszeiten hinsichtlich der Beförderungen für die ältere Generation massiv negativ bemerkbar.
1.) Ein Erreichen der Endstufe A 12 (Eingangsstufe für Lehrer!) als Dipl. Finanzwirtin FH ist unmöglich. Obwohl lt. Staatssekretär Rust dies alle A 12er Dienststellen sind (Finanzjournal Ba-Wü 2-2013)!
2.) Durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 wurde der Höchstversorgungssatz auf 71,75 Prozent abgesenkt. Dies bedeutet für Pensionärinnen ein Versorgungssatz unter 50% bei Inanspruchnahme von Erziehungsleistungen und Teilzeit.
3.) Eine Pensionierung mit 63 Jahren bedeutet eine weitere Kürzung des jährlichen Ruhegehaltsatzes um 1,79375 Prozent und zusätzlich ein Versorgungsabschlag von 3,6 Prozent jährlich.
4.) Keine Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Alterssicherung der Mütter für Kinder, die bereits vor dem 1. Januar 1992 geboren worden sind.

Wie verträgt sich das mit Chancengleichheit? Wie kann man zu der Feststellung kommen: „Altersarmut bei Pensionären gibt es nicht?“ Warum stellt man dabei wieder nur auf den Berufsverlauf der Männer ab mit einem Versorgungshöchstsatz von 71,75 Prozent?

(Neuste Nachricht: Bayern als Vorreiter bei der systemkonformen Anrechnung von Kindererziehungszeiten)

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Flatow

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Flatow,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Chancengleichheit und Erziehungszeiten in der Verwaltung.

Die Löhne und Gehälter sind, trotz vieler Bemühungen und einiger Erfolge in den vergangenen Jahren, bei Männern und Frauen noch immer nicht gleich. Frauen verdienen für die gleiche oder vergleichbare Arbeit weniger. Die sog. „Gender Pay Gap“ beträgt in der bereinigten Form immer noch 7 Prozent. Der jährliche „Equal Pay Day“ macht bundesweit auf diesen Unterschied und die Gründe und Ursachen aufmerksam.

Entsprechend der Lohnlücke während der Erwerbstätigkeit sind auch die Renten und Pensionen nicht gleich oder vergleichbar. Durch verschiedene weitere Faktoren summiert sich im Alter die einstige Lohnlücke, die sog. „Gender Pay Gap“, immer weiter auf, so dass dann letztendlich eine „Gender Pension Gap“ entsteht, die nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren Frauen und Jugend in Deutschland bei 59,6 Prozent liegt. Frauen sind also häufiger und stärker von Altersarmut betroffen als Männer.

Beide, Lohnlücke und Rentenlücke, haben jeweils verschiedene und vielfältige Gründe. Daher wäre es auch zu einfach, nach einer monokausalen Lösung oder gar einem „Schuldigen“ an dem nicht hinnehmbaren Zustand zu suchen.

Das Gutachten zum Ersten Gleichstellungsbericht hat detailliert und mit sehr großer Fachkenntnis alle bekannten Gründe für beide Lücken zusammengetragen und Lösungsansätze entwickelt.

Lösungen beginnen schon bei der Berufsauswahl. Frauen wählen häufiger Berufe, etwa im Sozialbereich, die weniger gut bezahlt werden als Berufe in technischen Bereichen. Es geht weiter über die Bewertungen und Beurteilungen im Beruf und damit die Beförderungen und Aufstiegschancen bis hin zum temporäreren Ausstieg aus dem Berufsleben wegen Kindererziehung oder Pflege der Eltern. Bisher sind es zumeist die Frauen, die wegen Erziehung oder Pflege, der sog. Sorgearbeit, aus dem Beruf aussteigen oder den Arbeitsumfang reduzieren.

Hier wird es darum gehen, die Erziehungs- und Sorgearbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. Gleiches gilt für die Aufteilung der Erwerbsarbeit: zwei sogenannte vollzeitnahe Berufstätigkeiten können eher zur Vermeidung von Altersarmut beitragen als eine Vollzeittätigkeit und eine geringfügige Beschäftigung, die meist von Frauen ausgeübt wird.

Beim Entgelt schließlich wird es einer gesetzlichen Regelung bedürfen, um das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche oder vergleichbare Arbeit“ durchzusetzen. Hier arbeiten sowohl die Bundesministerien als auch die Verantwortlichen auf Länderebene an einer Lösung, einem „Lohngleichheitsgesetz“.

Lassen Sie mich noch auf Ihre konkreten Anmerkungen eingehen, zu denen ich eine Stellungnahme des für das Beamtenrecht zuständigen Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft eingeholt habe.

Zu 1.) Ein Erreichen der Endstufe A 12 als Finanzwirtin FH sei unmöglich:

Seit 2005 sind zwar alle Dienstposten des gehobenen Dienstes nach BesGr. A12 bewertet, allerdings sind bei weitem nicht alle Dienstposten des gehobenen Dienstes auch mit Haushaltsstellen der BesGr. A 12 hinterlegt.

Beförderungen erfolgen gem. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG strikt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Entscheidende Bedeutung für die Beförderung hat die dienstliche Beurteilung (§ 51 LBG). Die Beförderungen erfolgen nach abgestuften Kriterien, zuvorderst aktuelle Beurteilung und Einzelnoten aus der aktuellen Beurteilung. Seit Ende 2009 spielt für die Beförderungsauswahl das Dienstalter keine Rolle mehr, so dass sich diesbezüglich Beurlaubungs- bzw. Erziehungszeiten nicht negativ auswirken können. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG besser beurteilte Beamtinnen und Beamte vor weniger gut beurteilten Beamtinnen und Beamten befördert werden.

Zu 2.) Die Absenkung des Höchstversorgungssatzes durch das Versorgungsänderungsgesetz bedeute für Pensionärinnen einen Versorgungssatz von unter 50 % bei Inanspruchnahme von Erziehungsleistungen und Teilzeit:

Die Höhe des Ruhegehalts richtet sich nach der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen. Aus der ruhegehaltfähigen Dienstzeit wird ein Ruhegehaltssatz ermittelt. Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge (z.B. aus familiären Gründen) sind grundsätzlich nicht ruhegehaltfähig. Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung sind nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Der Zeitraum einer Teilzeitbeschäftigung wird somit lediglich im Umfang der Teilzeitquote (z.B. zu 50 Prozent) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt. Die sich daraus ergebende Konsequenz ist, dass die Höhe des Ruhegehalts bei einer Teilzeitbeschäftigung regelmäßig geringer ist, als bei einer Vollzeitbeschäftigung. Bei der Berechnung des Ruhegehalts werden die vollen Dienstbezüge (auch bei einer Teilzeitbeschäftigung) angesetzt, die dem Beamten oder der Beamtin zuletzt zugestanden haben.

Zu 3.) Eine Pensionierung mit 63 Jahren bedeute eine weitere Kürzung des jährlichen Ruhegehaltsatzes:

Auf Antrag ist eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres möglich. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass bei einer vorzeitigen Zurruhesetzung das Ruhegehalt um einen sog. Versorgungsabschlag zu kürzen ist. Der Versorgungsabschlag dient als finanzieller Ausgleich für den durch die vorzeitige Zurruhesetzung verlängerten Bezug der Versorgungsleistungen.

Zu 4.) Keine Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor dem 1.1.1992 geboren sind:

Die sog "Mütterrente", die durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt wurde, stellt eine soziale Unterstützung für diejenigen dar, die aufgrund von langen Kindererziehungszeiten eine niedrige Altersversorgung zu erwarten haben. Diese Gefahr besteht bei Beamtinnen und Beamten nicht. Dem Versorgungsrecht ist (aus Alimentationsgründen) im Gegensatz zum Rentenrecht seit jeher eine sog. Mindestversorgung immanent. Der Alimentationscharakter der Versorgungsbezüge begründet eine angemessene Versorgung, die den Beamten und deren Hinterbliebenen den (Mindest-)Lebensunterhalt sichert. Die Versorgungsbezüge dürfen deshalb einen bestimmten Betrag nicht unterschreiten. Bleibt die erdiente Versorgung der Beamtin oder des Beamten dahinter zurück, greift die Mindestversorgung ein.

Das amtsabhängige Mindestruhegehalt beträgt 35 Prozent der zustehenden ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Das amtsunabhängige Mindestruhegehalt tritt an die Stelle des amtsabhängigen Mindestruhegehalts, wenn dies günstiger ist. Es bemisst sich unabhängig von der tatsächlichen ruhegehaltfähigen Dienstzeit und den tatsächlichen ruhegehaltfähigen Dienstbezügen. Das amtsunabhängige Mindestruhegehalt beträgt 61,4 Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 5, Stand heute sind dies 1.595,31 Euro monatlich. Bei der Mindestversorgung gilt darüber hinaus hinsichtlich Kindererziehungszeiten eine weitere Besonderheit: Bleibt eine Beamtin oder ein Beamter allein wegen Freistellungszeiten von mehr als fünf Jahren mit ihrem oder seinem erdienten Ruhegehalt hinter der Mindestversorgung zurück, wird zwar grundsätzlich nur das erdiente Ruhegehalt (der Ruhegehaltssatz kann in einem solchen Fall dann u.U. weniger als 35 Prozent betragen) gezahlt. Die Beschränkung der Freistellungszeiten auf eine Höchstfrist von fünf Jahren gilt allerdings dann nicht, wenn die Freistellung wegen Kindererziehung erfolgt ist. Für jedes Kind wird dabei eine zusätzliche Dauer von drei Jahren angesetzt.

Ein solches Element ist der Gesetzlichen Rentenversicherung fremd.

Weiter haben Sie den vom Sozialministerium Baden-Württemberg im letzten Jahr herausgegebenen Kurzreport “Einkommenslage älterer Menschen in Baden-Württemberg“ angesprochen. Bei der von Ihnen zitierten unter der Rubrik „Wichtige Ergebnisse im Überblick“ schlagwortartig getroffenen Aussage, dass Armutsgefährdung unter Pensionären nicht vorkomme, sind, das lässt sich ohne den weiteren Text nicht erkennen, tatsächlich Pensionäre und Pensionärinnen gemeint. Insofern wurde nicht auf den Berufsverlauf von Männern abgestellt.

Die zusammenfassende Aussage, dass Armutsgefährdung unter Pensionären nicht vorkomme, bedeutet nicht etwa, dass Pensionäre oder Pensionärinnen allein aufgrund ihres Status als Pensionäre nicht von Armut betroffen sein können. Das kann im Einzelfall der Fall sein. Die Aussage, dass Armutsgefährdung unter Pensionären nicht vorkommt, gibt vielmehr einen statistischen Befund wieder, der im bereits erwähnten Kurzreport veröffentlicht wurde:

Dargestellt wird im Report die Armutsgefährdung. Als armutsgefährdet gilt, wer über ein Einkommen unterhalb von 60 % des mittleren Einkommens im Vergleichsraum (z.B. Deutschland oder Bundesland) verfügt, also die sogenannte Armutsgefährdungsschwelle unterschreitet. Herangezogen wurde das Jahr 2012. Die Armutsgefährdungsschwelle lag in Baden-Württemberg 2012 bei einem Einpersonenhaushalt bei einem Nettoeinkommen von 953 Euro im Monat. Wer darunter lag, galt als armutsgefährdet.

Im Jahr 2012 lag die Armutsgefährdungsquote der 65-Jährigen und Älteren im Land bei 17 %. Die Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung in Baden-Württemberg insgesamt lag dagegen rund 2 Prozentpunkte niedriger bei
15 %. Die Forscher haben dann versucht, zwischen Bezieherinnen und Beziehern von Renten und Pensionen zu differenzieren und die Armutsgefährdungsquote der Pensionäre und Pensionärinnen ab 65 Jahren abzubilden. Dabei kamen sie zum Ergebnis, dass die Ausprägung so gering ist, „dass darüber keine valide statistische Aussage getroffen werden kann.“ Dass also „Armutsgefährdung unter Pensionärinnen und Pensionären nicht auftritt“.

Es wird die Schlussfolgerung gezogen, dass „das Problem der Armutsgefährdung im Alter … damit in Baden-Württemberg eindeutig auf Bezieherinnen und Bezieher gesetzlicher Rente beschränkt (ist).“ (Seite 25 des Reports)

Dieses Gesamtbild ergibt sich daraus, dass Pensionäre und Pensionärinnen aufgrund der Regelungen der Beamtenversorgung eine höhere Versorgung im Alter erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Altpeter Mdl